Direktkandidat für Die Linke - Paul Senf

Paul Senf – Die Linke

Im Wahlkreis 40 (Dresden 1) kandidiert Paul Senf als Direktkandidat für DIe Linke. Der 27-jährige Mathematiker hat an der TU Dresden studiert, er kandidiert erstmalig für den Landtag.

Erreichtes

Welche Ziele konnte Ihre Partei in der vergangenen Wahlperiode in Sachsen erfolgreich umsetzen?

Als Linke waren wir in der vergangenen Wahlperiode nicht an der Regierung beteiligt. Leider ist es in Sachsen nach wie vor üblich, dass die Regierungsparteien aus Prinzip gegen alle Vorschläge, die wir als soziale Opposition im Landtag einbringen, stimmen – so vernünftig diese aus sein mögen. Es kommt aber vor, dass die Regierung nach einiger Zeit selbst Maßnahmen ergreift, welche die Linke vorgeschlagen hatte. Opposition wirkt also, nicht nur bei der Regierungskontrolle! Ich möchte nur ein paar davon nennen.

Im Vorfeld der Landtagswahl 2019 haben wir in einem breiten Bündnis den Volksantrag zur Einführung des längeren gemeinsamen Lernens unterstützt und im Landtag dafür Druck gemacht. 2020 hat die Regierung hat diese Schulart schließlich geschaffen. Allerdings verhindern hohe Hürden, dass viele Gemeinschaftsschulen gegründet werden – diese Hürden müssen fallen.

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2021 hatten wir unter Verweis auf das Vorbild Thüringen gefordert, einen Reparaturbonus in Sachsen einzuführen. Seit November 2023 gibt es die Förderung tatsächlich.

In der Haushaltsdebatte 2021 konnten wir erreichen, dass die Staatsregierung „Housing First“-Projekte zugunsten wohnungsloser Menschen stärker finanziert.

Besonders freue ich mich über die Erfolge im Bereich Hochschulpolitik, zu denen ich persönlich als damaliger Sprecher der Landesstudierendenvertretung und späterer Mitarbeiter unserer hochschulpolitischen Sprecherin Anna Gorskih selbst beigetragen habe. In der Debatte zum Hochschulgesetz 2023 hat die Koalition auch auf unseren Druck hin geregelt, dass Studierende dem gesetzlichen Diskriminierungsschutz unterliegen. Zudem wurde die Zahl der Prüfungsversuche erhöht und dafür gesorgt, dass es Inklusionsbeauftragte an den Hochschulen gibt. Anfang 2024 folgte die Koalition außerdem unserer Forderung, dass Studierende bei Prüfungsunfähigkeit nur noch eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, nicht aber dem Prüfungsausschuss Symptome mitteilen müssen.

Ebenfalls 2023 hat der Rüstungskonzern Rheinmetall Abstand von seinen Plänen genommen, eine Pulverfabrik auf dem ehemaligen Militärflugplatz in Großenhain zu errichten. Der Protest, den wir auch aus dem Landtag heraus unterstützt haben, hat gewirkt. Wir konnten zudem dazu beitragen, dass das Frühe Konzentrationslager Sachsenburg zur Gedenkstätte wird.

Zudem haben wir erfolgreich eingefordert, damit die Regierung ihre Förderrichtlinien für den Wohnungsbau an die Realität anpasst – 2023 konnten wir realistischere Förderkonditionen für den Sozialwohnungsbau erreichen. Auf unseren Druck hin wurden Freiwilligendienstleistende in den Geltungsbereich des Bildungstickets aufgenommen. Viele weitere Erfolge unserer Landtagsfraktion finden sich in der entsprechenden Bilanzbroschüre.

Bildungspolitik

Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um das Bildungssystem in Sachsen zu verbessern, insbesondere in Bezug auf Lehrermangel und Digitalisierung in Schulen?

Schule ist keine Rennstrecke, Verstehen braucht Zeit. Schule und Unterricht können und müssen sich wandeln. Lehrinhalte sollen interdisziplinär und altersstufenübergreifend vermittelt werden. Schule sollte als ein Ort der Begegnung von Generationen und von Kulturen verstanden werden, mit der Aufgabe, gemeinsame Orientierungen zu entwickeln, die trotz aller Verschiedenheit das Fundament einer demokratischen Gesellschaft bilden.

