Thema: OB-Wahl 2022

OB-Kandidat Martin Schulte-Wissermann: Radverkehrskonzept umsetzen – Punkt!

Am 12. Juni wird eine neue Oberbürgermeisterin oder ein neuer Oberbürgermeister für Dresden gewählt. Zur Wahl stehen eine Bewerberin und acht Bewerber. Gemeinsam mit dem Online-Magazin Neustadt Geflüster haben wir allen Kandidaten die gleichen Fragen gestellt. Die Antworten geben wir nun in umgekehrter Reihenfolge des amtlichen Stimmzettels hier wieder.

Verkehr

Der Radverkehr ist ein heiß umstrittenes Thema in der Stadt. Wie wollen Sie die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes für Dresden deutlich beschleunigen?

Das Radverkehrskonzept ist beschlossen und muss umgesetzt werden – Punkt. Für das Gelingen der Verkehrswende müssen wir aber deutlich weiter als das Konzept aus dem Jahr 2017 denken: u.a. autofreie Stadtteile (z.B. Äußere Neustadt), Fahrradbrücken (z.B. zwischen Pieschen und dem Ostragehege), Radschnellwege (z.B. zwischen Klotzsche und Neustadt), Fahrradbügel auf heutigen Autoparkplätzen (in allen Stadtteilen), Netzlückenschlüsse (Carolabrücke). Für Fahrradinfrastruktur gibt es 90 Prozent Förderung vom Land – kostengünstiger kann die Stadt nirgendwo sonst in umweltfreundlichen Verkehr investieren.

Beim Parken auf der Straße gab es in der Vergangenheit erhebliche Preissteigerungen, gerade in der Äußeren Neustadt, was nun den Parkdruck in angrenzenden Stadtvierteln erhöht, in Pieschen zusätzlich durch eine zunehmende Lückenbebauung, sehen Sie eine Notwendigkeit da regulierend einzugreifen und falls ja, wie?

Ursächlich für das „Problem“ der fehlenden Parkplätze sind zu viele Autos. Kostenloses Parken ist kein Menschenrecht. Daher müssen die Zonen mit kostenpflichtigem Parken sowie Anwohnerparken ausgeweitet werden. Dadurch verschwinden die ganzen Zweit- und Drittwagen und die Dauerparker und es gibt mehr Stellplätze, für die, die es brauchen. Zusätzlich muss die Kooperation mit Teilauto ausgeweitet werden, damit das Netz an Leihstationen verdichtet werden kann.

Wissenswertes zum Kandidaten:

  • geboren 1971
  • lebt seit 1995 in Dresden, hat hier Physik studiert
  • hat über Teilchenphysik promoviert
  • sitzt seit 2014 für die Piraten im Stadtrat und ist dort jetzt in der Dissidenten-Fraktion organisiert
  • mehrere Jahre Mitglied im Ortsbeirat/Stadtbezirksbeirat Dresden-Neustadt
  • engagiert in der Initiative „Königsbrücker muss leben“, plädiert für einen Ausbau der Straße im Bestand.
  • in weiteren Projekten aktiv, unter anderem auch bei „Wohnen am Leipziger Bahnhof“
  • mehr über Martin Schulte-Wissermann auf seiner Webseite
  • mehr zur OB-Wahl in Dresden 2022

Wohnen

Ende Mai wurde über die Mietpreisbremse im Sächsischen Landtag entschieden, sollte diese in Dresden eingeführt werden?

Ja, unbedingt. Allerdings ist die Mietpreisbremse kein Allheilmittel. Ebenso wichtig ist, dass Dresden bis 2030 mindestens 10.000 Sozialwohnungen neu bekommt, da dann die Belegungsrechte bei der Vonovia auslaufen. Hierzu muss die städtische Wohnungsbaugesellschaft WiD mit deutlich mehr Eigenmitteln ausgestattet und die Sozialbauquote bei Investorenprojekten wieder auf 30 Prozent angehoben werden.

Soll Ihrer Ansicht nach die städtische „WiD Wohnen in Dresden“ gestärkt werden? Soll das Unternehmen Wohnungen vom Markt – zum Beispiel von der Vonovia – erwerben?

Natürlich muss die WiD gestärkt werden, damit sie schneller bauen kann. Dafür braucht die WiD Grundstücke und Eigenkapital. Es ist wichtig zu erkennen, dass Investitionen in die WiD keine „Kosten“ sind. Die Wohnungen verbleiben in städtischem Eigentum und die Mieten auch. Investitionen in die WiD amortisieren sich von alleine und stellen somit einen Mehrwert für Dresden dar.

Insbesondere, wenn Dresden in zehn Jahren über 10.000 Belegungsrechte bei der Vonovia verliert. Ohne adäquaten Ersatz müssten wir die Wohnungen auf dem freien Markt finden und an Investoren Miete bezahlen, was sehr, sehr, sehr teuer werden würde.

