Neuländer Strasse

Brendler’s Geschichten: Weinberge waren Namensgeber für die Neuländer Straße

Laut „Namenbuch der Straßen und Plätze Dresdens“, verfasst 1905 vom sächsischen Lehrer und Heimatforscher Karl Adolf Hantzsch (1841-1920), war die Neuländer Straße „….früher ein fiskalischer Forstwirtschaftsweg auf Trachauer Flurgrenze, oberhalb der an der Schützenhofstraße gelegenen Weinberggrundstücke, ab 1903 Forstweg genannt“. Und weiter: Die Neuländer Straße „… erhielt 1905 die jetzige Benennung, weil die Weinberge, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Trachauer Bauern auf neu gerodetem Land angelegt waren, Neuländer Weinberge hießen“.

Der nördlich der Schützenhofstraße verlaufende Forstweg, Teil der Stadtgrenze, erhielt 1905 den Namen Neuländer Straße. Quelle: Archiv K. Brendler (Stadtkarte „Dresden 1903“)

Der Rat zu Dresden veröffentlichte am 30. März 1905 zur Namensgebung folgende Bekanntmachung: „Mit allerhöchster Genehmigung hat der Rat beschlossen, den ehemaligen Forstwirtschaftsweg, welcher entlang der Stadtgrenze gelegen ist und von der Geblerstraße (so benannt 1896, KB) nach der Dahlener Straße führt, Neuländer Straße zu nennen.“ Von 1897 bis 1912 trug die Großenhainer Straße zwischen Döbelner und Neuländer Straße den Namen Dahlener Straße.

Der Straßenname ist also auf das „neue Land“ zurückzuführen, das die Bauern der Amtsgemeinde Trachau mit kurfürstlicher Erlaubnis und gegen Zinszahlung ab 1661 durch Rodung der Hänge zwischen Großenhainer Straße und heutigem Baumwiesenweg vor allem für den Weinbau gewonnen hatten.

Maria-Kirch-Straße: Mit dem Bau der acht Eigentumshäuser hatte ein Unternehmen aus Baden-Württemberg 2015/16 begonnen. Foto: K. Brendler

Von der Neuländer Straße, deren grundhafte Sanierung nach den Arbeiten am Industriesammler Nord erfolgen soll, zweigen fünf nicht durchführende Straßen ab. Sie tragen die Namen der Mitbegründer des Dresdner „Allgemeinen Mietbewohnervereins“ Dr. phil. Johannes Rahn (1850-1915) und Rechtsanwalt Franz Emil Schedlich (1847-1890) sowie die der Naturwissenschaftler Galileo Galilei (1564-1642) und Leonhard Euler (1707-1783). Eine erst in jüngster Zeit angelegte Straße erhielt 2017 den Namen der Astronomin Maria Margaretha Kirch (1670-1720).

Neuländer Straße Nr. 29: Umsiedler- und Flüchtlingskinder im Lager (Sommer 1945) Foto: SLUB / Deutsche Fotothek

In der Neuländer Straße, deren Waldbestände als Flächennaturdenkmal ausgewiesen sind, wurde auch ein Stück „jüngere“ Dresdner Stadtgeschichte geschrieben. So befand sich hier die im Winter 1936/37 errichtete „Lehrbaustelle Sachsen der Wirtschaftsgruppe Bauindustrie“. Von 1941 bis 1945 von der Zeiss-Ikon AG als Fremdarbeiterlager genutzt, war sie vom August 1945 bis zum März des Folgejahre eines der Dresdner Flüchtlings- und Umsiedlerlager. Heute hat hier Bau Bildung Sachsen e. V., der „Komplettanbieter Nr. 1 für Bildung rund um den Bau im Freistaat Sachsen“ seinen Dresdner Standort.

Neuländer Straße Nr. 60: Von 1945 bis 1954 befand sich in diesen Gebäuden das von Dr. Hanns Büschelberger (1909-1984) geleitete städtische Krankenhaus. Foto: K. Brendler

Im Grundstück Neuländer Straße Nr. 60, wo seit 1991 das Landeskriminalamt Sachsen, das Landesamt für Verfassungsschutz und das Polizeiverwaltungsamt untergebracht sind, wurde Ende der 1930er Jahre eine Kaserne der NS-Ordnungspolizei (Mannschaftsunterkunft und Wirtschaftsgebäude) errichtet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war darin ab Oktober 1945 das städtische Krankenhaus für Unfallgeschädigte und Körperbehinderte untergebracht. 1954 erfolgt dessen Verlegung in die inzwischen erbaute Klinik im Krankenhaus Dresden-Johannstadt. In den Folgejahren entstanden im Grundstück in der Neuländer Straße Nr. 60 Verwaltungs- und andere Funktionsgebäude, die von der Unterführerschule (bis 1985) und der Offiziershochschule (bis 1989/90) des Ministeriums des Innern der DDR genutzt wurden.

Neuländer Straße Nr.1-5: Der Waldspielplatz war nach grundliegender Umgestaltung am 18. September 2020 wieder eröffnet worden. Foto: K. Brendler

Eng verbunden mit der Neuländer Straße sind der schon seit Jahrzehnten beliebte, von den Kindern auch „Holzi“ genannte Waldspielplatz und die unmittelbar daneben in den 1970er Jahren angelegte Sportanlage, die allen Bürgern für sportliche Betätigung frei zur Verfügung steht. Parallel zur Neuländer Straße verläuft ein Teilstück der im Dezember 1937 übergebenen Autobahn, die nach 1990 im Rahmen des „Verkehrsprojektes Deutsche Einheit“ komplett erneuert wurde.

Brendler’s Geschichten ist eine Serie, in der Klaus Brendler für das Onlinejournal Pieschen Aktuell in loser Folge an Orte, Ereignisse und Personen im Stadtbezirk Pieschen erinnert. Der Stadtteilhistoriker und Autor ist Vorsitzender des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und Leiter der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“. Er lebt in Dresden-Trachau.
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Eine Meinung zu “Brendler’s Geschichten: Weinberge waren Namensgeber für die Neuländer Straße

  1. Lieben Dank für Eure lokale Chronik, besonders an Klaus Brendler, der für gründliche Recherchen sorgt. Ich wohnte in meiner Kindheit und Jugend in Trachau, hatte dort meine Freundinnen und Klassenkameraden, mit denen ich lange in Kontakt war. Auf der Neuländer z.B. wohnte ein sehr geschätzter Orthopäde, mit dessen Sohn ich dann in die Oberschule ging. Eine andere Freundin besuchten wir über die Weinbergtreppe, die zwischen den Häusern der Schützenhofstraße und der Neuländer bergauf führte. Zur Schule ging ich von Klasse 2 bis 8 in die Cottbusser/Aachener Straße, damals noch mit ABF teilweise belegt. In der Turnhalle fanden die TBC Tests und Impfungen statt. Wenn ich mich nicht täusche, waren meine Schwester und ich einmal auf der Neuländer in den Baracken, um Typhusläuse zu „bekämpfen“. Krankheiten wurden sehr ernst genommen und niemand häötte auf Impfangebote geschimpft. Das Elend und der Tod hatten noch ein Gesicht.

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