Wir wollen eine Reform der Bildung, die mehr anstrebt als kurzfristiges Qualitätsmanagement um ökonomischer Standortvorteile willen. Dazu bedarf es einer grundsätzlichen und offenen Debatte darüber, wo die Defizite des gegenwärtigen Bildungssystems liegen und welche Veränderungen notwendig sind. Es braucht mehr analoge und digitale Räume, in denen Kinder die Freiheit haben, gemeinsam an Projekten zu arbeiten.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Gemeinschaftsschule zum Standard im sächsischen Bildungssystem wird. Wir wollen mit einem Schulbudget den Schulen mehr Flexibilität ermöglichen, um selbstständig besondere Bedarfe abzudecken und auch kurzfristig auf Herausforderungen im Schulalltag reagieren zu können. Wir fordern, dass allen Schülerinnen und Schülern alle notwendigen Lernmittel kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Jeder Lehrkraft muss ein professionell installiertes und gewartetes Endgerät zur Verfügung gestellt werden. An den Schulen sind IT-Administrator:innen für die Gerätewartung zuständig, nicht die Lehrkräfte. Um die digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte zu verbessern, müssen ihnen Weiterbildungen angeboten werden. Eines unserer Herzensanliegen ist die kostenlose, vollwertige und gesunde Mittagsversorgung an allgemeinbildenden Schulen und der Betrieb schuleigener Küchen. Wir fordern Rahmenlehrpläne, die mehr Freiräume für Lehrende und Lernende lassen und es ihnen ermöglichen, sich stärker an den lebensweltlichen Belangen von Schülerinnen und Schülern zu orientieren. Das bedeutet vor allem auch die Schüler:innen an der Erarbeitung der Lehrinhalte stärker zu beteiligen und diese Beteiligung auch institutionell zu verankern. Der Unterricht soll von vornherein stärker projektbezogen und handlungsorientiert angelegt werden. Wir wollen prüfen, inwieweit in den Lehrplänen und Stundentafeln die wichtigen Themen Politische Bildung, Medienbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung stärker berücksichtigt werden können. Digitale Medien durchziehen den Unterrichtsalltag von Schüler:innen, sind aber auch in Schulen in allen Bereichen präsent. Dem wollen wir gerecht werden, indem wir digitale (Medien-)Bildung in den Rahmenlehrplänen verankern und durch die entsprechende Aus- und Fortbildung von Lehrer:innen und Erzieher:innen dafür sorgen, das kompetente Lehrkräfte zur Verfügung stehen.

Zusätzlich wollen wir ein Fach „Medienkunde“ einführen. Nur Menschen, die mit Medien kompetent umgehen können, tragen zur Entwicklung einer funktionierenden Demokratie bei. Daher ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für Medienkompetenz zu sorgen. Ziel muss es sein, Schüler:innen, Lehrer:innen und auch Eltern bei der Nutzung digitaler Medien zu unterstützen. Dafür benötigen wir Medienpädagog:innen an den Schulen. Sie können dann auch beraten, wenn sich aktuelle Fragen stellen, wie z.B. beim Umgang mit dem Einsatz von sogenannten KI-Systemen im Lehr- und Lernalltag. Wir werden eine Offensive auf dem Gebiet der Medienbildung in Sachsen starten. Sie soll sich nicht nur an Kinder und Jugendliche, sondern auch an Eltern und Lehrkräfte richten. Die Vorstellung, man könnte junge Leute vor schädlichen Einflüssen abschirmen, ist illusorisch. Stattdessen setzen wir darauf, ihnen einen selbstbewussten und kompetenten Umgang mit allen Medien beizubringen. Medienkompetenz umfasst dabei für uns folgende Punkte: Menschen müssen in die Lage versetzt werden, kritisch zu konsumieren, Medien zielgerichtet einzusetzen, mit ihnen zu interagieren und sie weiterzuentwickeln. Sie müssen wissen, wie Medieninhalte rechtssicher geschaffen werden können und welche Rolle Algorithmen bei ihrer Zusammenstellung spielen. Sie sollten sensibel dafür werden, wie sie mit ihren personenbezogenen Daten im Netz umgehen. Sie sollten lernen, sich in der Welt elektronischer Medien zu orientieren und wissen, welche Chancen für Information und Teilhabe, aber auch welche Gefahren sich ergeben. Nur so können sie selbstbestimmt in einer digitalisierten Gesellschaft agieren. Nur so kann auch der Jugendmedienschutz sichergestellt werden. Medienpädagogische Angebote müssen flächendeckend und ausreichend finanziert für alle Altersgruppen in Sachsen zur Verfügung stehen.

