Regale aus Papier und gefundenen Ästen, die an der Wand entlangwachsen, verschlungene Rohrleitungen aus Keramik, Wasserspeicher für die Erde…
Sophie Altmann widmet sich in ihrer Rauminstallation der Werkgalerie natürlichen Rohstoffen und ihrer Stabilität für uns, unserer Umgebung, unserem Dasein. Sie hinterfragt dabei unsere Gewohnheiten, wie wir Formen und ihre Substanzen kennen. Ihre Installation besteht aus keramischen Arbeiten und Papier, die aufeinander aufbauen. Eine Wand, die wirkt, als wäre sie aus Beton, vielleicht auch wie eine Elefantenhaut. Sie sieht stabil aus, massiv, rau. Gefertigt ist sie aus Pappmaché, in dem sehr viel Zeitungsmaterial steckt. Das ist fragil, leicht, kann schnell bröseln und zu Staub zerfallen.
In der Beschaffenheit ist diese Wand, die hier massiv den Raum zerteilt, anders, als sie scheint. Die Burglandschaften, die sich aus dem Halbrelief entfalten, sind nicht von Dauer. Und immer wieder ergibt die Wirkung der Fläche ein Bild, das unsere Wahrnehmung verändert. Ihren Anblick können wir genießen. Wir können innehalten, uns orten, die Gedanken fließen lassen, abschalten.
Um diesen geschaffenen Mittelpunkt herum postieren sich Gefäße, die auf Würfeln aus Pappmaché oder auf einem Regalboden stehen. Es ist eine bewusste Entscheidung, die Objekte nicht auf Sockeln zu präsentieren. Während Sockel je einen Bezug zu anderen Objekten im Raum herstellen, gehen hier die Stücke und die sie tragenden Kästen eine organische Verbindung ein. Die Installation wirkt wie eine amorphe Skulptur, eine Fortführung der Verbindung der Wände und Gegenstände. Wir nehmen das Rauminnere als Ganzes wahr, das auch seine Wurzeln zeigt.
Die verschiedenen Grautöne haben eine beruhigende Wirkung. Wir können eintauchen und uns als Teil des Ganzen fühlen, weil um uns herum die Papierarbeiten mit den keramischen Objekten zusammenspielen. Spannend in der Arbeit mit Pappmaché ist für Sophie Altmann dabei der Arbeitsprozess. Alles wächst nebeneinander, ineinander, ergänzt und beeinflusst sich gegenseitig.
Ihr Werk fordert unseren Sinneseindruck immer wieder heraus, wie z.B. durch die unterschiedlichen Graustufen und fleckigen Flächen in der Wand – Zeugnisse aus dem Entstehungsprozess, je nachdem wie das Material beschaffen war.
Sophie Altmann studierte Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Schon am Anfang ihres Studiums spezialisierte sie sich auf das Material Keramik, machte 2017 ihr Diplom mit einer Keramik Installation und schloss 2019 ihr Meisterschülerstudium ab. Die Rauminstallation ist ihre erste Einzelausstellung. Die hier gezeigten Arbeiten sind in der Mikky Burg entstanden – einem ehemaligen Getränkehandel, jetzt der Wirkungsraum eines Künstlerkollektivs, das mit Aktionen und Ausstellungen ins Hechtviertel agiert.
Ihre neuesten Arbeiten sind kleine und große Ollas aus rotem oder weißem Ton, die sie an mehrere Stellen im Raum postiert hat. Es sind Gefäße, die im Boden eingelassen werden können, um vor Trockenheit zu schützen. Ihr Hohlraum dient wie ein Tank als Wasserspeicher. Der Ton ist einfach gebrannt und unglasiert, damit porös und wasserdurchlässig. Diese Bewässerungstechnik ist über 2.000 Jahre alt und wurde das erste Mal in China nachgewiesen. Seit Ende der 70er Jahre finden die Topfgefäße vor allem Anwendung in Brasilien. Es ist eine sehr nachhaltige Methode, Pflanzen zu begießen. Wenn die Erde um den Wasserspeicher trocken wird, dringt das Wasser durch Osmose aus und versorgt die Pflanze.
Schon länger beschäftigt sich Sophie mit Behältnissen – auch mit solchen, auf denen Rohrleitungen ineinander verknotet sind. Sofort stellt sich hier die Frage, ob damit wirklich Wasser seinen Weg findet, von A nach B transportiert werden kann. Die in sich abgeschlossenen Kanalsysteme könnten sich an einer Stelle öffnen lassen. Was passiert, wenn in so einem geschlossenen System eine Blockade entsteht, etwas verstopft?
Die Form der Olla dagegen arbeitet mit gesamter Oberfläche – ein dankbares Objekt in der Fertigung, ein Gebrauchsgegenstand, der in seiner Form alles sein kann. Vieles steckt hier drin. Zum Bespiel unsere aktuelle Zeit, in der Wasser knapp ist, nicht immer fließt, manchmal zu viel ist, oder kanalisiert wird. Welche Auswirkungen kann es auf uns haben, wenn zu viele Kanäle geschaffen werden? Was macht das mit uns und unserem gesamten Dasein? Die aktuelle Ausstellung gibt Denkanstöße und bietet eine neue Sicht auf Gewohntes.
WAS: Keramik und Papierarbeiten von Sophie Altmann
WANN: 13. Oktober bis 26. November, Di-Do 10-16 Uhr, Fr 14-18 Uhr, So 14.30-16.30 Uhr
WO: WEKRGALERIE, Kreative Werkstatt Dresden, Bürgerstraße 50, 01127 Dresden
info@kreative-werkstatt.de; Tel.: 0351 8584200
Ein Gastbeitrag von Britta Sommermeyer, Leiterin der Kreativen Werkstatt Dresden
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