Mit einem persönlichen Dank für fünf Jahre ehrenamtliche Mitarbeit im Stadtbezirksbeirat hat sich Christian Wintrich, Leiter der Stadtbezirksamtes, gestern Abend von den Stadtbezirksbeiräten verabschiedet. In den vergangenen fünf Jahren hatten sie knapp einhundert Vorlagen beraten und abgestimmt, erinnert er und nannte 135 Stunden als reine Sitzungszeit. Nach dem offiziellen Ende der letzten Sitzung des Beirates – trotz Urlaubszeit waren 17 der 19 Beiräte oder deren Vertreter anwesend – war im Bürgersaal des Rathauses Pieschen noch Zeit für ein Glas Sekt und Gespräche, die später im Biergarten fortgesetzt wurden.
Mindestens sechs Stadtbezirksbeiräte wird Wintrich bei der Konstituierung des neu gewählten Stadtbezirksbeirates am 10. September wiedersehen. Sie hatten sich bei der Kommunalwahl am 25. Mai durchsetzen können. Weitere Kandidaten könnten noch nachrücken, wenn zum Beispiel bei den Grünen (Kati Bischoffberger), den Linken (Pia Barkow), der SPD (Stefan Engel) und bei der AfD (Alexander Wiedemann) gewählte Mitglieder des Stadtbezirksbeirates ihr Mandat nicht antreten, weil sie auch in den Stadtrat gewählt wurden. Dennoch werden überwiegend neue Gesichter die erste Sitzung im Bürgersaal prägen.
Förderung für Stadtteilfonds und Stadtteilbeirat
Vor dem Sekt stand jedoch noch einmal ein hartes Stück Arbeit. Nach den aktuellen Informationen der Drewag über den Fortgang der Arbeiten an der Fernwärmetrasse wurden drei Anträge auf Projektförderung beraten. Dabei entspann sich eine längere Debatte um die Bereitstellung von Fördergeldern für einen Stadtteilfonds. Heidi Geiler, Vorsitzende des Vereins Pro Pieschen, hatte das Projekt ausführlich vorgestellt. Die Stadtteile Pieschen-Süd und Mickten nehmen an einem bundesweiten Modellprojekt zur Förderung der Bürgerbeteiligung teil. Dabei sollen Initiativen aus der Bürgerschaft finanziell unterstützt werden. Ein Stadtteilbeirat entscheidet über die Vergabe der Mittel. Dieser war im Juli gewählt worden. Der Verein Pro Pieschen berät die Antragsteller und den Stadtteilbeirat, ohne dort selbst eine Stimme zu haben. 20.800 Euro sollen auf diesem Wege an Initiativen von einzelnen Bürgern, losen Zusammenschlüssen oder Vereinen ausgegeben werden.
Vorausgegangen war ein mehrjähriger Auswahlprozess auf Bundesebene im Rahmen des Programms Zukunftsstadt, das 2015 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiiert worden war. Fünf Projekte aus Dresden, darunter auch die Stadtteilfonds für die Johannstadt und Pieschen-Süd/Mickten setzten sich letztlich im Wettbewerb unter 51 Städten durch. Die Bundesmittel sind jedoch begrenzt. Die Fördergelder für die Stadtteilfonds selbst werden daraus nicht finanziert. Das jedoch wurde erst recht spät bekannt.