Die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte hat enorm zugenommen. Sie müssen lange arbeiten und haben auch in den Ferien kaum Zeit, sich ausreichend zu erholen. Im Schuljahr 2022/2023 fielen 1,6 Millionen Unterrichtsstunden aus, auch wegen des hohen Krankenstandes.

Wir wollen, dass Lehrkräfte sich wieder mehr auf die Bildung der Kinder und Jugendlichen konzentrieren können. Dafür müssen sie entlastet werden, indem bessere Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Aufgaben, die nichts mit dem Unterricht zu tun haben, sollten durch multiprofessionelle Teams übernommen werden, in denen Spezialist:innen für Verwaltung, Informationstechnik, Schulsozialarbeit und Psychologie arbeiten. Es ist notwendig, das Regelstundenmaß abzusenken oder zusätzliche Anrechnungsstunden für Klassenlehrer:inneneinzuführen. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass keine „Zwangsteilzeit“ für Lehrer:innen eingeführt wird, auch wenn es zu dem Rückgang der Schüler:innenzahl kommt, der für die Zukunft vorhergesagt wird. Im Gegenteil: Wenn sich das Zahlenverhältnis zwischen Lehrkräften und Schüler:innen ändert, muss das unbedingt dafür genutzt werden, die Qualität des Unterrichts zu verbessern. So sollte es möglich werden, die maximale Größe von Klassen (Klassenteiler) zu senken, damit sich die Lehrkräfte intensiver um ihre Schüler:innen kümmern können.

Wir setzen uns dafür ein, zusätzliche Anreize für das Lehramtsstudium zu bieten, um dem gegenwärtigen Mangel an Lehrkräften entgegenzuwirken. Wir brauchen deutlich mehr Lehrerinnen und Lehrer! Anreize könnten zum Beispiel Stipendien sein.

Wir setzen uns für eine Neustrukturierung der Lehramtsausbildung ein.

Die Ausbildung sollte in die Phasen Studium, Berufseinstieg und Weiterbildung umstrukturiert werden. Das Studium wird so umgestaltet, dass die Prüfungs- und Arbeitslast für die Lehramtsstudierenden gesenkt wird. Zudem wird die starre Fächerkultur im Lehramtsstudium enden, um durch transdisziplinäre Herangehensweisen besser aufgestellt zu sein. Fachwissenschaft und Fachdidaktik sollen im Studium aufeinander aufbauen – denn Didaktik ist in der Wissensvermittlung keine Nebensache. Lehrkräfte werden außerdem nach Schulstufen statt nach Schularten ausgebildet, damit sie flexibel für die jeweiligen Altersstufen einsetzbar sind.

Junge Menschen, die heute Lehrkraft werden wollen, brauchen Flexibilität und Chancen für ihre persönliche Entwicklung. Um das Lehramtsstudium insgesamt stärker an der Praxis auszurichten, müssen Praxisphasen frühzeitig ins Lehramtsstudium integriert werden. So kann erworbenes Wissen direkt angewandt, erprobt und evaluiert werden.

Lehramtsstudierende sollen in den Praxisphasen in ländlichen Raum stärker finanziell unterstützt werden (z.B.: Bereitstellung von Wohnraum und Erstattung von Fahrtkosten). Durch die Schaffung von Außenstellen der Lehrkräftebildung in Ost- und Westsachsen werden die Betreuung während der Praxisphasen sowie vereinzelte Seminare in Wohnortnähe abgesichert. Auf diese Weise können wir Lehrer:innen besser für die Regionen in Sachsen gewinnen, in denen der Lehrkräftemangel am gravierendsten ist.

Die Berufseinstiegsphase muss so ausgestaltet sein, dass für alle jungen Lehrpersonen eine gute Betreuung gewährleistet wird und es die Möglichkeit gibt, phasenweise in das Berufsleben einzusteigen. Demzufolge wächst auch das Stundendeputat sowie das Gehalt linear an.

Ausländische Abschlüsse müssen wesentlich schneller anerkannt werden.

Wirtschaft und Arbeitsplätze

Wie wollen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen fördern und sicherstellen, dass neue Arbeitsplätze in zukunftsfähigen Branchen entstehen? Welche Maßnahmen würden Sie vorschlagen, um Fachkräfte zu gewinnen?

