Anne Herpertz will als Direktkandidatin der Piraten-Partei in den Bundestag einziehen. Sie tritt im Wahlkreis Dresden II – Bautzen II an, zu dem auch die sechs Stadtteile des Stadtbezirkes Pieschen gehören. Auf der Landesliste ihrer Partei wurde sie auf Platz 1 gewählt. Vier Themen stehen für sie im Vordergrund: Ein bedingungsloses Grundeinkommen, mehr Teilhabe am digitalen Leben, den Klimawandel eindämmen und eine menschenwürdige Asylpolitik.
Die Online-Journale Neustadt Geflüster und Pieschen Aktuell haben acht Bewerber und Bewerberinnen um das Direktmandat zum Interview eingeladen und von allen auch Antworten erhalten. Heute erscheint Teil 8 (Die Interviews erscheinen in der Reihenfolge der Bewerber auf dem Stimmzettel).
Ein Teil Ihrer Wähler wohnt im Stadtbezirk Pieschen. Wenn Sie einem Ihrer künftigen Bundestagskollegen den Stadtteil kurz beschreiben sollten, was würden Sie besonders hervorheben?
Pieschen ist ein eher ruhiger Stadtteil mit einer wunderbaren Nähe zur Elbe. In direkter Nachbarschaft zur Neustadt wirkt Pieschen verträumt, wobei auch hier viele Kultur- und Sozialprojekte aktiv sind und Pieschen dadurch ebenso vielfältig ist. Die verschiedenen Lebensentwürfe, die hier nebeneinander bestehen, spiegeln sich auch im Stadtbild wider und machen das Viertel so lebenswert.
Eines der wohl wichtigsten Themen unserer Zeit ist der Klimawandel, die Dresdner Neustadt ist einer der heißesten Stadtteile Dresdens. Pieschen war in der jüngeren Vergangenheit von zwei schweren Hochwassern betroffen. Worin besteht aus Ihrer Sicht der effektivste Weg, den Klimawandel aufzuhalten? Sehen Sie im Programm Ihrer Partei beim Klimaschutz noch Reserven?
Um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, brauchen wir ein konsequentes und zügiges Umdenken und Handeln in allen Bereichen – sei es in Bezug auf die Energiewende, im Bausektor, bei der Verkehrswende oder auf dem Weg zu einer ökologischen, nachhaltigen Landwirtschaft. So ist die Subventionspolitik in den Bereichen Energie, Verkehr und Landwirtschaft teuer und dysfunktional. Dadurch entsteht der Eindruck, dass weitere Schritte in Richtung Nachhaltigkeit nur Geld kosten.
Mit einer sinnhaften Politik sind nachhaltige Lösungen allerdings mehr als wettbewerbsfähig, von den immensen zukünftigen Kosten einer unaufgehaltenen Klimakatastrophe ganz zu schweigen. Klimaneutrale Lösungen und klimafreundliches Handeln zu fördern ist Voraussetzung für unser Überleben als Menschheit.
- geboren 1998
- liebt ihre Katze
- 2017 Eintritt in die Piraten-Partei
- Masterstudentin Politikwissenschaften
- Vorsitzende Piraten Neustadt, zweite Vorsitzende Piraten Dresden
- mehr über Anne Herpertz auf der Piraten-Homepage
Auch muss der Bund die Kommunen dabei unterstützen, die Transformation zu einer klimaneutralen Stadt herbeiführen zu können. Ich setze mich deshalb für den Neubau von Verkehrsinfrastruktur mit niedriger CO2-Bilanz ein. Fuß-, Rad-, Bus- und Straßenbahnverkehr sind massiv zu fördern. Zu einer attraktiven und sozialen Verkehrswende gehört für uns PIRATEN auch das umlagefinanzierte Modell des fahrscheinlosen Nahverkehrs.
