Thema: Sachsenbad

Stadtrat: So lief die Debatte über den Verkauf des Sachsenbades

Der Stadtrat hat am Mittwoch den Verkauf des Sachsenbades an einen privaten Investor beschlossen. Darüber hinaus soll der Oberbürgermeister bis zum Jahresende ein Konzept für die Errichtung eines Sport-Schwimmbades in der Nähe, bevorzugt als nördlichen Anbau an das Sachsenbad, vorlegen. Zwei Stunden lang wurden in einer teils sehr emotionalen Debatte noch einmal Argumente ausgetauscht.

Seit Februar 2020 ist die Verkaufsvorlage mit dem harmlos klingenden Namen „Verkauf eines Grundstücks in Dresden-Pieschen“ fertig, im Oktober 2020 begannen die Beratungen in den verschiedenen Gremien des Stadtrates. Spätestens jetzt war klar, dass das Sachsenbad verkauft werden soll. Eine Sanierung in öffentlicher Hand hat die Rathausspitze nicht für möglich gehalten. An dieser Frage spalteten sich auch am Mittwoch in der Debatte die Geister.

„Wir haben eine Lösung für die finanzpolitischen Probleme gefunden“, eröffnete Kati Bischoffberger (Grüne) die Diskussion und stellte den Ersetzungsantrag ihrer Fraktion vor. Er sieht die Sanierung des Sachsenbades als eine Mischung aus Büros, Gastronomie, Spa und Saunalandschaft vor. Die Stesad GmbH als Bauherr solle ein Gesellschafterdarlehen der Stadt erhalten. „Zuschüsse im weiteren Betrieb sind nicht erforderlich“, betonte sie. Um den Verkauf zu verhindern, hatten sich die Grünen zu diesem Kompromiss durchgerungen und auf die Forderung nach der Sanierung als Gesundheitsbad verzichtet. Dafür sollte nun der Neubau einer Schwimmhalle erfolgen.

Anzeige



Den Änderungsantrag der CDU stellte Veit Böhm, wie Bischoffberger aus dem Stadtbezirk Pieschen, vor. Die CDU sei für den Verkauf und will konkrete Pläne für einen Schwimmhallen-Neubau. „Es gibt keine Gründe, warum die Stadt bei der Sanierung des Sachsenbades ins Risiko gehen sollte“, sagte er. Auch für einen künftigen Betrieb habe die Stesad keine vertiefte Bedarfsanalyse vorgelegt.

Für die Linke-Fraktion erläuterte Fraktionschef André Schollbach den Ersetzungsantrag seiner Fraktion. „Wir wollen den Verkauf verhindern und das Sachsenbad als Gesundheitsbad sanieren. Ist es verkauft, haben wir keinen Einfluss mehr auf den weiteren Fortgang“, sagte er. Er warf der Stadtverwaltung vor, dass sie sich nicht ernsthaft um die Akquirierung von Fördergeldern gekümmert habe. Auch er plädierte, wie die Grünen, für ein Darlehen aus dem städtischen Haushalt, um die Zahlung von Negativzinsen zu minimieren.

Mit einem eigenen Antrag hatte sich Johannes Lichdi von den Grünen zu Wort gemeldet. Er wollte damit klarstellen, dass er zwar den Verkauf verhindern möchte, aber keinen Neubau am Standort Wurzener Straße befürworte. „Die Stadt hat sich nie um den Standort Harkortstraße bemüht“, kritisierte er. Wenn man den Eigentümer, die Bahn AG, mit konkreten Plänen konfrontiert hätte, hätte es auch Bewegung in dieser Frage gegeben, zeigte er sich überzeugt. Zudem sei der Standort auch im Sportkonzept der Stadt genannt. „Wir brauchen keine kleine Schwimmhalle, sondern ein Kombibad mit Freibad und Schwimmhalle“, so Lichdi. Damit waren alle Anträge vorgestellt.

Als nächste Rednerin nutzte Dorothea Becker von der Bürgerinitiative „Endlich Wasser ins Sachsenbad“ noch einmal die Chance, an die Stadträte zu appellieren, das Sachsenbad nicht zu verkaufen. „Das Sachsenbad ohne Wasser stellt sicher nur eine Minimalvariante dar, künftige Generationen können immer noch anders entscheiden. Dafür muss es aber in städtischer Hand bleiben“, betonte sie. Das Sachsenbad in dieser Sanierungsvariante plus ein Schwimmbad-Neubau sei ein guter Kompromiss. Anja Osiander (Grüne) versuchte, die Befürworter des Verkaufs mit einem finanzpolitischen Exkurs zu überzeugen. „An den haushalterischen Fakten kommen sie nicht vorbei“, meinte sie in Richtung CDU, FPD, Freie Wähler und AfD. Bei einem marktüblichen Zinssatz von derzeit 0,7 Prozent für das städtischen Darlehen an die Stesad würde die Mieteinnahmen bereits im ersten Jahr die Finanzierungskosten übersteigen, rechnete sie vor. Werde das Sachsenbad verkauft, „schädigen wir das Anlagevermögen der Stadt“, warnte sie.

Für die AfD erläuterte Alexander Wiedemann die Position seiner Fraktion. Es gebe einen Konsens, stellte er fest. Alle würden inzwischen für eine Sanierung des Sachsenbades als Bürogebäude mit Gastronomie, Spa und Sauna sein. Diese Umnutzung sei besser als der weitere Verfall des Gebäudes. Die AfD halte den Verkauf für sinnvoll. Auch der Stadtsportbund vertrete diese Position, sagte er. Sein Fraktionskollege Harald Gilke kritisierte vor allem das Versprechen auf Fördergelder. „Das ist unseriös.“ 27 Jahre habe man dies nicht geschafft. Wer jetzt in Pieschen ein Bad wolle, müsse das Sachsenbad abgeben, so Gilke.