Wir als Linke sagen: Wer Arbeitskräfte will, muss sie ordentlich bezahlen und ihnen gute Bedingungen bieten. Der Umbau der Wirtschaft, der sich durch die Digitalisierung und die Energiewende unweigerlich vollzieht, macht vielen Menschen in Sachsen Angst – auch wegen der schlechten Erfahrungen aus der Zeit nach der Vereinigung. Die Transformation kann nur gelingen, wenn sie diesmal sozial gerecht vollzogen wird. Wir stehen auch im wirtschaftlichen Wandel immer an der Seite der Beschäftigten, ihrer Betriebsräte und ihrer Gewerkschaften. Wir wollen dafür sorgen, dass die Menschen in Sachsen durch die Industrie und die Arbeit der Zukunft gewinnen, nicht verlieren.

Durch ein modernes Vergabegesetz wollen wir dafür sorgen, dass staatliche Aufträge nur noch an solche Unternehmen gehen, die sich an soziale und ökologische Standards halten. Öffentliche Aufträge dürfen nur an Unternehmen vergeben werden, die ihre Beschäftigten nach Tarif entlohnen. Wir wollen die Tarifbindung erhöhen und mehr Tarifverträge allgemeinverbindlich machen.

Zur angemessenen Bezahlung müssen aber auch gute Arbeitsbedingungen kommen: Wir wollen Befristungen ohne sachlichen Grund abschaffen und Minijobs in sozialversicherungspflichtige Stellen umwandeln. Wo das sachlich möglich ist, sollte es ein Recht auf Home Office geben. Wir wollen 5 Tage Bildungszeit im Jahr einführen.

Wir werden den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften für die sächsische Wirtschaft der Zukunft nur decken können, wenn wir Chancengleichheit auch auf dem Arbeitsmarkt herstellen. Damit alle am Erwerbsleben teilhaben können, brauchen wir familiengerechte Arbeitszeiten und gute Betreuungsmöglichen für Kinder. Für Frauen muss endlich gelten: Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit! Zugewanderten Menschen wollen wir einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen.

Sachsen muss auf die Industrien der Zukunft setzen. Wir stehen für einen sozial gerechten Umbau der Industrie. Wir wollen die Wirtschaftsförderung so reformieren, dass gute Arbeitsbedingungen, anständige Löhne und ökologische Nachhaltigkeit zu Bedingungen einer Förderung werden. Mit Mitteln des Bundes soll eine Industriestiftung entstehen, über die die öffentliche Hand gezielt Anteile an Unternehmen erwirbt. Wir setzen uns konsequent für eine Transformation im Sinne der Beschäftigten ein. Sie kann nur erreicht werden, wenn die Belegschaften mehr mitbestimmen und zu Eigentümern ihrer Betriebe werden.

Wir wollen das Handwerk als Basis unserer sächsischen Wirtschaft stärken. Dazu wollen wir Bürokratie abbauen und mehr allgemeinverbindliche Tarifverträge auch im Handwerk durchsetzen. Wir wollen den Meisterbonus auf 2500 Euro erhöhen und ein BAföG-gestütztes Meisterstudium einführen.

Wir fordern einen Neustart im Strukturwandel der Kohleregionen – vor allem in drei Punkten: Wir möchten ihn strategisch stärker auf Nachhaltigkeit ausrichten, die Beteiligung der Menschen vor Ort verbessern und die Förderung auf die kernbetroffenen Regionenkonzentrieren. Keine Projekte mehr ohne Zustimmung der Menschen vor Ort!

Umwelt und Klimaschutz

Welche Strategien verfolgen Sie, um den Klimaschutz voranzutreiben? Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um auf den Klimawandel zu reagieren?

In den vergangenen Jahren haben auch die Sachsen immer häufiger Unwetter, Überschwemmungen und Perioden extremer Hitze und Dürre erlebt. Den allermeisten Menschen ist klar: Klimaschutz und Klimaanpassung sind das Gebot der Stunde, wenn wir ein lebenswertes Sachsen erhalten wollen. Allzu oft wird in diesem Zusammenhang behauptet, wir säßen alle im selben Boot. Tatsächlich herrscht auch in dieser Frage Ungleichheit: In Deutschland emittieren die reichsten 10 Prozent genauso viel Kohlendioxid wie die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung. Und der CO2-Anteil der Reichen steigt weiter. Auch die Klimafolgen sind nicht gleich verteilt: Während sich die einen in ihrem Pool abkühlen, können sich andere in engen Wohnungen nicht vor der extremen Hitze schützen. Gerade für ältere Menschen ist das ein erhebliches Risiko. So wichtig Klimaschutzmaßnahmen sind – sie wirken sich auf verschiedene Menschen unterschiedlich aus. Deshalb setzen wir uns für eine Klimapolitik ein, die Generationen- und Geschlechterfragen berücksichtigt.

