Der elf Hektar große St.-Pauli-Friedhof in der Leipziger Vorstadt, am 22. Mai 1862 mit einem ersten Begräbnis in Gebrauch genommen, wurde zum 1. Januar 2016 „beschränkt geschlossen“ und wird frühestens im Jahre 2055 entwidmet. Der 1910/11 errichteten Totenhalle liegen Entwürfe des 1889 gegründeten Architekturbüros von Rudolf Schilling (1859-1933) und Julius Graebner (1858-1917) zugrunde. Auf dem Friedhof befinden sich Gräber von Persönlichkeiten, die in der Stadtgeschichte Dresdens und der des Landes Sachsen einen festen Platz einnehmen.
Das sind unter anderen der Forstmeister Friedrich Wilhelm Meschwitz (1815-1888), die Fabrikanten Carl Hermann Wachs (1844-1904) und Hugo Oswin Flössner (1843-1933), der Mitbegründer der königlichen Militärgenesungsanstalt „Glasewalds Ruhe“ Ernst Wilhelm Bucher (1853-1905), der Bauingenieur und Architekt Otto Reinhold Klette (1850-1897), der sächsische Ministerpräsident der Jahre 1920 bis 1923 Wilhelm Buck (1869-1945) und der einst über die Stadtgrenzen Dresdens hinaus bekannte Tiermaler und Schriftsteller Guido Hammer (1821-1898). Das Grab des Letztgenannten ist allerdings nicht mehr vorhanden.

Guido Hammer, in „Die Gartenlaube“ (1874), nach einer Photographie von G. Chr. Hahn (1820-1879). Quelle: Archiv K. Brendler
In der 1932 erschienenen Publikation „Die Dresdner Heide und ihre Umgebung“, Herausgeber waren der Pädagoge und Naturforscher Otto Koepert (1860-1939) und der Architekt Oskar Pusch (1877-1970), hatte auch der Beitrag „Die Maler der Dresdner Heide“ des Kunsthistorikers Karl Großmann (1876-1945) Eingang gefunden. Einleitend schrieb dieser: „Mit der forstlichen Erschließung der Dresdner Heide und mit der beginnenden Freude am Durchwandern ihrer einsamen Wege begann im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts die Tätigkeit der Künstler, denen der Wald zu einem Hauptgebiet ihrer Lebensarbeit wurde. Guido Hammer ist hier als Führer zu nennen.“
Als jüngster Sohn des Rechnungssekretärs beim königlichen Ministerium des Innern Friedrich August Hammer (1785-1855) am 4. Februar 1821 in Dresden geboren, „… offenbarte Guido Hammer schon früh Neigung für die Jägerei: als Schulknabe eilte er in die Dresdener Heide, um dort in stiller Waldeinsamkeit das rege Tierleben zu belauschen und nach Art der Jugend Tierfang zu betreiben.“ (Nachzulesen in „Die Gartenlaube“, Jg. 1898, Heft 4) Guido Hammers Wunsch, das Jägerhandwerk zu erlernen, ging nicht in Erfüllung. Der Vater empfahl, auch auf Anraten seines ältesten Sohnes, des Schriftstellers Julius Hammer (1810-1862), dass er, Guido Hammer, seines zeichnerischen Talentes wegen Maler werden und sich nach dem Besuch des Gymnasiums für ein Kunststudium bewerben solle.

„Fuchs auf der Lauer“, Guido Hammer (Öl auf Leinwand). Kunstsammlungen Chemnitz / Jürgen Seidel, © gemeinfrei
In seinem historisch-biographischen Handbuch bedeutender Persönlichkeiten, 2002 unter dem Titel „Berühmte Dresdner“ im Hellerau-Verlag erschienen, schreibt der Autor Volker Klimpel: „Ausgebildet an der Dresdner Kunstakademie und ab 1842 im Privatatelier des Malers Julius Benno Hübner (1806-1882) geschult, unternahm Guido Hammer im Anschluss Studienreisen zu Fuß durch Norditalien, Bayern sowie die Steiermark und ließ sich danach in seiner Heimatstadt Dresden nieder. […] Selbst Jäger, bevorzugte er Tier- und Jagdmotive sowie Landschaften (Dresdner Heide, Bayern, Tirol, Böhmen).“
Seit 1879 und bis zu seinem Tode am 27. Januar 1898 wohnte Guido Hammer in der Radeberger Vorstadt und dort im eigenen Hause Marienallee Nr.4, dem sogenannten Guido-Hammer-Haus.

