Ähnlich wie beim Lyriker und Essayisten Heinz Czechowski (1935-2009) und der seit 1955 in Potsdam-Babelsberg lebenden Schriftstellerin und Drehbuchautorin Helga Schütz (geb. 1937) bildete der Dresdner Nordwesten auch im Schaffen von Eberhard Panitz den historischen Hintergrund seines literarischen Werkes. Geboren wurde der Schriftsteller Eberhard Panitz 1932 in Dresden-Trachau, gestorben ist er 2021 in Berlin.
In einem Nachruf von Wiljo Heinen, Leiter des gleichnamigen Berliner Verlages, heißt es u.a.: „In seinen Romanen, Erzählungen und Drehbüchern leben Menschen mit Leidenschaften und Zielen; Menschen, die irren, auch wenn sie das Gute wollen, und Menschen, die an eigenen oder fremden Ansprüchen scheitern. […] Das Beste an Eberhard Panitz? Seine Ehrlichkeit. Auf die Frage nach einer Lesung, ob seine Geschichten wahr seien, hatte er geantwortet: Das ist alles so passiert. Nur eben nicht genau so. Es ist alles erst durch meinen Kopf gegangen.“
Der am 16. April 1932 als Sohn eines Straßenbahnschaffners geborene Eberhard Panitz wuchs in einem der 1936/37 gebauten Gewobag-Wohnhäuser am Trachauer Lichtenbergweg auf. Von 1938 bis 1946 besuchte er die 40. Volksschule an der Cottbuser Straße, die ab 1946 nicht mehr Volksschule, sondern Grundschule hieß. Bedingt durch die Ereignisse der letzten Monate des Zweiten Weltkrieges fand ab März 1945 an der 40. Volksschule kein Unterricht mehr statt. Das Schuljahr 1944/45, es war das siebte des Eberhard Panitz, wurde demzufolge nicht beendet. Wann und ob überhaupt ein achtes, die Grundschule abschließendes Schuljahr beginnt, wusste damals niemand zu sagen. Im Mai 1945 hatte die Rote Armee das bis dahin als Wehrmachtslazarett genutzte Schulhaus belegt. Vier Monate später gab sie es für den Unterrichtsbeginn aber wieder frei.
Im Roman „Meines Vaters Straßenbahn“, den der Schriftsteller Eberhard Panitz 1979 im Mitteldeutschen Verlag Halle (Saale) veröffentlicht hatte und der ein Jahr danach verfilmt wurde, liest sich der Unterrichtsbeginn so:
„In der Schule begann mitten im Sommer wieder der Unterricht. ‚Die Ferien sind abgeschafft‘, erklärte jemand naseweis. ‚Auch die Lehrer werden abgeschafft‘. Von den früheren Lehrern erschien auch keiner mehr. […] Es gab neue Unterrichtsfächer, neue Schulbücher und junge Neulehrer, manche nur fünf, sechs Jahre älter als wir. ‚Ich gehe selbst noch zur Schule‘, sagte unser neuer Klassenlehrer.“

Klasse VIII der 40. Grundschule im Juli 1946 – Eberhard Panitz vorn rechts. Foto: Archiv K. Brendler
Eberhard Panitz schloss mit dem Besuch des achten Schuljahres die Grundschule im Juli 1946 erfolgreich ab. Über seinen damaligen Klassenleiter Willy Heuckroth sagt er: „Er war ein hervorragender Neulehrer und schlug mich und meinen Freund Wolfgang Naumann wegen guter Leistungen zur Aufnahmeprüfung an der neu gegründeten Oberschule vor.“ Die Oberschule wurde 1946 im Haus der 29. Grundschule Dresden am damaligen Riesaer Platz in Dresden eingerichtet.

