Geh8 will Bleibe für Bienen bauen: 236 Gestaltungsideen für neues Insektenhotel

Die Fläche der Geh8 hat viel zu bieten, und das nicht nur innerhalb der vier Wände des Atelier- und Kunstraums. Auch draußen gibt es einiges zu entdecken. Der seit etwa einem Jahr bestehende Sommergarten lädt zum gemütlichen Verweilen ein, überall blüht und grünt es. Dazu kommt nun ein weiteres Projekt. An der Fassade der Rückseite wird in diesem Herbst ein Insektenhotel entstehen. Wobei Rückseite fast schon irreführend ist. Seit der Fertigstellung des Fuß- und Radweges zwischen dem Schulcampus und dem Grünzug Gehesstraße, in dem sich auch das Vereinsgebäude befindet, hat sich der ehemalige Hinterhof stark gewandelt.

Wird bald ersetzt: Das bisherige Insektenhotel an der Geh8. Fertig gekaufte Insektenhotels ziehen häufig Insekten an, die sich gegenseitig auf dem Speiseplan haben. Quelle: pidelta.de

Die Zerstörung natürlicher Lebensräume in urbanen Gebieten

Wer bei einem Insektenhotel an fliegengroße Federbetten oder eine kleine Karawane rollkofferbestückte Hummeln denkt, liegt zwar etwas, aber nicht völlig daneben. Ein Insektenhotel ist nichts anderes als eine Nisthilfe für die kleinen Krabbel- und Flugtierchen. Da besonders Wildbienen in urbanen Räumen häufig kein Zuhause mehr finden, leidet darunter die Biodiversität und die gesamte Leistungsfähigkeit eines Ökosystems, erzählt Michael Merkel, der Programmkoordinator der Geh8.

Anzeige

Andre Schollbach


Ein Wildbienen-Insektenhotel soll hier Abhilfe schaffen. Die Idee dazu kam Michael Merkel im Kontext des größeren Ziels, das Leben in und um die Geh8 nachhaltiger zu gestalten. So läuft hier seit 2020 alles Elektrische mit Ökostrom, eine essbare Hecke aus Beerensträuchern aller Art wurde angelegt, welche seit letztem Sommer das Außenareal umsäumt, und künftig soll dazu noch ein Dach begrünt werden. Um aber nicht nur der lokalen Flora, sondern auch der Fauna etwas unter die Arme zu greifen, startete Michael Merkel dieses Frühjahr eine Ausschreibung für die Gestaltung des geplanten Bienenunterschlupfs.

Auf der Fläche unterhalb des Vogelhäuschens wird das Insektenhotel angebracht. Quelle: pidelta.de

Zeitgenössische Kunst und Nachhaltigkeit

Für die Zukunft werde es immer wichtiger, Naturschutz nicht nur mit rationaler Argumentationsgrundlage auszuagieren, sondern dabei auch die emotionale Ebene der Menschen anzusprechen, sagt Michael Merkel. Dies könne durch Kunst und Gestaltung geschehen. Unter dem Titel „Real Insect Estate“ wurden daher für eine Fassadenfläche von 5 mal 3 Metern Entwürfe gesucht, die sowohl Ästhetik als auch Artenschutz unter einen Hut bringen.

Damit die Verschmelzung beider Komponenten auch fachlich, baulich und inhaltlich Umsetzung findet, holte sich Michael Merkel drei Fachkundige als Jury mit ins Boot: Mandy Fritzsche, Sachverständige für Wildbienen, Sylvia Siebert vom Nabu Dresden-Meißen sowie Henning Haupt, Professor für Gestaltungslehre an der TU Dresden.

So wird das Insektenhotel aussehen: Der preisgekürte Entwurf von Mareike de Boer.

Einsendungen aus ganz Europa

Das Tage in Anspruch nehmende Verschicken der Ausschreibung an gestalterische Hochschulen, Künstlerverbände und Institutionen aus dem Nachhaltigkeitsbereich lohnte sich. Insgesamt gingen nicht nur wie geplant etwa 30, sondern ganze 236 Bewerbungen bei Michael Merkel ein – unter anderem sogar aus Mexiko und den Niederlanden. Daraus wählte die Jury schließlich drei Preisträgerinnen aus. Der erste Platz wurde Mareike de Boer aus Düsseldorf für ihren Entwurf „Unterschlupf²“ verliehen. Ihre 15 Quadratmeter große Holzkonstruktion soll hier einen Rückzugsort für Mensch und Biene vereinen. Auch drei besondere Erwähnungen wurden von der Jury gekürt – Michael Merkel
erklärt, dass diese zur Würdigung nicht umsetzbarer, aber dennoch besonders kreativer Entwürfe ausgesprochen werden. Darunter fand sich auch ein Entwurf aus Dresden.

Ein Bienenunterschlupf in Form eines mit der Zeit kompostierenden Holzstapels: Eine besondere Erwähnung ging an Flora Kießling und Luise Lott aus Dresden für „Ein Stapel Wald“.

Um der riesigen Anzahl eingegangener Entwürfe Raum zu geben und den Fortschritt des Projekts zu dokumentieren, arbeitet Michael Merkel derzeit auch an einem Katalog, der noch in diesem Jahr erscheinen soll. Er ist zufrieden. Insgesamt erforderte das Projekt viel mehr Arbeit als ursprünglich geplant, dafür zog aber auch die Grundidee unerwartet große Kreise. So machten fünf der kontaktierten Kunsthochschulen das Wildbienen-Insektenhotel zu einem eigenen Lehrprojekt, an drei davon hielt Michael Merkel sogar bereits einen entsprechenden Gastvortrag.

Und das trifft den eigentlichen Kern des Projekts. Ein einzelnes Wildbienenhotel kann das Artensterben zwar alleine nicht aufhalten, kann aber als Anhaltspunkt für die thematische Auseinandersetzung sowie Vorbild für ähnliche Projekte dienen. So kann die Vereinigung von Nachhaltigkeit und Kunst hoffentlich auch zukünftig nicht nur nach Pieschen, sondern noch an viele weitere Orte getragen werden.

Zum Thema:

Künftiger Standort des Insektenhotels: Sommergarten des Geh8 Kunstraum und Ateliers, Gehestraße 8

Weitere Infos zu Projekt und Preisträgern

Die Kommentarfunktion wird 7 Tage nach Erscheinen des Beitrages geschlossen.

Das könnte Sie auch interessieren …

Bundestagswahl: Wahlhelferdashboard ab sofort online

Für die Bundestagswahl am Sonntag, 23. Februar 2025, gibt es über 6.700 Anmeldungen von ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützern. >>>

Pieschner Kinotipps ab 16. Januar

Mit freundlicher Unterstützung des Dresdner Kinokalenders präsentieren wir die Kinotipps der Woche für den Stadtbezirk Pieschen. >>>

„Babička im Rausch“: Pieschen bekommt Restaurant mit böhmischer Küche

Ende Januar gibt es wieder original Pilsener Tankbier an der Ecke Bürgerstraße und Oschatzer Straße. „Am 21. Januar werden die drei >>>

Ausstellung „Abstrakte Landschaften“ im Rathaus Pieschen

Am 21. Januar 2025 lädt die Malgruppe der Kontakt- und Begegnungsstätte „Auftrieb“ des Deutschen Roten Kreuzes gemeinsam mit dem Stadtbezirksamt >>>

Liebe für Graphik und DeepTalk – Ines Schneider Tattoo

Von außen unscheinbar, man kann nicht gleich rein schauen – von Innen gemütlich und der hochkreative Vibe spürbar: dann ist man bei „Ines >>>