Unter der Leitung seines Vorstandes Christian Friedrich Findeisen (1856-1930) hatte 1887 der Kaditzer Gemeinderat den viele Jahre in Dresden tätigen Landvermesser Emil Ueberall (1848-1936) beauftragt, einen Ortsbebauungsplan zu erarbeiten und dafür einen zentralen Platz zu vermessen. Nachdem im März 1889 der Planung Ueberalls im Gemeinderat mehrheitlich zugestimmt wurde, erfolgte im Zeitraum bis 1910 die Bebauung des Platzes mit meist dreistöckigen Häusern.

Otto Eduard Leopold von Bismarck, geb. 01. April 1815, gest. 30. Juli 1898. Jacques Pilartz creator QS:P170,Q1678072, Bundesarchiv Bild 146-2005-0057, Otto von Bismarck, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons
Im Rahmen der ab 1890 im Deutschen Kaiserreich einsetzenden Bismarckverehrung pflanzte, wie in einigen weiteren Dresdner Vorortgemeinden, auch der Gemeinderat Kaditz in der Mitte des noch unbenannten Platzes am 1. April 1895 eine „Bismarckeiche“. Anlass war der achtzigste Geburtstag des in Schönhausen (Sachsen-Anhalt) geborenen ersten deutschen Kanzlers. Ein Jahr nach Otto von Bismarcks Tod, er starb 1898 im östlich von Hamburg gelegenen Friedrichsruh, erhielt der heute etwa 7.000 Quadratmeter große und bisher einzige Platz in Kaditz mit Bismarckplatz seinen ersten Namen.
Zentrum von Kaditz
Fortan „…entwickelte er sich sowie seine unmittelbare Umgebung zunehmend zum funktionalen Zentrum von Kaditz. Dazu trugen vor allem die Einrichtung des Gemeindeamtes (1894), der vollendete Bau der neuen Kaditzer Schule (1895) sowie die Eröffnung des Gasthofes ‚Zum Fürstenhof‘ (1899/1900) bei.“ („Dresden-Kaditz“, Siegfried Reinhardt, herausgegeben 2005 vom Verein „Neue Nachbarschaft Kaditz“)
Als zum 1. Januar 1903 der Vorort Kaditz nach Dresden eingemeindet wurde, mussten 16 dortige Straßen und Plätze neu benannt werden. Die Stadtverwaltung Dresden hatte beschlossen und im Ortsgesetzblatt Nr.74 vom 11. November 1903 öffentlich gemacht, dass „…Straßen und Plätze, deren Namen in mehreren Vorstädten übereinstimmend vorkommen oder in den älteren Stadtteilen bereits vorhanden waren oder vorhandenen zum Verwechseln ähnlich sind vom 1. Januar 1904 ab neu- bzw. umbenannt werden.“ Da es in der Stadt schon einen Bismarckplatz gab (heute Friedrich-List-Platz), erhielt der in Kaditz den Namen des Juristen Eduard von Simson.
Im Jahre 1810 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns im preußischen Königsberg geboren, hat der 1888 in den Adelsstand erhobene Eduard von Simson zwischen 1848 und 1877 unterschiedlichsten Parlamenten angehört und als Präsident vorgestanden. Im Jahre 1879 wurde er auf Wunsch des Reichskanzlers Otto von Bismarck zum ersten Präsidenten des neu gegründeten Reichsgerichts in Leipzig berufen. Dieses Amt übte er bis zum Eintritt in den Ruhestand 1891 aus. Eduard von Simson, 1883 zum Ehrenbürger der Stadt Leipzig ernannt, starb 1899 in Berlin. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof III der Jerusalems- und Neuen Kirche in Berlin-Kreuzberg.
Die jüdische Herkunft des Eduard von Simson war dem nationalsozialistischen deutschen Staat Anlass, seinen Namen 1935 aus dem Kaditzer Straßenverzeichnis zu streichen und den Platz in Riegelplatz umzubenennen.

Hermann Eduard Riegel. Quelle: Eintrag von „Hermann Eduard Riegel“ im Braunschweiger Professor*innenkatalog (abgerufen am 06.06.2025)
Der Kunsthistoriker Hermann Eduard Riegel wurde 1843 in Potsdam geboren. Nach einem Studium der Kunstwissenschaften in Berlin war er ab 1868 Leiter des Sächsischen Museum in Leipzig und wirkte von 1871 bis zu seinem Tode im Jahre 1900 als Direktor des Herzoglichen Museums in Braunschweig. Darüber hinaus lehrte er an der dortigen Technischen Hochschule das Fachgebiet Kunstgeschichte. Um die deutsche Sprache von fremdsprachigen Einflüssen zu befreien bzw. freizuhalten, hatte Hermann Eduard Riegel 1885 unter dem Leitspruch „Kein Fremdwort für das, was deutsch gut ausgedrückt werden kann!“ die Gründung eines Sprachvereins angeregt.
Dem folgte der am Wettin-Gymnasium in Dresden tätige Philologe und Volkskundler Hermann Dunger (1843-1912). Er gründete am 10. September 1885 in Dresden den ersten Zweigverein des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. Ergänzend der Hinweis, dass ab 1940 die Vereinsaktivitäten behindert, 1943 der Druck der Vereinszeitschrift eingestellt und damit der Verein praktisch aufgelöst wurde.

Die Gaststätte „Zur Einheit“ (mittleres Gebäude) an der Bushaltestelle Riegelplatz firmierte erstmals 1900 als Lokal „Zum Fürstenhof“. Foto: K. Brendler
Heute gewinnt der Riegelplatz als Verkehrsknotenpunkt des Dresdner Nordwestens immer mehr an Bedeutung. Schon 1928 hatte die Stadt eine Autobuslinie eingerichtet, die bis 1941 täglich von Mickten über die Fechnerstraße zum Riegelplatz verkehrte. Am 1. November 1949 wurde sie feierlich wiedereröffnet.
Seit Anfang der 1960er Jahre ist der Riegelplatz außerdem eine Haltestelle von Buslinien der Dresdner Verkehrsbetriebe. Ab November 2004 wurde mit der in Betrieb genommenen Gleisschleife der Riegelplatz nunmehr auch Endhaltestelle der zwischen Prohlis und Kaditz verkehrenden DVB-Linie Nr. 9, seit 2023 auch die der Linie Nr. 13. Damit verbinden beide Straßenbahnlinien die Einkaufszentren am Rande Dresdens, den Elbepark in Kaditz/Mickten und den Kaufpark in Prohlis.
Brendler’s Geschichten

Klaus Brendler
Brendler’s Geschichten ist eine Serie, in der Klaus Brendler für das Onlinejournal Pieschen Aktuell in loser Folge an Orte, Ereignisse und Personen im Stadtbezirk Pieschen erinnert. Der Stadtteilhistoriker und Autor war von 2007 bis 2023 Vorsitzender des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und von 2002 bis 2022 Leiter der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“. Er lebt in Dresden-Trachau.
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