„Der Antrag der Grünen birgt Chancen. Denken Sie noch mal nach“, forderte Pieschens SPD-Stadtrat Stefan Engel von den Verkaufsbefürwortern. Die Harkortstraße sei derzeit überhaupt keine realistische Option. Davon habe er sich inzwischen auch verabschiedet, erinnerte er an einen vor fünf Jahren vorgestellten Plan der SPD. Es sei bemerkenswert, dass die Bürgerinitiative trotz ihres langen Kampfes für Wasser im Sachsenbad jetzt eine Kompromissvariante ohne Wasser unterbreitet habe.

„Wir unterstützen die Empfehlung des Bauausschusses zum Verkauf des Sachsenbades“, erklärte Christoph Blödner für die FDP. Die Stadt, so seine Überzeugung, wäre nie der bessere Unternehmer. Es gebe auch keinen Wirtschaftsplan für einen Betrieb des Sachsenbades als städtisches Eigentum. Auch die Freien Wähler lehnten die Idee, das Bad in städtischer Regie zu sanieren ab. “ Wenn zu viel Geld da ist, investieren wir lieber in die Pflichtaufgaben wie Schulen, Kitas, Straßen, Fußwege und Radwege“, sagte Torsten Nitzsche und fügte hinzu. „Aber nicht ins Sachsenbad.“ Die Idee, eine Schwimmhalle in der Nähe zu errichten, werde dagegen unterstützt.

Martin Schulte-Wissermann (Piraten), einer der beiden fraktionslosen Stadträte, verwies noch einmal auf den breiten Bürgerwillen, der in den Petitionen und dem Antrag zum Bürgerforum zum Ausdruck gekommen sei. Mehrere tausend Unterschriften aus der ganzen Stadt, nicht nur aus Pieschen, hätten die Bürgerinitiative unterstützt. „Wie kann man diesem Bürgerwillen nur so ins Gesicht schlagen“, fragte er. Auch der Beschluss des Stadtbezirksbeirates Pieschen werde ignoriert.

Zu einen kurzen Schlagabtausch kam es noch, nachdem Veit Böhm (CDU) angezweifelt hatte, dass das Bürgerforum zum Sachsenbad wirklich den Willen der normalen Pieschener widerspiegele. Bei künftigen Bürgerforen sollte man die Teilnehmer besser auswählen, um ein breiteres Meinungsspektrum zu repräsentieren. „Die CDU hätte ja ihre Leute mobilisieren können. Offensichtlich hat die CDU in den eigenen Reihen niemanden gefunden, der für einen Sachsenbad-Verkauf wirbt“, stichelte Pia Barkow (Linke) und betonte, dass die Teilnahme an dem Bürgerforum keineswegs gesteuert war.

Über die Entscheidung des Stadtrates zum Verkauf hatten wir hier bereits unmittelbar nach der Stadtratssitzung berichtet. Auch der Verlauf der Abstimmung über die Anträge zum Verkauf des Sachsenbades wurde ausführlich dargestellt.

Auf dem Foto obere Reihe v.l.n.r.: Martin Schulte-Wissermann (Piraten), Torsten Nietzsche (Freie Wähler), Christoph Blödner (FDP), Stefan Engel (SPD), Pia Barkow (Linke), Veit Böhm (CDU).
untere Reihe v.l.n.r.: Anja Osiander (Grüne), Dorothea Becker (BI Sachsenbad), Detlef Sittel (leitet als Erster Bürgermeister die Sitzung), Johannes Lichdi (Grüne), André Schollbach (Linke), Kati Bischoffberger (Grüne). Alle Fotos: W. Schenk

3 Meinungen zu “Stadtrat: So lief die Debatte über den Verkauf des Sachsenbades

  1. Dieter Schmitz sagt:

    Vom (un)heimlichen Vorsitzenden des Ortsverbandes einer der genannten Parteien gab es die Aufforderung an die Mitglieder zur Beteiligung an der Debatte und auch zum Besuch des Bürgerforums. Dies wurde durch das Nicken einzelner bestätigt. Ernst genommen hat es keiner. Was daran gelegen haben könnte dass die Mitglieder deren Meinung gleich mitgeliefert bekamen. Geklatscht hat keiner, was mir wieder Hoffnung machte.

    Immerhin, die Mitgliederbeiträge werden zeitig abgebucht. Mehr Beteiligung muss da nicht sein.

  2. Elfriede Schubert sagt:

    1996 wurden für die Sanierung des Sachsenbades Fördermittel bereit gestellt. Davon hatte man keinen Gebrauch gemacht. So verfiel das Denkmal geschützte Objekt immer mehr.Ein Dankeschön all denjenigen , die sich jahrelang für eine Wiederbelebung des Bades eingesetzt haben.Leider ist es so das für Kultur und Denkmal geschützte Objekte wenig Interesse gezeigt wird.das weiß ich aus eigener Erfahrung.
    Das war eine Glanzleistung Herr Hilbert das Bad zu verkaufen. Ich glaube kaum das es für sie noch eine zweite Amtszeit geben wird.

  3. […] Erklärung. Ein Ausdruck der unterschiedlichen Ansichten war auch das Vorgehen bei der Abstimmung zum Sachsenbad am vergangenen Mittwoch. Hier hatte Lichdi mit einem eigenen Antrag zwar den Verkauf des Sachsenbades verhindern wollen, […]