Schulhaus am Pestalozziplatz: erbaut 1913/14 nach dem Entwurf des Stadtbaurates und Architekten Hans Erlwein (1872-1914), eingeweiht 1915. Luftaufnahme Peter Haschenz (2006)
Im Schulhaus, das seit dem Frühjahr 1945 als Wehrmachtslazarett genutzt und in dem ab 8. Mai des gleichen Jahres die Ortskommandantur der Roten Armee kurzzeitig untergebracht war, konnte am 2. September 1946 wieder mit dem Unterricht begonnen werden. Die unteren Stockwerke standen der 29. Grundschule und die oberen der Oberschule zur Verfügung. Am 13. Januar 1946 erhielten die Oberschule und der Riesaer Platz den Namen des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827).
Und in dieser neu gegründeten Oberschule, dem heutigen „Pestalozzi-Gymnasium“, legte Eberhard Panitz 1950 sein Abitur ab. Danach arbeitete er als Mitglied einer Jugendbrigade am Bau der Cranzahl-Talsperre, studierte anschließend Pädagogik und Germanistik in Leipzig und war von 1953 bis 1960 Lektor im Verlag Neues Leben sowie im Mitteldeutschen Verlag (Halle). Seit 1959 und bis zu seinem Tode am 1. Oktober 2021 lebte er als freischaffender Schriftsteller in Berlin. Eberhard Panitz war Mitglied des Deutschen Schriftstellerverbandes (DDR) und nach 1991 auch des Verbandes Deutscher Schriftsteller.

Gegründet 1990 vom Stadtteilhistoriker Horst R. Rein (1936-2006), erschien die „Trachauer Bürgerzeitung“ bis Oktober 2005. Foto: Archiv K. Brendler
Im Editorial der „Trachauer Bürgerzeitung“ vom 7. Oktober 2002 (Nr.92) schrieb Eberhard Panitz: „Ich reise viel lieber mit der Eisenbahn als mit dem Auto, da habe ich ein paar Stunden zusätzliche Lesezeit. Ende September war ich in der Bibliothek Pieschen und stellte dort mein neues Büchlein ‚Frauengeschichten aus der DDR‘ vor.“ Neben Blumen habe man ihm auch die neuesten Ausgaben der „Trachauer Bürgerzeitung“ überreicht, darunter die vom September mit Berichten und Bildern vom gerade überstandenem Elbhochwasser. Und weiter Eberhard Panitz: „Meine Lektüre für die Reise, die ich mir mitgenommen hatte, bleib bei dieser Rückfahrt in der Tasche. Selbst die packenden Lebenserinnerungen der Seniorin der Friedensbewegung Bertha von Suttner, die ich im Adler’schen Antiquariat in der Oschatzer Straße, kurz vor dem Laden stoppte die Elbeflut, erstanden hatte, legte ich erst einmal beiseite. Zu nahe ging mir die überstandene Bedrohung meiner Kindheits- und Jugendwege.“
Die am 13. Dezember 2000 mit Unterstützung des damaligen Ortsamtes Pieschen sowie mit Fördergeldern des Freistaates Sachsen eröffnete Bibliothek hinter dem Pieschener Rathaus kann in diesem Jahr auf 25 Jahre erfolgreicher Arbeit verweisen.
Eberhard Panitz gehörte zu der Generation, die den Zweiten Weltkrieg als Kind erlebte, den Bomben des Februar 1945 in Dresden entkam, jedoch Zeuge dieses Infernos wurde. Das spiegelte sich auch in vielen seiner Bücher wider. Zu nennen sind außer „Meines Vaters Straßenbahn“ (1979), „Die Feuer sinken“ (1960), „Spielplatz in D.“ (2001) und „Das Trümmerhaus der Träume“, das auf der Rehefelder Straße in Pieschen stand und in dem seine Großmutter wohnte.

Klaus Brendler
Brendler’s Geschichten ist eine Serie, in der Klaus Brendler für das Onlinejournal Pieschen Aktuell in loser Folge an Orte, Ereignisse und Personen im Stadtbezirk Pieschen erinnert. Der Stadtteilhistoriker und Autor war von 2007 bis 2023 Vorsitzender des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und von 2002 bis 2022 Leiter der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“. Er lebt in Dresden-Trachau.
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