Wir kämpfen für einen Klimaschutz, der die Menschen nicht moralisierend bevormundet oder einseitig finanziell belastet. Die nötigen Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung müssen die Lebensqualität der großen Mehrheit der Bevölkerung verbessern und nicht verschlechtern.

Wir werden ein Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen, in dem wir sozial gerechte Klimaschutzmaßnahmen und CO2-Reduktionsziele in allen Sektoren verpflichtend festschreiben. Wir halten an dem Ziel des Pariser Klimaabkommens fest, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen und das bis dahin verbliebene CO2-Budget nicht zu überschreiten. Dazu müssen in allen Bereichen die Bemühungen um den Klimaschutz verstärkt werden, sei es im Energie- oder Verkehrsbereich, im Gebäudesektor, in der Industrie oder in der Landwirtschaft. Wir wollen regelmäßig überprüfen, ob die Ziele eingehalten werden. Bei Verfehlungen müssen die Sektoren zu Sofortmaßnahmeprogrammen verpflichtet werden. Für die Überprüfung und Empfehlungen der Sofortmaßnahmenprogramme setzen wir einen Klimabeirat aus Klimawissenschaftler:innen, NGOs und weiteren gesellschaftlichen Akteur:innen ein.

Die öffentliche Verwaltung muss Vorbild werden, wenn es darum geht, den Klimaschutz voranzutreiben und präventiv Maßnahmen zur Klimaanpassung zu verwirklichen. Wir wollen die Kommunen mit den finanziellen Mitteln ausstatten, die dazu nötig sind. In möglichst allen sächsischen Gemeinden, mindestens jedoch in jedem Landkreis, werden wir Klimaschutzmanager:innen einsetzen, die die Gemeinden vor Ort bei entsprechenden Planungen und Maßnahmen unterstützen und als Ansprechpartner:innen für die Bevölkerung dienen.

Gesundheitswesen

Welche Schritte möchten Sie unternehmen, um die medizinische Versorgung in Sachsen zu verbessern und den Fachkräftemangel im Gesundheitssektor zu bekämpfen? Sind Ihnen die Probleme bekannt, mit denen das Krankenhaus Dresden Neustadt/Trachau derzeit zu kämpfen hat, wie wollen Sie diesbezüglich gegensteuern?

Seit Jahrzehnten wird das Gesundheitswesen unter Druck gesetzt, Profite zu machen. Wir aber sagen: Gesundheit ist keine Ware, sondern ein Recht – Menschen müssen über Profiten stehen! Die medizinische Versorgung ist keineswegs besser geworden, seitdem sie den Gesetzen des Marktes überlassen wurde – im Gegenteil: In der Pflege fehlt es an Personal, Facharzttermine sind Mangelware, viele Menschen finden keinen Hausarzt mehr. Der Weg zum nächsten Krankenhaus wird immer länger, weil Kliniken aus Kostengründen geschlossen werden, obwohl die Menschen vor Ort sie dringend brauchen.

Die Lösung dieser Probleme sehen wir in einer sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung, die die Patient:innen und ihre Bedürfnisse sowie die Beschäftigten in den Mittelpunkt stellt, nicht den Profit. Daher wollen wir alle Krankenhausstandorte in Sachsen erhalten, wenn auch zum Teil mit verändertem Leistungsangebot, z.B. als 24-Stunden-Notfall-Poliklinik. Wir unterstützen Initiativen einer Krankenhausreform von unten, mit denen die Krankenhäuser einer Region auf Basis der Erfahrungen und Bedarfe vor Ort die Kooperation untereinander stärken, Synergien nutzen und das Leistungsangebot bedarfsgerecht untereinander aufteilen, um Standortschließungen zu verhindern. Ersatzlose Schließungen lehnen wir ab, da in Sachsen bereits seit 1990 etwa ein Drittel der damals vorhandenen 112 Kliniken dichtgemacht wurden und weitere Schließungen die grundlegende medizinische Versorgung gefährden würden. Polikliniken, ob mit Notaufnahme oder ohne, sind für uns im Osten eine bekannte Alternative, die stationäre und ambulante Versorgung intelligent verbindet. Sie können zwar Krankenhäuser nicht völlig ersetzen, aber dennoch einen wertvollen Beitrag zur regionalen Gesundheitsversorgung leisten und den Mangel an Haus- und Fachärzten kompensieren. Wenn die Grundversorgung durch Krankenhäuser und Polikliniken in allen Regionen Sachsens gesichert ist, halten wir es für sinnvoll, Spezial- und Maximalversorgung an wenigen Standorten zu konzentrieren, die eine besonders hohe Qualität bieten.