Damit hatten einige Stadtbezirksbeiräte ihre Sorgen, mehrfach wurden die „Bauchschmerzen“ in den Redebeiträgen bemüht. Christoph Böhm (CDU) fand anerkennende Worte für das Engagement der Beteiligten, kritisierte aber den späten Zeitpunkt, zu dem der Stadtbezirksbeirat mit ins Boot geholt worden ist. Schwierig sei für ihn auch, dass man dem neu gewählten Stadtbezirksbeirat bei der Mittelvergabe nun vorgreifen werde. Er plädierte für eine Verschiebung der Entscheidung. Dem widersprach Thomas Bergmann (FDP). „Solange wir im Amt sind, sollten wir auch entscheiden und nicht vertagen“, betonte er. Thomas Sawatzki (Grüne) findet die Idee des Stadtteilfonds und des Stadtteilbeirates gut, weil sie aus seiner Sicht dazu beträgt, „näher an die Basis zu kommen“. Es habe keine Sorge, dass das Projekt scheitern könnte. Für Tassilo Langner (CDU) wäre es ausreichend, wenn sich der Verein Pro Pieschen um Antragsteller für Projekte im Stadtbezirk kümmern würde und diese berät, damit im Stadtbezirksbeirat dann über die Anträge entschieden werden könne. Joachim Adolphi (Linke) sieht dagegen eine gute Chance, den Stadtbezirksbeiräten die Arbeit zu erleichtern. Viele kleinteilige Förderanträge würden dann gar nicht erst auf die Tagesordnung im Rathaus kommen. „Niederschwellige, nicht an Parteien gebundene, Angebote an die Bürger sind wichtig“, betonte Christian Helms (Grüne). Auch Stefan Engel (SPD) bemühte die „Bauchschmerzen“. Offensichtlich unterstütze die Stadtverwaltung den gesamten Prozess, sagte er. Er verwies darauf, dass es auch im Stadtbezirksbeirat ausreichend Sachverstand gebe, um über Projektförderungen zu entscheiden. Letztlich sprach er sich jedoch dafür aus, dem „Stadtteilfonds eine Chance zu geben“. Mit einem engagierten Plädoyer hatte Matthias Kunert, der in der Johannstadt bereits gute Erfahrungen mit dem Stadtteilfonds gesammelt hat, als Gast für Zustimmung bei den Pieschener Stadtbezirksbeiräten geworben.
9 Ja-Stimmen, 5 mal Nein bei zwei Enthaltungen ließen Pro-Pieschen-Vereinsvorsitzende Heidi Geiler und ihre Mitstreiter, die als Gäste anwesend waren, am Ende der kontroversen Debatte sichtlich aufatmen.
Votum für Veranstaltungskalender
Die Stadtbezirksbeiräte befürworteten zudem die Förderung der Jubiläumsveranstaltung „DU-ICH-WIR – 20 Jahre IN VIA Dresden für alle“ mit 1.000 Euro. „Mit dem Mädchen- und Familientreff LUCY und verschiedenen Schulsozialarbeitsprojekten sind wir seit dem Jahr 2000 im Stadtteil Dresden-Pieschen eine etablierte Institution“, heißt es in dem Förderantrag.
Einstimmig sprachen sich die Stadtbezirksbeiräte für die Förderung des Projektes „Veranstaltungskalender für den Stadtbezirk Pieschen“ aus und bewilligte dafür 8.000 Euro. Die Initiative Stadtteilleben hat sich zum Ziel gesetzt, mit einer Veranstaltungsplattform Akteure aller Altersgruppen in Vereinen, politischen Parteien, Bürgerinitiativen und kommunalen Einrichtungen besser miteinander vernetzen. Der Wunsch nach einem entsprechenden Angebot war auch im Bürgerforum Stadtteilkultur (Juli 2017) in Pieschen als wichtiges Instrument für eine Verbesserung der Kommunikation formuliert worden, heißt es in dem Antrag.
(Transparenzhinweis: Sprecher der Initiative ist Winfried Schenk, Herausgeber des Onlinejournals Pieschen Aktuell. Die beantragten Fördergelder sind überwiegend für die Programmierung des Veranstaltungskalenders durch einen externen Entwickler und für die Bezahlung von Honorarkräften für die Datenpflege geplant.)
350.000 Euro für Projekte noch nicht verplant
Der Stadtbezirksbeirat hat in diesem Jahr erstmal die Möglichkeit, Projekte im Stadtbezirk zu unterstützen. Dafür stehen 535.500 Euro zur Verfügung. Die Mittel können für die Förderung von Vereinen, die Pflege des Ortsbildes oder für die Durchführung von Veranstaltungen und Stadtteilfesten und die Traditionspflege verwendet werden. Sie können aber auch für die Pflege und Instandsetzung von Park- und Grünanlagen eingesetzt werden.
Bisher bewilligte der Stadtbezirksbeirat 185.572 Euro. Davon gingen 52.172 Euro an neun Vereine und Initiativen. Den Großteil der Mittel sicherte sich das Amt für Stadtgrün und Abfallwirtschaft für das Pflanzen neuer Bäume und das Aufstellen von sechs Bänken. Die Vergabe der verbliebenen rund 350.000 Euro liegt in den Händen des neu gewählten Stadtbezirksbeirates. Er hat dafür jedoch nur knapp vier Monate Zeit. Nicht verbrauchte Gelder können nicht ins nächste Jahr übertragen werden und gehen zurück an den Stadthaushalt.