„Die Gartenlaube“ wurde 1853 vom Buchhändler und Verleger Ernst Keil (1816-1878) in Leipzig
begründet und auch herausgegeben. Quelle: Archiv K. Brendler
Guido Hammer genoss in seiner Zeit nicht nur als Maler und Zeichner ein hohes Ansehen, sondern war auch ein viel gelesener Schriftsteller. So schrieb er für die Leipziger “Illustrirte Zeitung“, sie erschien von Juli 1843 bis September 1944, und war über zwei Jahrzehnte Mitarbeiter der ersten deutschen Illustrierten „Die Gartenlaube“.
Diese veröffentlichte in einem redaktionellen Nachruf für den 1898 verstorbenen Guido Hammer Folgendes: „Jahrzehnte hindurch haben seine Wild-, Wald- und Weidmannsbilder den Lesern Freude bereitet. […] Mit Jagen, Malen und Schreiben verbrachte er sein Leben. Im deutschen Wald war er wie kaum ein anderer zu Hause, denn er kannte aus eigener Anschauung Sachsens holzreiche Gebirge und die böhmischen und schlesischen Forste, das bayrische, Tiroler und steyrische Hochland mit seinen urwäldlichen Beständen, Almen und schneeigen Firsten.“.

„Hochwild am Wasser“, Zeichnung von Guido Hammer, in „Die Gartenlaube“ Jg.1866, Heft Nr.21. Quelle: Archiv K. Brendler
Auf sein bisheriges Leben Rückschau haltend, bekannte Guido Hammer 1874: „Schon von frühester Jugend an waren Feld und Flur und Haide, mit Allem, was darinnen lebt und webt, meine höchste Lust. Und noch heute – nach weit über einem halben Jahrhundert – giebt es nichts Erhebenderes für mich, als den stillen Wald mit seinen schönen und mir doch so trauten Thierwelt.“ („Die Gartenlaube“, Jg.1874, Heft 48).
Sein Werk, eine Vielzahl von Ölbildern, Aquarellen, Holzschnitten und Zeichnungen, befindet sich sowohl im Privatbesitz als auch in Museen. Zum Beispiel besitzt die Gemäldegalerie „Alte Meister“ in Dresden von ihm „Geflecktes Windspiel“ (1852) und „Wildsau mit Frischlingen …“ (1860). Auch auf Schloss Burgk (Freital) sind seit 1993 Tier- und Jagdbilder Guido Hammers zu betrachten. Sie sind Bestandteil der Sammlung des Friedrich Pappermann (1909-1995), einem Dresdner Kunstkenner des 19. und 20. Jahrhunderts.
In der Dresdner Heide erinnert an der Gabelung des Gänsefußes und der Prießnitztalstraße ein am 14. September 1901 von Freunden Guido Hammers aufgestellter Granitfindling. Ihn zieren ein Porträtmedaillon sowie die Inschrift „Dem trefflichen Schilderer des deutschen Waldes Guido Hammer gewidmet. 4. Februar 1821-27. Januar 1898“. Das Porträtmedaillon wurde vom 1849 in Hamburg geborenen und 1915 in Dresden verstorbenen Bildhauer Robert Heinrich Ockelmann, einem Schüler des Bildhauers Johannes Schilling (1828-1910), geschaffen.
Ergänzend der Hinweis, dass der den St.-Pauli-Friedhof flankierende Hammerweg keinen Bezug zu Edmund Guido Hammer hat. Laut „Namenbuch der Straßen und Plätze“ (1905) des Adolf Hantzsch (1841-1920) war er “… früher ein beim Klotzscher Schänkhübel endender Heideweg, der bei Pieschen in der Nähe der Elbe seinen Anfang nahm und daher im 16. Jahrhundert Elbweg hieß. Seine jetzige Benennung erhielt er nach der einem Hammer ähnelnden Form des Waldzeichens, wodurch er kenntlich gemacht wird.“

Klaus Brendler
Brendler’s Geschichten ist eine Serie, in der Klaus Brendler für das Onlinejournal Pieschen Aktuell in loser Folge an Orte, Ereignisse und Personen im Stadtbezirk Pieschen erinnert. Der Stadtteilhistoriker und Autor war von 2007 bis 2023 Vorsitzender des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und von 2002 bis 2022 Leiter der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“. Er lebt in Dresden-Trachau.
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