Ob Kleinstadtkrankenhaus oder Universitätsklinik mit Maximalversorgung: Der Freistaat muss endlich seiner gesetzlichen Verpflichtung nachkommen, Investitionen in die Modernisierung der Krankenhäuser ausreichend zu finanzieren. Wir fordern eine konkrete gesetzliche Regelung der Investitionskostenzuschüsse. Zusätzlich wollen wir den Krankenhäusern Zuschüsse für den Ausbau der Digitalisierung gewähren. Verboten werden sollen finanzielle Ausschüttungen aus dem Betrieb von Kliniken. Ein Krankenhaus soll kostendeckend wirtschaften, gute Arbeitsbedingungen für seine Beschäftigten bieten und Patient:innen bestmöglich versorgen, aber nicht Aktionär:innen Dividenden einbringen oder Löcher in den Haushalten von Landkreisen stopfen!

Uns ist bewusst, dass dies die privaten Krankenhauskonzerne abschrecken wird – und das ist auch gut so! Denn die Linke macht sich dafür stark, die Krankenhäuser wieder in die öffentliche Hand zurückzuführen. Kommunen und Landkreise, die diesen Schritt zur Rekommunalisierunggehen wollen, sollen durch einen Rekommunalisierungsfonds in Höhe von mindestens 100 Millionen Euro vom Freistaat unterstützt werden. Zusätzlich setzen wir uns für finanzielle Unterstützung durch den Bund ein.

Das bisherige Finanzierungssystem der Fallpauschalen setzt Fehlanreize und ist gescheitert. Wir begrüßen es daher, dass der Bundesgesundheitsminister nun endlich teilweise von ihnen abrückt, obwohl er vor 20 Jahren an ihrer Einführung beteiligt war. Doch wir fordern mehr: Wir wollen individuelle, bedarfsgerechte und kostendeckende Budgets, die jährlich zwischen den einzelnen Krankenhäusern und den Krankenkassen vereinbart werden. Das ist finanzierbar, wenn die Krankenversicherung endlich solidarisch organisiert wird, sodass gilt: Eine für Alle! Wir wollen die Zweiklassenmedizin überwinden und alle Menschen in die gesetzliche Krankenversicherung aufnehmen. Außerdem setzen wir uns für eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze ein. Die bewirkt, dass nur auf Einkommen bis zu einer bestimmten Obergrenze Beiträge abgeführt werden müssen. Alles darüber bleibt beitragsfrei. Das finden wir ungerecht, denn wer ein sehr hohes Einkommen erzielt, kann auch stärker zur Finanzierung des Gesundheitswesens beitragen.

Die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen sollten weniger Zeit für Formulare aufwenden müssen, um mehr Zeit für ihre Patientinnen und Patienten zu haben. Die Vergütung der Ärzt:innen, gleich in welchem Bereich, muss häufiger und regelmäßig angepasst werden. Nur so können sie ihren Praxisangestellten gute Arbeitsbedingungen ermöglichen und dem Fachkräftemangel auch in diesem Bereich entgegenwirken.

Viele Ärzt:innen wollen in Teilzeit arbeiten, um Beruf und Familie besser miteinander vereinbaren zu können. Um die Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten zu fördern, sind die sogenannten „weichen Standortfaktoren“ von großer Bedeutung: Überall in Sachsen müssen die Kinderbetreuung, der öffentliche Nahverkehr und die kulturellen Angebote gesichert werden. Wir wollen die Anerkennung der Abschlüsse in Sachsen lebender ausländischer Ärzt:innen erleichtern und beschleunigen.

