Helena pflückt liebevoll ein paar lila, gelbe und rote Veilchen und legt sie behutsam auf ein Stück Kuchen. „Die kann man essen – wie eigentlich alles hier“, sagt sie. Helena ist Mitte Zwanzig, macht gerade einen Bundesfreiwilligendienst in der Alten Gärtnerei. „Die Arbeit hier macht einfach richtig Spaß!“, meint sie, während sie Hafermilch aufschäumt und den Schaum dann in frisch zubereiteten Kaffee schweben lässt. Wenn man hingehen will, wo der Pfeffer wächst, dann geht man bestenfalls in die „Alte Gärtnerei“. Die mit Rindenmulch bedeckten Wege leiten einen dann von Felsenbirnenstrauch über Ananas-Minze hin zu Schwarzkohl-Blättern, Maibeere oder zum Sechuan-Pfeffer. Hier mal eine Beere naschen, dort ein Kräutlein zuppeln – das ist hier erlaubt, ja sogar erwünscht.

Im Gartencafé gibt’s veganen, teilweise auch glutenfreien Kuchen und Bio-Segelkaffee.
Begegnungsort, Bildungsgärtnerei und Pflanzenverkauf
Die „Alte Gärtnerei“ ist ein Begegnungsort, der Natur erlebbar macht und neben dem Gartencafé auch Events und Workshops veranstaltet. „Im Vergleich zu vielen anderen Gärtnereien verkaufen wir keine klassischen Gemüsepflanzen, sondern mehrjährige, essbare und winterharte Kräuter, Stauden und essbare Obstgehölze.“, erklärt Franz, leitender Gärtner, dessen Kleinkind munter zwischen Beeten und Strohballenspielplatz hin- und hertollt. „Wir verfolgen das Ziel, die Stadt grüner und essbarer zu machen.“ Gegärtnert wird daher komplett pestizidfrei, der Dünger kommt vom Pieschener Erlebnisspielplatz „Eselnest“. „Wir haben besonders Raritäten, Sortenerhalt und Sortenvielfalt im Blick“, meint Franz. Pflanzen werden in einem großen Gewächshaus vermehrt, wo sie dann gedeihen. Dabei kommen klima- und umweltfreundliche Methoden zum Einsatz. So gibt’s in der „Alten Gärtnerei“ viele mehrjährige Pflanzen, die besonders an das Klima in der Stadt angepasst sind. Auch in Vergessenheit geratene Pflanzenarten werden kultiviert.

„Sortenvielfalt, mehrjährige Pflanzen und auch Raritäten zu kultivieren, ist uns wichtig“, so Helena.

Die ehemaligen Gewächshäuser der Gärtnerei Nitzsche warten noch auf Reaktivierung.
„Alte Gärtnerei Dresden“ auf historischer Gartenbaufläche in Pieschen
Als Projekt des gemeinnützigen Vereins „UFER-Projekte Dresden e.V.“ besteht die „Alte Gärtnerei“ seit 2018. Bereits seit 100 Jahren erfolgt auf dem Areal der Gärtnerei Gartenbau. Ehemals Betriebsgelände der Gärtnerei Nitzsche, hat selbige vor einigen Jahren einen großen Teil der Fläche an die „Alte Gärtnerei“ als Pachtfläche abgetreten – geboren war die Erlebnisgärtnerei. Eine Reihe alter Gewächshäuser stehen als Zeitzeugen noch etwas am Rande des Geschehens, Bäume bahnen sich ihren Weg durch die scheibenlosen Dächer. „Da sind wir gerade dran, die wieder aufzubauen und zu nutzen“, erklärt Helena. Helfende Hände – die Gruppe eines Sozialprojekts – sind hier bereits am Wursteln. Des Weiteren sind auch fleißige Stadtteilbewohner im angrenzenden Gemeinschaftsgarten „Wurzelwerk“ engagiert. Gemütlich summend, zupft dort ein älterer Mann Unkraut. Helena erklärt: „Da können alle mitmachen, die Lust drauf haben“. Garteninteressierte können zur Offenen Gartenzeit jeden Sonnabend vorbeischauen.

