Anke Uhlig erinnert sich an den Tag der Eröffnung der Hebammenpraxis Altpieschen, als wäre es gestern gewesen. Gemeinsam mit Doreen Karkola ist sie Gründungsmitglied der mittlerweile fünf Frauen starken Praxis. „Ohne die Hilfe von Freunden, Partnern und Familie hätten wir das nicht geschafft.“ Der 21. September wurde als Stichtag und Jubiläum festgelegt. Das darf gefeiert werden!
„Es roch noch nach frischer Farbe, als wir die ersten Kurse gaben“, erinnert sich Anke Uhlig. In den ersten Räumen wurden bereits Klientinnen empfangen, während andere noch im Bau-Chaos versanken. Zur Eröffnung steuerten die Gäste IKEA-Gutscheine, Pflanzen, Lampen, Möbel und vor allem eines bei: Kuchen über Kuchen. So wurde die Praxis nach den Prinzipien eröffnet, denen sie heute noch treu ist: gegenseitige Hilfe, Austausch, Teilhabe zum Zwecke eines Ortes, in dem das wichtigste im Fokus steht. Der Mensch und seine Menschlichkeit.
„Für mich ist dieser Ort ein Kleinod“, sagt Anke Uhlig, die neben der Arbeit in der Hebammenpraxis auch als Hebamme in einer großen Klinik arbeitet. Als nahezu maschinellen Ablauf beschreibt sie die dort viel zu oft standardisiert ablaufenden Prozesse. ÄrztInnen und Schwangere leiden gleichermaßen unter dem Zeitdruck. Das Krankenhaus als wirtschaftlicher Betrieb? Für Anke Uhlig und ihre Kolleginnen ein Widerspruch zum Ethos ihres Berufes.
„Bei einer Vorstellungsrunde zu Beginn eines Kurses fiel mir auf, wie häufig das Wort Angst fiel“, erzählt Anke Uhlig. Frauen seien oft verunsichert von den Befunden und Aussagen der Mediziner und bräuchten mehr Zuspruch, Zuhören, Zuwendung, kurzum Zeit, um sich in ihren neuen Umstand einzufinden. Frauen würden gerade am Anfang mit einer Vielzahl an Tests und Untersuchungen, den sogenannten IGeL-Leistungen, überfordert. Anke Uhlig als Protagonistin zwischen den Welten weiß um die Schwierigkeiten. Sie beobachtet, wie die Schwangerschaft zu einem klinischen Behandlungfall wird, anstatt als natürliches, freudiges Ereignis wahrgenommen zu werden. Ihre große Hoffnung ist eine bessere interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Hebammen und Ärzteschaft.
Ein Beispiel für ein professionelles Miteinander und Ergänzung von Spezialisierungen ist die Hebammenpraxis Altpieschen allemal. Hier werden die schwangeren Frauen mit ihren Problemen im positivsten Wortsinne „herum gereicht“. Eine Hebamme kennt sich mit Akupunktur aus, die andere hat sich auf das Stillen spezialisiert, die eine widmet sich lieber leidenschaftlich der Wochenbettpflege, die andere den Eltern-Kind-Kursen. „Jeder macht das, was er liebt und am besten kann“, erklärt Anke Uhlig. Aus diesem Elan entspringt die Energie, die auf die Klientinnen übergeht.
Auch für das Fest kamen Synergieeffekte zum Tragen: Änne Stange von der „Gemüsetorte“, die während ihrer Schwangerschaft vom Team betreut wurde, übernahm gern das Catering. Kontakte und deren Pflege sind Grundkonstanten, die der Hebammenberuf mit sich bringt. „Ich habe eine Familie“, erzählt Anke Uhlig, „dort habe ich allen vier Kindern auf die Welt geholfen.“ Das verbindet – über Jahre. Von den wichtigsten Etappen der Kinder erreichen Anke Grußworte nach dem Motto: Sieh mal, was dein Kind so treibt. Das ist bewegend und zeugt vom emotionalen Stellenwert der Hebammen und ihrer Arbeit.
Der Traum von der räumlichen Erweiterung, die für das vergangene Jahr geplant war, zerplatzte an den gespitzten Bleistiften der Bürokratie. Ihren adretten Standort mit den Bleiglasfenstern wollen die Frauen nicht aufgeben – so muss die Raumnutzung in der Praxis eben genauestens geplant werden, manchmal im Viertelstundentakt.
Ein Hinweis ist Anke Uhlig zum Abschluss wichtig. Der Hebammenmangel in Sachsen ist eklatant. Nicht jeder Frau findet eine freie Hebamme zur Betreuung ihrer Schwangerschaft. Wo es noch Kapazitäten im Postleitzahlengebiet gibt, verrät das Hebammennetzwerk Sachsen.
Pieschen Aktuell schließt sich allen guten Wünschen an. Auf die nächsten zehn!
Altpieschen 17
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