Oft wird vergessen, dass eine Arztpraxis mehr ist als nur der Arzt oder die Ärztin. Die Arbeit der Medizinischen Fachangestellten (MFA) muss aufgewertet und das Berufsbild durch Weiterbildung und Akademisierung gestärkt werden. Entsprechende Studiengänge sollten eingerichtet, Hausbesuche durch Medizinische Fachangestellte gefördert werden.

Das Krankenhaus Dresden Neustadt/Trauchau leidet wie alle Krankenhäuser in Sachsen an mangelnden investitionsmitteln. Der Freistaat ist für diese Investitionen zuständig, kommt seiner Aufgabe aber seit Jahren viel zu wenig nach. Die Stadt springt daher oft ein. Das altehrwürdige Gebäude muss natürlich auf den neuesten Stand gebracht werden, was baulich einige Investitionen erfordert.
Abgesehen davon konkurriert das städtische Krankenhaus natürlich mit der Uniklinik um Personal. Letztere ist sachsenweit das zweitbeste aller Krankhäuser, während das städtische jedoch nach Tarif zahlt, was für die Beschäftigten natürlich ein großes Plus ist.
Ich möchte den Freistaat in die Pflicht nehmen mehr zu investieren, sodass das Krankenhaus erhalten bleiben kann.

Integration und Migration

Planen Sie, die Integration von Migranten zu fördern, insbesondere hinsichtlich Bildungschancen und Arbeitsmarktintegration?

Wir stehen auch für Chancengleichheit für zugewanderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Dafür müssen ausländische Abschlüsse und auch praktische Berufserfahrungen schneller und einfacher anerkannt werden, um einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt und eine qualifikationsadäquate Beschäftigung zu ermöglichen. Deshalb fordern wir eine Bundesratsinitiative zur Übernahme der Anerkennungspartnerschaften auch für Geflüchtete. Wir wollen Menschen mit Migrationshintergrund besser integrieren, indem wir mehr Stellen für Arbeitsmarktmentor:innen schaffen und sie stärker fachlich spezialisieren. Der wichtigste Flaschenhals bei der Arbeitsmarktintegration von Migrant:innen sind die Ausländerbehörden. Sie müssen endlich zu Ermöglichungsbehörden werden; auch hierauf kann der Freistaat wirken. Zur Integration gehört auch, dass alle Beschäftigte, auch solche die aus dem Ausland zugewandert sind, oder Grenzpendler:innen sind, ihre Rechte kennen. Aus diesem Grund muss die mehrsprachige Beratung für ausländische Beschäftigte ausgebaut werden.

Jugendliche mit Migrationsgeschichte in ihrem Wunsch nach Ausbildung zu unterstützen, ist nicht nur ein Gebot der Gerechtigkeit, sondern auch ein Mittel, den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen. Dazu brauchen Unternehmen verlässliche Anlaufpunkte für die Beratung und Rechtssicherheit. Die jungen Migrant:innen müssen vor und während ihrer Ausbildung begleitet und unterstützt werden. Dazu gehört auch Hilfe dabei, Fragen des Aufenthaltsrechts zu klären. Wir lehnen Abschiebungen generell ab. Menschen in Arbeit einen Schutz und eine Perspektive zu ermöglichen verbessert die Integration. Zusätzliche Weiterbildungsangebote, besonders zum Erwerb der deutschen Sprache, sind unverzichtbar. Wir schlagen dazu vor, die Arbeitsmarktmentor:innen aufzuwerten und fachlich zu spezialisieren. Abschlüsse müssen schneller und einfacher anerkannt werden.

Dresden Pieschen

Wenn Sie einem Ihrer künftigen Kollegen im Landtag den Stadtbezirk Pieschen beschreiben sollten, was würden Sie besonders hervorheben?

Pieschen ist ein sehr bunt gemischter Stadtbezirk. Hier steht der unsanierter Altbau neben dem schickem Neubau oder auch Platten neben Einfamilienhäusern. Entsprechend bunt gemischt ist auch die Bewohner*innenschaft. Es gibt z. B. seit Jahren schon eine kurdische Community, ebenso wie eine Portugiesische. Alle leben ganz unaufgeregt und selbstverständlich zusammen in einer Nachbarschaft. Dementsprechend sind alle sozialen Schichten hier in einem gegenseitigen Miteinander vertreten.

  • Übersicht aller Direktkandidaten und Direktkandidatinnen im Wahlkreis.

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