Die Urteile von Frank und Henrik aus Mickten sind eindeutig. „Ich wurde hier noch nie enttäuscht. Darum habe ich auch schon Freunde mitgenommen. Es geht schnell und ist gut bekömmlich“, meint Frank und es klingt fast etwas altmodisch. Henrik ist froh, dass es in seiner Nähe nun mit dem vietnamesischen Street Food eine Alternative zu den vielen Döner-Angeboten gibt. „Das Essen ist frisch zubereitet. Die Leute sind schnell und freundlich“, sagt er.
Hinter dem Tresen verpacken die Brüder Nam und Duong Do das Essen für Henrik und freuen sich über so viel Lob. „Wir fühlen uns hier sehr wohl“, bestätigen die beiden, die am 4. April in der Leipziger Straße 162 mit ihrem „Do Street Food Vietnam“ an den Start gegangen sind. „Yeah! Noch mehr Vielfalt in Pieschen. Ich freu mich drauf“, begrüßte Änne Stange, die im Februar das Café Gemüsetorte eröffnet hatte, das Gründerduo auf Facebook. „Änne kenne ich gut, wir haben uns in der Gründungsphase viel miteinander ausgetauscht“, sagt Nam Do. Wenn die Belegschaft mal Kuchen möchte, hole er ihn dort.
Auch die jungen Leute, die mit ihrem Startup in der Bürgerstraße die Nucao-Snackriegel produzieren, gehören zu seinem Freundeskreis. Die Riegel stehen gut sichtbar auf dem Tresen und passen zum Credo der Brüder Do. „Die sind zwar ziemlich teuer im Einkauf, aber hier geht es um die Botschaft“, sagt Nam Do und fügt hinzu. „Wir kaufen unsere Produkte regional und verwenden Bioverpackung“. Auch bei den Getränken waren sie wählerisch. Sie haben sich für Fritz-Cola und CheriTea entschieden. Die Projekte der Gründer würden ihnen gefallen. So investiere CheriTea aus Hamburg einen festen Betrag pro Getränk in Sozialprojekte in den Ländern, aus denen sie ihre Produkte beziehen. Auch in der Umgebung würde man viel Euphorie spüren. Inzwischen seien viele junge Familien hierher gezogen.
Das Street Food Restaurant ist ein Familienbetrieb. Neben den Brüdern arbeitet noch ein Cousin mit, der Onkel hat die ersten zwei Monate geholfen. „Wir kochen die Gerichte so, wie man sie auch in Vietnam isst“, betont Nam Do. Darum habe man auch den Namen Street Food gewählt. Gäste, die schon mal in Vietnam waren, hätten sich begeistert von den Gerichten gezeigt.
Die Brüder Nam und Duong sind in Dresden geboren und in der Johannstadt und in Gruna aufgewachsen. Dort haben die Eltern einen Textilhandel. Sie gehören zur Vertragsarbeitergeneration und lebten zu DDR-Zeiten in Freital. Nam und Duong haben diese Zeiten nicht mehr kennengelernt. Nam ist 26. Und obwohl Duong nur ein gutes Jahr jünger ist, nennt Nam ihn „meinen kleinen Bruder“. Er ist als gelernter Restaurantfachmann der Experte, hat schon in Würzburg und Kaiserslautern und zuletzt in einem Fünf-Sterne-Hotel in Ahlbeck auf Usedom gearbeitet und Erfahrungen gesammelt. Der Cousin hat in Dresden eine Ausbildung als Koch absolviert. Er kann sächsische Hausmannskost, die vietnamesische Küche muss er jetzt lernen, frotzelt Nam Do. Er selbst hat nach dem Abitur eine Ausbildung als Steuerfachangestellter absolviert. „Der Job in der Steuerkanzlei hat viel Spaß gemacht. Dort habe ich vorwiegend Gastronomiebetriebe beraten“, erzählt er. Damit war die Arbeitsteilung vorprogrammiert.
Der Standort in der Leipziger Straße ist kein Zufall. Nam Do hat hier sieben Jahre im Hinterhaus gewohnt, seine Tante betreibt nebenan ein Textilgeschäft. Das Haus gehört Familie Trache, die auf der anderen Seite den Blumenladen besitzen. Als im Sommer 2016 der tschechische Bäcker sein Geschäft aufgegeben hat, wurde aus den vielen Flachsereien der Brüder über ein eigenes Geschäft plötzlich Ernst. „Wir haben eine Küche eingebaut, Wände versetzt, den Fußboden neu gefliest und ganz bewusst auf das rot-gelbe Asia-Design verzichtet“, erzählt Nam Do. Außerdem hätten viele Freunde mit angepackt.
Die Geburtswehen sind vorbei, der Unmut mancher Gäste Geschichte. An den ersten Tagen wäre es ganz schön hektisch zugegangen, sogar die Vorräte seien knapp geworden. Inzwischen ist die Mannschaft eingespielt. Aber wir werden beim Personal aufstocken müssen, meint Nam Do. Jeden Tag stünden sie zwischen 8.30 Uhr und 21 Uhr im Geschäft, geöffnet sei von 11 bis 20 Uhr. Allein die hausgemachten Frühlingsrollen seien sehr arbeitsintensiv. Da würden schon mal 300 Stück pro Woche über den Tresen gehen. Dann sei einer der drei Köche den ganzen Tag beschäftigt. Für die gegrillten Gerichte, zum Beispiel das Bun Cha, stünde eine Holzkohlegrill im Hof. „Meine Freundin sieht mich kaum noch, das kann so nicht lange weitergehen“, meint Nam Do. Dennoch vermisse er die geregelte Arbeit im Steuerbüro nicht. „Nein, in einem eigenen Geschäft macht es noch mehr Spaß.“
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