„Hier finden Sie das passende Fahrrad, den entsprechenden Service in der Fachwerkstatt, alle notwendigen Ersatzteile und Zubehör.“ Das verspricht die 2012 gegründete Firma „Elberad“ all denen, die das Fahrrad als umweltfreundliches Fortbewegungsmittel für sich entdeckt haben. Im Jahre 2009 hatte die kleine Firma, damals noch „Fahrrad Riemer“, ihrem langjährigen Standort auf der Trachauer Geblerstraße den Rücken gekehrt und war in Richtung Pieschen gezogen. Bevor sie 2015 den Sitz endgültig auf die Bürgerstraße Nr.38/40 verlegte, wo „Puppen-Langner“ 121 Jahre lang eine stadtweit gefragte Adresse war, wurden zunächst im Haus Oschatzer Straße Nr. 19/21 Fahrräder verkauft und solche auch repariert.

Geblerstraße Nr. 4 in einer Aufnahme von 2008. Firmensitz vom Gründungsjahr an bis zum Umzug nach Pieschen. Foto: K. Brendler
„Elberad“, ein Unternehmen in dritter Generation, kann auf eine sehr lange Tradition verweisen. Im September dieses Jahres wurde 85. Geburtstag gefeiert. Angefangen hat die Geschichte, als der aus der Gegend um Magdeburg stammende und seit 1915 auf der Rabener Straße in der Dresdner Südvorstadt wohnende Werkmeister Gustav Julius Edwin Börsch 1928 ein kleines Haus nebst Garten in der Geblerstraße in Trachau erwarb. Es war im Jahre 1892 vom Zimmerer Conrad Georg erbaut worden.

Eine Zapfsäule gab es an der in den 1960er Jahren verlegten Haltestelle mindestens bis 1945, das Li-iL Werk wurde 2007 abgerissen und daselbst ein Neubau errichtet. Das Foto wurde Anfang der 1930er Jahre gemacht. Quelle: Archiv Brendler
Dem Haus gegenüber befand sich in Richtung Radebeul damals auch eine Haltestelle der Dresdner Straßenbahn. Direkt daneben stand das Firmengebäude des Li-iL Werkes, bis 1920 Balletablissement „Waldvilla“. Dieses einst sehr beliebte Restaurant hatte 1875/76 der Seifensiedemeister und Namensgeber der Straße, Johann Heinrich Gebler (1817-1879), im Auftrage seines Sohnes, des Hauptmannes a.D. Samuel Heinrich Alwin Gebler (1846-1919), errichten lassen.
An der Haltestelle war bis 1945 für Straßenbahnbenutzer die Tarifgrenze festgelegt, das heißt, die Fahrgäste mussten hier Geld nachzahlen. Um diese Nachlösegebühr zu sparen, benutzten viele „Radebeuler“ bis zur Geblerstraße ihre Fahrräder. Bei Familie Börsch konnte man sie im Hofe unterstellen und wusste sie für einen kleinen Geldbetrag bei Sohn Bernhard Börsch (1907-1979) in guten Händen.

Bauplatz der Großsiedlung Trachau (1931/32). Blick von der Schützenhofstraße auf die Hauszeilen der Kopernikusstraße. Quelle: Archiv Brendler
In den Jahren 1928/29 begann unweit der Geblerstraße mit dem ersten Spatenstich das große Bauen auf freiem Feld -die Großsiedlung Trachau entstand. Neben mittleren und kleinen Baufirmen waren auch Maurer, Zimmerleute und Hilfskräfte aus den Dörfern Wilschdorf, Boxdorf und Reichenberg auf dem Großbauplatz beschäftigt. Da diese in den meisten Fällen mit dem Fahrrad zur Baustelle fuhren, nutzten sie die angebotene Fahrradaufbewahrung bei dem damals arbeitslosen Bernhard Börsch. Und waren kleinere Reparaturen an den Rädern durchzuführen, dann bewerkstelligte sie der gelernte Werkzeugmacher. Als Gegenleistung zeigten sich die „Dörfler“ mal mit einem Körbchen Erdbeeren, mal mit ein paar Stangen Spargel und anderem erkenntlich.
1932 hatte Bernhard Börsch das Fahrrad-Reparatur-Gewerbe angemeldet und nach Erhalt der Genehmigung am 2. September 1932 ein Fahrradgeschäft mit Werkstatt gegründet. Die noch bis Anfang 2009 genutzte Werkstatt im Hof des Grundstücks entstand in der Folgezeit bis 1937. „Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er in Kooperation mit volkseigenen Betrieben, es wurden Muttern und Drehteile hergestellt. Die Firma war Vertragswerkstatt der volkseigenen Fahrradwerke Diamant und MIFA“, heißt es auf der aktuellen Firmen-Webseite.
Irene Riemer, seine Tochter, sozusagen mit Fahrrädern aufgewachsen, hatte nach dem Besuch der Trachauer Volks- bzw. Grundschule beim Vater den Beruf des Mechanikers erlernt und danach mit ihm in der Werkstatt an der Geblerstraße gearbeitet. Nach seinem plötzlichen Tod übernahm sie 1979 Fahrradverkauf und Reparatur und aus „Fahrrad Börsch“ wurde „Fahrrad Riemer“. 2005 legte sie die Geschicke der kleinen Firma in die Hände ihrer Kinder.

Sylvia Kürth und Frank Riemer haben das Geschäft übernommen und sind 2015 in Bürgerstraße umgezogen. Inzwischen ist Sylvia Kürth allein die Chefin. Foto: W. Schenk
In den Jahren bis 1990, so erzählte mir Irene Riemer, habe es in den Stadtteilen des heutigen Ortsamtes Pieschen eine ganze Reihe von Fahrradreparaturen gegeben. In Alttrachau war es Bruno Meixner und an der Kaditzer Peschelstraße Hugo Hübler, der schon hochbetagt bis 1983 sein Gewerbe ausgeübt hatte. Sie kennt auch noch „Fahrrad-Richter“ aus der Wüllnerstraße, den sie „Gagen-Richter“ nannten, weil auf seinem Hof ein Taubenschlag stand. Bekannte und gefragte Fahrradreparaturen waren u.a. auch „Fahrrad-Müller“ auf der Leipziger Straße, „Fahrrad-Hänisch“ auf der Bürgerstraße und „Nitsche-Fahrradreparatur“ am Straßenbahnhof Mickten.
Heutzutage findet man im Ortsamtbereich Pieschen bei „Elberad“, „Little John Bikes“, „Der Fahrradspezialist“ sowie bei „Fahrrad XXL“ entsprechende Hilfe, wenn mal „die Luft raus, die Kette gerissen oder der Lenker locker“ ist.

Ein Kommentar zu “Brendler’s Geschichten: Wenn die Luft raus, die Kette gerissen oder der Lenker locker ist”
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Als kkeiner Junge hatt Irene Riemer mir immer mal das Rad repariert..da ich es vom Taschengeld zahlte hat sie mir auch oft nur das nötige Werkzeug gegeben und mir gesagt wie es geht…das war ne Tolle Omi..so haben wir jungs die immer genant..Omi Riemer…haha..das waren Zeiten.