Leuchtend durchscheint die Frühlingssonne die hellgrünen, knospenden Blätter im Innenhof des verwinkelten Gebäudes auf dem Großenhainer Platz 1b. Eine Schaukel wiegt sich im zarten Mittagswind zwischen zwei Bäumen hin und her. An dem dunkelroten Eingangstor zum „St. Annen Werksalon“ blättert – der Natur ergeben – zarter Rost langsam ab. Durch ein großes Fenster bilden sich im Erdgeschoss schemenhafte Umrisse eines alten Holzschranks heraus. Die Beschriftungen „Nägel, Schrauben“ leuchten in der Sonne bis hinaus auf den Hof.

Goldschmiedemeisterin Anna-Maria Schelle (l.) und Buchbinderin Anne Wehner-Bräunig (r.) haben den „St. Annen Werksalon“ 2018 gegründet.
Einst Bürstenfabrik, nun Werksalon
„Das war hier mal eine Bürstenfabrik“, erklärt die Goldschmiedin Anna-Maria Schelle. Sie ist Goldschmiedemeisterin in der zweiten Generation. Seit 2017 ist sie Inhaberin des „Goldschmiedeatelerier CHELLERI“. Mit der Buchbinderin Anne Wehner-Bräunig hat sie im Folgejahr den „St. Annen Werksalon“ ins Leben gerufen. Seitdem verbinden die „Annen“ ihre jeweiligen Selbstständigkeiten in dem kreativen Werk-und Ausstellungsbereich. Dieser befindet sich, etwas versteckt, in der ersten Etage eines Hinterhauses der ehemaligen Bürstenfabrik.

Handgravierter Goldring. Die Schmiedearbeiten macht Anna-Maria, Handgravuren übernimmt die befreundete Graveurin Anne Földi.
Wie der Vater, so die Tochter
Anna-Maria Schelle hat die Liebe zum Goldschmiedehandwerk von ihrem Vater geerbt. Auf einem Dresden-Weixdorf Bauernhof aufgewachsen, lernt sie die feinen Schmiedeutensilien Amboss, Hämmerchen, Feilen und Sägen früh kennen. Im Jahr 2001 beendet sie die Ausbildung zur Goldschmiedemeisterin, macht sich, wie auch ihr Vater, selbstständig – aber diesmal in Dresden. Die Meisterzeugnisse der Schelles hängen nun stolz an den rohen Ziegelwänden. „Auf dieser Walze wurde ich früher geschaukelt“, meint die Kunsthandwerkerin schmunzelnd.

Blick in die Werkecke. Feilen, Sägen, Hämmerchen sind essentielles Werkzeug für Anna-Maria.

Anna-Maria, vertieft in den Schmiedeprozess. In der runden Vertiefung des Werktisches werden Silber- oder Goldspäne aufgefangen. Foto: Katja Knetschke Fotografie
Fertigung von Auftragsarbeiten und „CHELLERI“-Kollektionen
Doch nicht nur der Tradition halber übt Anna-Maria den handwerklichen Beruf aus. „Aus kunsthistorischer Sicht haben sich Menschen schon immer gern geschmückt“, erzählt sie. „Ich mag die genussvolle, ästhetische Seite des Schmucks, den man sich auch heute einfach mal gönnt“. Auch bei Anna-Maria kann man sich gönnen. Die Inhaberin fertigt feine, hochqualitative Auftragsarbeiten und eigene Kollektionen aus Silber und Gold, manchmal auch Perlen und Edelsteine. Sie zeigt einen Silberring, dessen Schaft extravagant ein edler Hirschkopf krönt. Die eingearbeiteten kleinen Kristalle glitzern verführerisch.
„CHELLERI“ bei der Mailänder Fashioweek und im Pariser Louvre
Im Laufe der Jahre hat Anna-Maria mit „CHELLERI“ stetig einen großen Kundenstamm aufgebaut. An Aufträgen mangelt es nicht. Mit ihren Werken war die Goldschmiedin im Jahr 2018 bereits auf der Mailänder Fashionweek, durfte einen Teil ihrer Anfertigungen 2014 im Louvre bei einer internationalen Kunsthandwerker-Ausstellung präsentieren.

Silber und Gold stammen aus Recyclingquellen, Perlen und Edelsteine aus nachhaltigem Abbau.
Material recycelt oder aus fairem Abbau
Liebevoll streicht die Inhaberin über eine Auswahl kleiner Edelsteine und Perlen. „Opale mag ich besonders“, erklärt sie, und zeigt auf einen dreieckigen Stein, der tiefblau-türkis schimmert. „Ich nutze hundertprozentiges Recyclinggold und -Silber.“ Perlen und Edelsteine stammen aus konfliktfreiem, fairem Abbau. Auch Recyclingschmuck integriert die Goldschmiedin in ihre Kollektionen und stellt Vintage-Schmuck in einem ehrwürdigen, alten Holzschrank mit Glasfenster aus.

„Die sind gegossen“, meint Anna-Maria. So haben die Ohrringe ihre fragilen Formen erhalten.
Schmuckstücke betonen die Schönheit der Trägerin
An einer Seite der Werkstatt haben Anna-Maria Schelle und Anne Wehner-Bräunig eine rohe, unverputzte Ziegelwand in Szene gesetzt. Denn Anna-Marias Werkstücke sind hier in Schmuckvitrinen präsentiert. LED-Strahler funkeln weißes, klares Licht auf Colliers, gegossene Ohrhänger, Handschmuck, eingelassene Steine. „Ich arbeite gern mit Gegensätzen“, so die Goldschmiedin. „Mal fertige ich ein zartes, fragiles Armband an, dann wieder ein Statement-Stück. Meine Arbeiten sollen die Weiblichkeit, Schönheit und Anmut meiner Kundinnen unterstreichen.“

Anna-Maria nennt ihn den „Champagnerring“: „Diesen Silberring trägt man am besten mit einem Glas Champagner in der Hand!“, meint sie.
Goldschmiedeatelier CHELLERI Anna-Maria Schelle
- Inhaberin Anna-Maria Schelle
- Großenhainer Platz 1b, 01097 Dresden
- Online unter chelleri.de sowie auf instagram.com/goldschmiedeatelier.chelleri

In der ersten Etage der ehemaligen Fabrik befindet sich der „St. Annen Werksalon“.
St. Annen Werksalon – Werkstatt & Schauraum
- Goldschmiedin Anna-Maria Schelle und Buchbinderin Anne Bräunig
- Großenhainer Platz 1b, 01097 Dresden
- Öffnungszeiten: Dienstag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 14 Uhr, Donnerstag 10 bis 18 Uhr sowie ein Samstag im Monat. Individuelle Termine nach Vereinbarung
- Sonderveranstaltungen: Ostersalon, Weihnachtssalon und weitere
- Kurse und Treffs: Buchbindekurse, regelmäßiger Meditationszirkel, Aromaabende mit ätherischen Ölen, Naturkosmetikabende
- Alle Termine werden auf instagram.com/sanktannenwerksalon bekanntgegeben
Serie: Kleine Unternehmen im Stadtbezirk Pieschen
Jeden Dienstag in Pieschen-Aktuell: Ein Portrait eines kleinen Unternehmens aus dem Stadtbezirk. Wir zeigen die unglaubliche Vielfalt im Stadtviertel, von Übigau bis Trachenberge. Wenn Sie auch einen kleinen Laden in Ihrer Nachbarschaft kennen, den wir gerne mal vorstellen sollen, schreiben Sie uns an redaktion@pieschen-aktuell.de
- Übersicht der Serie: pieschen-aktuell.de/dossier/kleineunternehmen