Französisch mit regionalen Zutaten – geht das? Und wie! Im Petit Frank praktizieren Gastgeber Frank Ollhoff und Küchenchef André Fröbel das erfolgreich und ziehen ihren Stiefel durch: Nicht nur zu den Kochsternstunden bieten sie ein 4-Gänge-Menü zum Festpreis an. Bei jedem Gang gibt es eine Alternative zur Wahl und Getränke inklusive. In diesem Jahr ruft der Inhaber Frank Ollhoff 135 Euro auf, was ja schon mal eine Ansage ist. Lohnt sich das?
Ja.
Das Gewölbe im Keller der Bürgerstraße 14 ist nicht groß – also ist es irgendwie immer familiär. Viele der Tische sind für vier Leute gedacht, so dass man als Zweier-Team viel Platz hat und die Tasche mal nicht auf dem Boden im Weg steht. Wenn alle Tische besetzt sind (was bei unserem Besuch der Fall war), ergibt das aber doch eine angenehme Geräuschkulisse – wie schön, wenn sich Restaurantgänger noch was zu sagen haben!
Alles auf echt „Meißen“
Zum offiziellen Beginn gab’s erst mal ein Märchen aus dem Mund des Patron: Leider sei ihm neulich das ganze Geschirr runter gefallen, und die Frage „Was nun?“ habe er mit einem Besuch in Meißen zu aller Zufriedenheit klären können. Serviert wird also auf echt Meißen, und zwar wunderbarerweise auf immer wieder anderem, so dass man unterschiedliche Formen kennen lernen kann. Inklusive dem 419-Euro-Kännchen, das goldig aus dem sonst übliche Porzellanweiß herausragte und die Sauce zum Fisch-Hauptgang bereit hielt.
Wie eingangs erwähnt, gibt es bei jedem Gang die Qual der Wahl: dieses oder jenes? Oder vielleicht doch beim Dessert mit den drei Auswahlmöglichkeiten alles? Wir sind ja genügsame Gäste und folgen mit unserem JA dem Vorschlag des Patrons. Theoretisch hätten wir also zusammen neun Gänge gehabt, aber wegen eines grundlegenden Zweifels an der Zutat Topinambur verzichteten wir auf das Süppchen, auch wenn das Regionale hier wie kaum in einem anderen Gang deutlich wurde: Winkwitz! Tharandt!
Die Vorspeise
Aber so weit sind wir ja noch gar nicht, denn vor der Suppe kommt die Vorspeise. Die klingt fast wie ein Hauptgang – und in Frankreich würde ein im Kräutermantel rosa gebackener Lammrücken auf einem Cassoulet von Bohnenkernen auch als solcher durchgehen. Aber nicht nur in Pieschen braucht man ja hierzulande eine Sättigungsbeilage (allein das Wort sagt viel über die deutsche Gourmetlandschaft aus!). Aber egal, sagte die Begleitung: auch als Vorspeise war’s exzellent und eigentlich auch in der richtigen Größe, wenn man mehr als eins probieren möchte.
Die Suppe
Bei der Bouillabaisse mache ich ja nie ein Hehl aus meiner heimlichen Herkunft Korinth. Denn wann ist eine Bouillabaisse eine Bouillabaisse? „Wichtig für den Geschmack ist die Verwendung einer größeren Anzahl von im Mittelmeer heimischen Fischsorten“, steht in der Wikipedia. Auch Kartoffelstampf in der Suppe überraschte, obwohl die Idee gar nicht mal so schlecht ist: statt Aioli und Rouille gehen die beiden Geschmäcker in den Stampf ein und sind nicht arg so heftig. Man muss eine Suppe ja nicht so nennen, wenn sie dem Vorbild nicht wirklich entspricht. Denn: diese cremige Fischsuppe war sehr fein und schmeckte.
Der Hauptgang
Von den beiden Hauptgängen ist das Flanksteak besonders zu loben, denn es war mehr als zart! Das haben wir – in durchaus anerkannt guten Restaurants – schon deutlich schlechter bekommen. Woran es lag? Einmal sicher bestes Fleisch (Großdobritz ist ein Lieferant), dann aber auch der Trick, das Flanksteak quasi als Roulade sous-vide zu garen. Serviert wurde das dann in Scheiben, arrangiert im Stil des Hauses als wohl arrangierte Pyramide mit Tupfern von Schäumchen.
Dessert, Wein und Drumherum
Wortkarg wie immer bin ich bei den Desserts, die wir ja im Dreierpack bekamen. Wenn es nur eins hätte sein sollen, dann wäre es wahrscheinlich die Créme brûlée geworden. Was aber mehr über den Schreiber als über den Koch sagt.
Ein (Ab)Satz noch zu den Weinen und dem Drumherum. Meist sind die Getränke französisch geprägt, was zu einem französischen Restaurant ja auch gut passt. Aber es gibt eine gewisse Verbundenheit in die Region und Vernetzung mit den Winzern, also tauchen auch immer mal wieder sächsische Weine auf. So oder so: Frank Ollhoff weiß, welche Weine passen, hat bei Nichtgefallen seiner Auswahl (ist ja alles Geschmackssache) auch noch Reserveflaschen im Regal und schenkt großzügig ein und nach. Wohl dem oder der, „wo“ (gendern ist anstrengend…) nicht mit dem Auto gekommen ist! Und zu den Legosteinen auf dem Tisch verweise ich gerne auf den Beitrag aus dem Jahr 2020!
Der gebürtige Ostfriese Ulrich van Stipriaan mit der Wahlheimat Dresden ist studierter Anglist, gelernter Journalist und praktizierender Humorist: “Das Leben ist schwer genug, um es nur ernst zu nehmen!”
Selbstständig seit 1984, zuerst in Bonn, seit 1990 in Dresden. Auf „STIPvisiten. Reiseberichte und Restaurantkritiken. Alles streng subjektiv“ schreibt und spricht (Podcast) er. Die Beiträge über die Kochsternstunden stellt er dem Onlinejournal Pieschen Aktuell in gekürzter Fassung zur Verfügung.
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