Das Lackstreichekleber-Festival sorgte in der vergangenen Woche für kreative Stunden. Überall in Dresden gab es Angebote zum Mitmachen, Dabeisein, Inspirieren lassen und Zuhören. So auch am Alexander-Puschkin-Platz bei der Urban Spots Spray Aktion mit Workshop.
Jens Besser und Benjamin Butter leiteten gemeinsam den Workshop „Kollaborative Wandmalerei“. „Dabei erschafft man gemeinsam ein Kunstwerk, indem man zusammen an einer Wand malt“, erklärt Besser. „Es geht darum, dass etwas in der Gruppe entsteht und nicht jeder für sich malt.“ Das Bild verändert sich ständig. „Man übermalt, manches bleibt, anderes verschwindet und immer wieder kommt man miteinander in Austausch“, ergänzt Besser.
Abstraktes Malen in Gemeinschaft
Für Butter geht es auch darum, eine Plattform zu schaffen, auf der Menschen sich ausleben können. Gemeinsames Malen sei gewissermaßen dünnes Eis. „Es kommt selten vor, dass gemeinsam effektiv an einem Kunstwerk gemalt wird“, sagt er. Diese Form der interaktiven Kunst mache er sonst eher mit Kindern. „Aber es kommt auch immer mehr in den Museumsbereich. Dabei werden dann ganze Räume mit Papier ausgekleidet und jeder, der ihn betritt, kann das Kunstwerk erweitern.“
Während des gesamten Workshops werden keine bestimmten Techniken gelehrt. Nach und nach entstehen auf der Wand abstrakte Formen. „Wir alle suchen doch eine Form des Ausdrucks, um gesehen zu werden“, sagt Butter. „Bei abstrakten Dingen nimmt man die Greifbarkeit weg. Wenn wir beschließen, einen Vogel zu malen, denkt garantiert jede Person an einen anderen Vogel. Wenn wir dagegen festlegen, Rechtecke zu malen, nimmt das viele Aspekte weg, ohne dass deshalb alles gleich aussieht.“ Gemeinsam etwas in die Welt zu malen, das vorher nicht da war, könne zusätzlich ein sehr verbindendes Gefühl erzeugen.
Auch die Teilnehmenden sind zufrieden – mit dem Ergebnis und dem Erlebnis: „Gemeinsam zu malen hat sehr viel Spaß gemacht“, sagt Teilnehmerin Eva. „Man muss überhaupt keine Angst haben, die Schichten übereinander zu legen.“
Workshop Nr. 2 – Style ABC
An anderen „Legal Plains“, wie die Wände am Puschkinplatz genannt werden, toben sich Teilnehmende des Workshops „Style-ABC“ aus. Dabei geht es darum, Buchstaben in einem bestimmten Stil zu sprühen. Betreut wird der Kurs von Sebastian Girbig, einem selbstständigen Graffitimaler, der oft für Workshops wie diesen angefragt wird. „Ich definiere mich hauptsächlich über das Style Writing“, erklärt er, auch wenn seine Aufträge häufig nichts damit zu tun hätten.
Eine Teilnehmerin hat Schwierigkeiten mit den Umrandungen ihrer Buchstaben. Girbig zeigt ihr, wie sie klare Kanten erzeugen kann. „Grundsätzlich habe ich den Kurs eher niederschwellig gehalten. Ich habe keine konkreten Aufgaben gestellt, sondern einfach meine Hilfe angeboten. Alle haben direkt losgelegt und wollten einfach mal schauen, wie es läuft“, sagt er. Zuerst sei es sinnvoll, eine Skizze auf Papier zu erstellen und diese dann auf die Wand zu übertragen. Das klingt leichter, als es ist. Denn vieles erfordert ein Fingerspitzengefühl, zum Beispiel wie man eine Dose am besten hält oder wie nah man sie an die Wand hält. „Einer der häufigsten Anfängerfehler ist, zuerst die Umrandung zu ziehen und diese dann zu füllen“, erklärt Girbig. Richtig sei es, erst die Innenflächen zu sprühen und dann die Outlines zu ziehen. Zusätzlich gibt es auch unterschiedliche Aufsätze für die Sprühdosen, um verschiedene Effekte zu erzielen.
Schnell füllen sich die legalen Sprühwände am Puschkin-Platz, die von „Spike Dresden“ betreut werden. Ob es in Dresden genug Wände für alle Graffitikünstler gibt? Girbig überlegt kurz. „Mehr Wände sind immer gut, aber die Szene in Dresden ist verhältnismäßig klein, deshalb geht’s“, sagt der Künstler. In Berlin sei das zum Beispiel ganz anders: „Dort werden Wände teilweise zweimal täglich übermalt.“
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