Weg von der autozentrierten Sicht, hin zu einer Stadt in der der Mensch im Mittelpunkt steht, heißt für uns den Stadtraum neu zu gestalten. Die »Stadt der kurzen Wege« ermöglicht es, fast alle täglichen Besorgungen zu Fuß, per Rad oder Bus und Bahn zu erledigen. Wenn der Straßenraum dann nicht mehr zu 90% zubetoniert ist, bleibt Platz für Grünflächen, Büsche und Bäume, die das Stadtklima nachhaltig verbessern und einen Beitrag leisten, den Klimawandel wirkungsvoll einzuschränken.
Ich bin persönlich über das Wahlprogramm der Piraten-Partei sehr glücklich, denn u.a. mit dem fahrscheinlosen ÖPNV, dem Kohleausstieg bis 2024 und 100% Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2030 haben wir klare Ziele, welche immense Mengen CO2 vermeiden. Dabei denken wir in unseren Konzepten auch soziale, digitale sowie wirtschaftliche Aspekte mit.
Falls Sie in den Bundestag einziehen, was können Sie ganz konkret für die Bewohner oder Gewerbetreibenden hier vor Ort tun?
Das, was wir jetzt schon in Dresden praktizieren, beibehalten: Offen sein für die Anliegen der Menschen, um gemeinsam Möglichkeiten auszuloten und an den Stellschrauben zu arbeiten, damit die Belange vor Ort auch an den entscheidenden Stellen Gehör finden. Ich möchte ein Anlaufpunkt für die verschiedenen Probleme, Wünsche und Ideen der Einwohnerinnen und Einwohner sein und gleichzeitig transparent über politische Prozesse informieren, die wirkliche Teilhabe erst ermöglichen. Politik „von unten“ ist für mich unentbehrlich in einer Demokratie.
Desweiteren werde ich mich auch für die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens stark machen. Das ermöglicht uns neben vielen anderen Effekten vor allem eine Abschaffung des menschenunwürdigen ALG II/Hartz IV und damit ein würdigeres Dasein für alle. Außerdem setze ich mich dafür ein, dass Kommunen die entsprechende Unterstützung vom Bund erhalten, um das Wohnen auch in Dresden für alle Einkommen bezahlbar zu machen und den Mietenwahnsinn zu stoppen. Der Anstieg der Angebotsmieten, der massive Verlust von Sozialwohnungen sowie die Konzentration und Spekulation auf dem Wohnungsmarkt sind nicht hinnehmbar – dem muss vor allem auch die Kommune entgegenwirken und die dafür nötigen Mittel erhalten.
Warum sollte man Sie und Ihre Partei wählen?
Unsere sozialen und digitalen Konzepte sind weitreichender als die der im Bundestag vertretenen Parteien. Wir setzen uns für eine zukunftsfähige Politik ein und denken weiter als bis zur nächsten Wahl. Korruption, Intransparenz und Überwachung sind Gift für die Demokratie – wir sind für einen gläsernen Staat statt gläsernen Menschen. Es ist für uns unabdingbar, Prozesse, Entscheidungen und Einflussnahmen transparent zu machen, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen und freien Zugang zu Wissen zu schaffen, um echte Teilhabe und ein würdevolles Leben für Jeden zu ermöglichen.
Und jetzt noch eine Detailfrage: Wie hätten Sie die Sanierung des Sachsenbades organisiert?
Das denkmalgeschützte Sachsenbad ist sowohl aus historischer Sicht als auch gesellschaftlich von großer Bedeutung für die Menschen in Pieschen und Dresden. Der Verkauf dieses kommunalen Schatzes hätte so nie beschossen werden dürfen – vor allem gegen den ausdrücklichen Willen des Bürgerforums. Seit jeher kämpfen wir PIRATEN in Dresden für die Sanierung des Sachsenbades als Gesundheitsbad (und geben nicht auf!). Wenn es private Investoren nicht machen, dann muss im Haushalt der Stadt dafür Platz gefunden werden.
Vielen Dank für das Gespräch.
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