Die öffentliche Anhörung zur Petition „Gründerzeithaus auf der Wilder-Mann-Straße 44 sanieren und nicht abreißen!“ hat heute zu keiner Entscheidung geführt. Statt dessen plädierten die Ausschussmitglieder mit knapper Mehrheit für eine Vertagung. Vor der nächsten Beratung soll das Anliegen der Petition zunächst im Stadtbezirksbeirat Pieschen diskutiert werden. Die Wilder-Mann-Straße liegt im Stadtteil Trachau, der zum Stadtbezirk Pieschen gehört.
Die Anhörung im Clara-Schumann-Saal des Kulturrathauses begann mit einem Statement von Thomas Löser (Grüne), der die e-Petition eingereicht hatte. „Eigentum verpflichtet, in jeder Hinsicht“, sagte Löser, der auch Landtagsabgeordneter und Stadtrat ist. Man könne das Haus auch ohne Denkmalschutzmittel sanieren. „Verkaufen sie das Haus einfach. Es gibt Unternehmer, die es sanieren wollen“, fügte er hinzu. Das öffentliche Interesse am Schicksal des Hauses sei groß. Das würden auch die fast 2.000 Unterzeichner der Petition belegen.
Für die Eigentümer sprach Thomas Röber, Geschäftsführer der Projektgesellschaft WM44 GmbH mit Sitz in Reutlingen. Das Unternehmen hatte das Haus in einer öffentlichen Ausschreibung 2017 erworben. „Wir wollen hier für unseren Neubau werben“, sagte er. Mehrere Gutachten hatten ergeben, dass eine Sanierung nicht mehr sinnvoll sei. So seien sowohl das gesamte Dach als auch die Decke in der ersten Etage vom Schwamm befallen.
Das 1905 erbaute Haus sei, solange es steht, nie saniert worden. Planer Burkhard Borchert stellte dann Einzelheiten des Neubauprojektes vor. Man habe die Bebauung im Umfeld von 200 bis 300 Meter genau studiert. Entstanden sei ein Entwurf, der versucht, das Bild der Straße und des Kreuzungsbereiches Wilder-Mann-Straße / Burgsdorffsstraße aufzugreifen und zu erhalten. Sämtliche Planungen seien mit den städtischen Behörden abgestimmt. Dabei sei man auch Kompromisse eingegangen, betonte Borchert. Während er sprach, verteilte Röber an die Ausschussmitglieder einen Ausdruck mit der Visualisierung des Bauvorhabens.
Andrea Steinhof vom Dresdner Stadtplanungsamt, ebenfalls zur Anhörung geladen, nahm zu den rechtlichen Fragen Stellung. „Der Abbruch ist untersagt. Die Eigentümer können dagegen Rechtsmittel einlegen. Der Bauantrag liegt vor und wird derzeit geprüft“, so ihre Auskunft. Sie verwies zudem auf den am 29. April verabschiedeten Entwurf einer Erhaltungssatzung für das Wohngebiet Wilder-Mann-Straße in Trachau.
Die Denkmalschützer von Stadt und Freistaat verwiesen in ihren Statements noch einmal darauf, dass der Denkmalschutzstatus des Hauses dreifach geprüft wurde – 1991, 2017 und 2018. Die Denkmaleigenschaft müsse von einem breiten Kreis von Sachverständigen anerkannt werden, sagte der Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege. Und die Entscheidung sollte auch vor den Richtern des Oberlandesgerichtes bestehen. Das Fazit im Fall Wilder-Mann-Straße 44 lautet: „Ja, es ist ein Grenzfall. Wir haben drei mal dagegen entschieden.“
Auf Antrag von Kati Bischoffberger (Grüne) kam der Anwalt der Mieter in der Anhörung zu Wort. Er kritisierte, dass die Eigentümer die Kommunikation mit den Mietern verweigerten. Zudem hätten sie in den vergangenen Jahren keinen der bekannten Mängel im Haus behoben. Er widersprach der Äußerung von Röber, dass es ein Abfindungsangebot an die Mieter gegeben habe. „Wir haben Zahlungen angeboten“, bekräftigte Röber dagegen seine Aussage. Sowohl Bischoffberger als auch Anja Osiander (Grüne) verwiesen mit ihren Fragen in der Anhörung auf den öffentlichen Protest gegen den Abbruch des Hauses und wollten wissen, ob dies die Eigentümer zum Einlenken bewege. „Haben Sie selbst den Willen, ein solches Haus zu erhalten“, fragte Osiander.
In einer kurzen Debatte nach der Anhörung machten einige Ausschussmitglieder ihren Unmut über den Verlauf der Anhörung deutlich. „Das war abenteuerlich“, fand Steffen Kaden (CDU). In welcher Rolle sei Thomas Löser hier aufgetreten – als Petent, Landtagsabgeordneter oder Stadtrat, fragte er. Robert Malorny (FDP) forderte mehr Sachlichkeit bei der Debatte über Bauvorhaben von privaten Investoren. Für Christian Pinkert (AfD) war dagegen klar, dass der Petition „nicht abgeholfen werden kann“. Susanne Dagen (Freie Wähler) warnte davor, hier einen Präzedenzfall für die Einmischung des Stadtrates in private Bauvorhaben zu schaffen.
Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke), die die Sitzung des Petitionsausschusses leitete, betonte, dass der Petition mit der Verabschiedung des Entwurfes einer Erhaltungssatzung bereits teilweise abgeholfen wurde. Nun warte man auf die Diskussion im Stadtbezirksbeirat Pieschen, die wiederum öffentlich ist. Heute zumindest fanden sich keine am Thema interessierten Gäste. Sie hätten auch bei der denkbar schlechten Akustik im Sitzungssaal keine Freude an der Debatte gehabt.
11 Meinungen zu “Wilder-Mann-Straße 44: Entscheidung über Petition vertagt – Stadtbezirksbeirat soll erst beraten”
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Diese Dresdner Denkmalzerstörer müssen wir uns merken:
Steffen Kaden (CDU)
Robert Malorny (FDP)
Christian Pinkert (AfD)
Susanne Dagen (Freie Wähler)
UNGLAUBLICH „warnte man davor, hier einen Präzedenzfall für die Einmischung des Stadtrates in private Bauvorhaben zu schaffen.“
man MUSS sich als Dresdner dafür einsetzen daß private Bauvorhaben nicht unsere Schätze zerstören! Susanne Dagen daß ist eine Denke der Vergangenheit.
Die Planungen des Burkhard Borchert auf dem Grundstück des historischen Gründerzeithauses Wilder Mann Straße macht mich fassungslos, da dies einen unwiderbringbaren Eingriff in den Charakter dieser geschützten Gegend darstellt und das für einen tristen Neubau-Klotz. Bei uns herrscht Entsetzen.
Der Entwurf des Neubauprojekts Wilder Mann Straße 44 ist seelenlos!
Danke für die überaus sachliche Berichterstattung.
Hier sieht man mal gut, welche Rolle die Vertreter der (neu)rechten Politseite (also v.a. CDU und FDP) selbst im plebiszitären Element Petitionsausschuß spielen: es ist das alte Spiel, Hauptsache gegen jedes auch vernünftigste Bürgeranliegen, krude „Bedenkenträgerei“ hervorkehrend, alles noch im muffigen Geiste des reinen Wirtschaftstriebs und der Kapitalverwertung. Dabei gehts hier um ein konkretes, würdiges und einzelnes Anliegen, eine „Präzedenzfall“-Angst (sicher nur geheuchelt) zeugt von Unkenntnis. Schade ist es besonders um die CDU-Leute, und Herr Kaden ist nur eines der vielen Beispiele dieser Partei, welche ihr Politgeschäft als gutsherrliche Hinterzimmer-Repräsentanz verstehen, und nur alle 4 Jahre zum Kreuzgang des Wählers rufen. Also ganz un-christlich wie auch un-demokratisch.
Insofern großen Respekt vor Löser und den aktiven Vertreter(inne)n, um deren „Rolle“ es doch gar nicht geht. Es geht ums Anliegen. CDU-Kaden wirkt hier eher wie ein kleiner Löser-Inquisitor, sein Spiel eben, na seis drum. Bei Malorny jetzt mal alle Hände hoch: Wer kennt auch nur einen einzigen vernuftbegabten Vorschlag dieses Volksvertreters? Auch wurscht.
Glücklicherweise scheint das Amt die Tour gewillt mitzugehen. Damit ist der Pflock geschlagen, es gilt die Rechtslage. Die Verwaltungsfachleute wissen meist recht genau, was eigentlich gut bzw. schlecht für die Stadt ist. Sie sind bisweilen dankbar, wenn sie mal habhafte Instrumente an die Hand bekommen, um auch mal FÜR die Stadt agieren zu können wenns brenzlig wird. Das war und ist leider immer noch den Polit-Konserven zu wider, jahrzehntelang war CDU-Dresden lediglich ein verscherbelbares Großgewerbegebiet, mündige Bürgerschaften waren … quasi unerwünscht. Wie heißt’s so schön: Es ist Zeit, daß Kaden und Konsorten mal aus dem muffigen Sandkasten emporsteigen. Andernfalls droht bald der Beichtstuhl, und dann das Fegefeuer.
Das Wort zu Himmelfahrt, Amen.
So verschwindet Dresden, was für eine häßliche Investoren“Architektur“, ohne Charme und Können.
Warum Nepomuk erinnert mich dieses CDU/FDP Vorgehen an die vom Bundesverwaltungsgericht als rechtswidrig durchgesetzte Waldschlößchenbrücke?
Es gibt Häuser, die machen glücklich. In Dresden kann man diese immer noch finden.
Bei diesen „Entwurf“ fragt man sich „Ist das Architektur oder kann das weg?“ einfach aus dem Computer gefallen, hier fehlt der Respekt vor Vorhandenen.
Dann reisst das Ding doch ab. Aber nur, wenn es 1:1 wieder aufgebaut wird. Alles andere neumodische passt dort optisch nicht hin.
So viele Ästheten auf einen Haufen, die scheinbar auch noch Architektur studiert haben, es ist kaum auszuhalten.
Wenn euch soviel an der Ruine liegt, nehmt Geld in die Hand und macht verwirklicht euch. Große Töne spucken kann jeder:-((.
Der Paul
Paul man muß nicht Architektur studiert haben um historisch Wertvolles vom Häßlichen unterscheiden zu können. Das ist dem Menschen größtenteils angeboren.