Einzelhandel

Viele Ladenflächen stehen leer und ungenutzt. Was wollen Sie zur Belebung des innerstädtischen Einzelhandels außerhalb der Altstadt tun, wie soll er wieder attraktiver werden?

Das lokale Leben muss wieder stärker stattfinden. Hierfür müssen die Dinge des täglichen Bedarfs (wie Bäcker, Fleischer, Zeitungsladen) vorhanden sein, um weiteren Einzelhandel anzuziehen. Ich kann mir hierfür gut eine Werbekampagne z.B. in der Straßenbahn vorstellen. Sehr wichtig ist auch Gastronomie vor Ort, um Leben auf die Straße zu bringen. Hierfür muss Außengastronomie auch auf heutigen Parkplätzen möglich sein. Grundsätzlich sind angenehme Straßenzüge mit hoher Aufenthaltsqualität – wenig/keinen Autos, Sitzgelegenheiten, Bäume und ausreichend Radbügel – gut geeignet, den lokalen Einzelhandel zu stärken.

Tempo in der Verwaltung

Wie kann die Verwaltung die Umsetzung bestehender Beschlüsse, vor allem beim Bauen und in der Stadtentwicklung beschleunigen? Der Stadtratsbeschluss zur Königsbrücker Straße zum Beispiel ist nun schon fast sechs Jahre alt. Die Entscheidung zum Sachsenbad hat fast 30 Jahre gebraucht.

Ich habe schon immer gesagt: „Wer zu breit plant, wird niemals bauen!“. Die Planungen der Königsbrücker Straße sind konzeptionell aus den 2000er Jahren und haben die Maximierung der Anzahl und der Geschwindigkeit der Autos als oberstes Planungsziel. Auf 60 Prozent der Strecke würde die Straße von heute zehn Metern auf fast 18 Meter verbreitert werden. Hierdurch würden alle Bäume, außer der Flatterulme K49, gefällt werden müssen – 121 z.T. sehr große und prächtige Bäume müssten fallen. Wenn uns das Mikroklima in der Neustadt wichtig ist und wir die Verkehrswende ernst nehmen, dürfen wir dies nicht zulassen. Ich werde die aktuellen Planungen stoppen und die Königsbrücker im Bestand sanieren. Am Beispiel der Bautzner Straße (ab Martin-Luther-Straße Richtung Osten) sieht man, dass Planung und Bau innerhalb von zwei Jahren machbar ist.

Digitalisierung – gibt es Bürgeranliegen, die nicht einfach und digital erledigt werden können? Was wollen Sie hier in den kommenden sieben Jahren bewegen?

Es gibt momentan so gut wie keine Bürgeranliegen, die einfach und digital erledigt werden können. Dies muss anderes werden! Da hierbei viele persönliche Daten anfallen, müssen wir gleichzeitig aber auch darauf achten, dass die Kommunikation mit der Stadt sicher ist. Momentan gibt es keine Möglichkeit, der Stadt eine verschlüsselte E-Mail zu schreiben. Dies ist fahrlässig und muss anders werden.

Bei allen Vorgängen ist aber darauf zu achten, dass neben der digitalen Kommunikation auch immer noch ein analoges Pendant (Anruf, Amt, Formular) angeboten wird. Ansonsten schließen wir alle Menschen ohne Internet aus.

Schiefe Ecke

Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Stadtverwaltung im Dezember aufgefordert, „geeignete polizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der den Schutz der Nachtruhe bezweckenden Verbote ihrer Polizeiverordnung vom 25. Januar 2018 zu ergreifen“. Es geht konkret um die Kreuzung Rothenburger, Louisen-, Görlitzer Straße. Welche Maßnahmen sollten Ihrer Ansicht von Seiten der Stadt unternommen werden?

Wir haben schon Maßnahmen ergriffen. So sind in 2021 mit Einführung der „Nachtschlichter“ die lauten Verstärker verschwunden und keine Straßenbahn musste mehr umgeleitet werden. Auch werden die wiedereröffneten Clubs und Kneipen in diesem Sommer die Situation entspannen. Sich in der Neustadt austobender Partytourismus muss am Eck nicht sein – aber Alkoholkonsumverbote und Alkoholverkaufsverbote lehne ich ab. Sie schränken die Freiheit friedlicher Neustädter*innen ein und führen nur zu Verdrängungseffekten an andere Stellen (z.B. Martin-Luther-Platz, Alaunplatz, Hechtviertel, Hauptstraße).

Vielen Dank für Ihre Antworten.

 

 

2 Meinungen zu “OB-Kandidat Martin Schulte-Wissermann: Radverkehrskonzept umsetzen – Punkt!

  1. Hr. Lehmann sagt:

    Von wann ist das Foto?

  2. Der mit dem Wolf tanzt sagt:

    ….unwählbar der Mann.
    Verquere einseitige Ansichten.