Entweder mit Blick aufs „Terrain“ oder behütet, wie unter diesem Maulbeerbaum, können Kaffee und Kuchen genossen werden.
Veganes Café, Naschgarten und Kooperation mit „Melina“
Unter dem liebevoll behütenden Blätterdach des Maulbeerbaums steht einladend eine solide gezimmerte Palettenbank. Hier und da verteilt, zwischen Feigenbäumchen, Ölweide und Kräutern sind Sitzgelegenheiten aufgestellt. In der Sommerzeit öffnet das Team der „Alten Gärtnerei“ nämlich auch zum Gartencafé. „Unser Angebot im Café ist per se vegan“, erklärt Helena. „Manche Kuchen sind sogar glutenfrei.“ Warum?, mag man fragen. Helena entgegnet: „Weil’s schmeckt!“ Und beim Kosten der zart-weißen veganen Sahne auf einem Zitrone-Mohn-Kuchen läuft einem tatsächlich das Wasser im Munde zusammen. Dazu gibt’s Kaffee aus der schicken Siebträgermaschine oder eine frische, selbstgemachte Gartenlimonade. Um eine Kostprobe der berauschenden Pflanzenvielfalt zu naschen, kann man Beeren, Kräuter und Steinobst zu den Öffnungszeiten im Naschgarten pflücken. Auch in verarbeitetem Zustand gibt es die Produkte der Alten Gärtnerei zu kosten. „Ein- bis zweimal pro Woche bekommt das ‚Melina‘ eine Ladung frischer Produkte von uns“, so Helena. In dem Restaurant in der Neustadt entstehen aus den dunklen, marmeladig-süßen Maulbeeren zarte Maulbeertörtchen.

Thomas macht einen Bundesfreiwilligendienst in der Gärtnerei und in deren Marketingbereich.

Blick ins knospende, blühende oder Frucht tragende Pflanzenreich.
Komposttoilette als inspirierendes Örtchen
Wer sich mal die Nase pudern mag, kann zwischen Jungpflanzenverkauf und Beerenselbstpflück-Areal in die barrierefreie Komposttoilette verschwinden. Der dortige Veranstaltungsaushang macht Lust auf mehr von der „Alten Gärtnerei“: Malkurse, Fermentationsworkshop oder Botanik-Führung locken zu erneutem Besuch. Am kommenden Sonnabend findet der Jungpflanzensale statt. Zum Verkauf stehen Jungpflanzen aus eigener Vermehrung – darunter Himbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Feigen, Kräuter, Stauden und einige Raritäten. Auch der leitende Gärtner ist vor Ort und führt durch die botanische Vielfalt der „Alten Gärtnerei“ und gibt Gartentipps. Ein Blick ins Sortiment ist sogar online im Pflanzenkatalog möglich.

In einem alten Schiffscontainer wurde das Gartencafé untergebracht.
Alte Gärtnerei Dresden – Jungpflanzensale am Sonnabend, 12. Juli
- Heidestraße ggü. 21, 01127 Dresden
- Uhrzeit: von 10 bis 18 Uhr
- Zum Pflanzenkatalog: https://ufer-projekte.de/alte-gaertnerei/projekte/jungpflanzen-vermehrung/
- Zusätzlich 1-2 Führungen zum Thema „Botanik & Naschen“ Unser Gärtner Franz bereitet dazu Fakten und Anekdoten zur Botanik, Geschichte und Kulturführung auf. Währenddessen haben alle Teilnehmenden die Gelegenheit zum angeleiteten Naschen und Ausprobieren der unterschiedlichen Pflanzen.
- EC-Zahlung möglich
Alte Gärtnerei – Öffnungszeiten
- Öffnungszeiten Beerenselbstpflücke, Pflanzenverkauf & offener Naschgarten
- von Dienstag bis Donnerstag 9 bis 15 Uhr
- Freitag und Sonnabend von 10 bis 18 Uhr
- Öffnungszeiten Gartencafé
- Freitags von 14 bis 18 Uhr
- Sonnabend von 10 bis 18 Uhr
- Online unter ufer-projekte.de/alte-gaertnerei sowie auf instagram.com/alte.gaertnerei.dresden
Serie: Kleine Unternehmen im Stadtbezirk Pieschen
Jeden Dienstag in Pieschen-Aktuell: Ein Porträt eines kleinen Unternehmens aus dem Stadtbezirk. Wir zeigen die unglaubliche Vielfalt im Stadtviertel, von Übigau bis Trachenberge. Wenn Sie auch einen kleinen Laden in Ihrer Nachbarschaft kennen, den wir gerne mal vorstellen sollen, schreiben Sie uns an redaktion@pieschen-aktuell.de