Nach Selbstverbrennung – Trauerfeier für Halil Şen in der Oschatzer Straße

Mehr als 200 Menschen haben sich heute auf der Oschatzer Straße versammelt, um sich von Halil Şen zu verabschieden. Er war am 12. Februar an den Folgen einer Selbstverbrennung gestorben. Initiatoren der Trauerfeier waren der Dresdner Verein deutsch kurdischer Begegnungen e.V., das Ortskomitee Dresden von Women Defend Rojava und die Initiative für Frieden in Kurdistan. In einer gemeinsamen Presseerklärung heißt es: „Wir wünschen uns, dass die Selbstverbrennungsaktion von Halil Şen die letzte ihrer Art sein wird und hoffen, sie führt dazu, dass die deutsche Bundesregierung ihre politische und wirtschaftliche Unterstützung für die Türkei überdenkt, ihre Beziehungen entsprechend der Maßstäbe von Demokratie, Frieden und Menschenrechte auslegt und sich für eine politische Lösung der kurdischen Frage
einsetzt.“

In der Erklärung wird aus einem Abschiedsbrief von Halil Şen zitiert. „Die Isolation gegen Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali dauert an. Seit Monaten dringt kein Lebenszeichen des Volksrepräsentanten an die Öffentlichkeit. Weder seinen Anwälten noch seiner Familie wird der Kontakt ermöglicht. Zwar gibt es dagegen Reaktionen und Aktivitäten, aber das reicht nicht aus. (…) Die jungen Menschen dieses Volkes, dem Anerkennung gebührt, befinden sich seit 45 Tagen unter den schwierigsten Bedingungen im Hungerstreik, um eine Nachricht von Öcalan zu erhalten. Tausende kurdische Frauen sind im Gefängnis. Dagegen rebelliere ich.“ Der letzte Akt dieses Protestes war die Selbstverbrennung hinter dem Sächsischen Landtag.

Polizeibeamte sicherten an der Bürgerstraße und der Konkordienstraße die angemeldete Veranstaltung. Foto: W. Schenk

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Nach mehreren Reden konnten sich die Versammelten am aufgebahrten Sarg von dem Toten verabschieden. Die Beisetzung wird in der Türkei erfolgen. Halil Şen wurde dort 1971 in Dih bei Sêrt (tr. Siirt) geboren. Im Jahre 1993 sei das Dorf seiner Familie, die sich der kurdischen Freiheitsbewegung verbunden fühlte, durch die Armee des türkischen Staates zerstört und verbrannt worden, heißt es in der Pressemitteilung. Seit 1996 lebte Halil Şen in Deutschland, zuletzt in Dresden-Briesnitz.

Der 49-Jährige, der nach Aussagen seiner Bekannten keine Familie und keine Kinder hatte, habe bei den Kurden in Dresden von Anfang an versucht, neue Anhänger für den PKK-Anführer Öcalan zu werben, heißt es in einem Bericht auf saechsische.de . Dabei sei er zu weit gegangen, habe ihm im Januar 2011 das Landgericht Dresden bescheinigt. Damals wurde Halil S. zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte fast 20.000 Euro für die PKK und ihre Folgeorganisationen gesammelt und als Verantwortlicher für den Raum Dresden auch Zeitschriften oder Eintrittskarten für Veranstaltungen der illegalen Organisationen vertrieben. Dabei war er Wiederholungstäter, denn er war bereits mehrfach einschlägig vorbestraft. Die PKK ist in Deutschland seit Ende 1993 als terroristische Vereinigung verboten.

Während der Trauerfeier war die Oschatzer Straße im Abschnitt zwischen Konkordienstraße und Bürgerstraße gesperrt. An beiden Seiten sicherten mehrere Polizeifahrzeuge die bei der Versammlungsbehörde der Stadt unter dem Thema „Trauerkundgebung zum Abschied von Halil Sen“ angemeldete Veranstaltung.

3 Meinungen zu “Nach Selbstverbrennung – Trauerfeier für Halil Şen in der Oschatzer Straße

  1. Die Kurden wollen als freies Volk in einem eigenen Staat leben, Was ist daran falsch? Im Nordirak haben sie zumindest ein autonomes Gebiet mit westlichem Segen. Warum dürfen sie das im NATO-Land Türkei nicht, wo diese doch die Freiheit und Menschenrechte auf ihre Fahnen geschrieben hat.
    Wer wissen will, wie „die Türken“ über ihre kurdischen Mitbürger denken, dem empfehle ich einen Besuch abseits der Touristenpfade.

    PS Nelson Mandela und der ANC waren auch mal die schlimmsten Terroristen der Welt….

  2. Anja Osiander sagt:

    Mein Beileid für Halil Sen. Ich kenne einige Mitglieder des deutsch-kurdischen Vereins gut. Ich kenne ihre Geschichten von den Vertreibungsaktionen des türkischen Militärs in den 1990er Jahren in den kurdischen Dörfern im Osten der heutigen Türkei. Dort geschah massives Unrecht. Es ist bis heute nicht gesühnt. Im Gegenteil: Das Unrecht setzt sich fort.
    Von einer Behandlung, wie die Sorben sie hier in Sachsen erleben, können die Kurden dort nur bitter träumen. Dort gibt es immer neu befeuerten Haß, Willkür, Gewalt, Verfolgung, Mord. Kein Rechtsstaat, keine Anerkennung oder gar Förderung von Sprache und Kultur, keine kommunale Selbstbestimmung.
    Versöhnung tut not. Dafür braucht es auch Gerechtigkeit.
    Meine Gedanken sind bei den Trauernden.

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