Am Sonnabend will das Team des Straßenbahnmuseums mit Sonderfahrten durch die Stadt das Ende der Tatra-Straßenbahnen im Dresdner Schienenverkehr würdigen. Die 56 Jahre andauernde Geschichte der Tatra-Züge hatte am Donnerstag mit der offiziellen Übergabe der letzten drei gelben Tatras aus dem aktiven DVB-Bestand an das Museum einen würdigen Abschluss gefunden. Zusammen mit dem roten Dreierzug aus den Anfangsjahren der Dresdner Tatra-Geschichte und dem kurz vor dem Mauerfall gelieferten Dreierzug vom Typ T6A2 bilden Sie in Zukunft den Bestand der historischen Tatra-Bahnen.
Aus diesem Anlass lädt der Museumsverein am Sonnabend von 16 bis 22 Uhr zu stündlichen Sternfahrten ein. Abfahrt ist immer zur vollen Stunde am Postplatz in alle Himmelsrichtungen. Neben den noch für Passagierbetrieb zugelassenen historischen Tatras, in dem natürlich auch Fans mitfahren dürfen, sind für Foto-Fans auch Arbeitswagen und die Kinderbahn Lottchen unterwegs.
Wer in den historischen Tatras mitfahren möchte, bezahlt drei Euro pro Rundfahrt. Der ermäßigte Preis beträgt zwei Euro, für sieben Euro kann die ganze Familie mitfahren. Für alle drei Kategorien werden auch Tageskarten zum Preis von acht, fünf und zwanzig Euro angeboten. Die gelten dann für mehrere Fahrten.
Schon am Vormittag von 10 bis 12 Uhr können Besucher an Führungen durch das Straßenbahnmuseum teilnehmen und die Exponate bewundern. Gegen 14 Uhr reihen sich dann alle betriebsfähigen Tatras für einen Fototermin auf, bevor es zur Sternfahrt zum Postplatz geht.
56 Jahre Tatra-Bahnen in Dresden
Bereits 2010 wurden die Tatras aus dem regulären Liniendienst der DVB entlassen. Sie fuhren lediglich noch als Verdichtung der Linie 3 im Studentenverkehr oder bei speziellen Fahrten im Schülerverkehr. Zuletzt waren die verbliebenen zehn Einzelwagen, aus denen bis zu vier Züge mit zwei oder drei Wagen gebildet werden konnten, als Verstärkerfahrten für Fußballspiele und andere Großveranstaltungen im Einsatz.
Auch während der schwierigen Ersatzteilversorgung in der Corona-Zeit durften die Tatras vorübergehend noch einmal auf Linienfahrt gehen. Zwar erfreuen sich die Wagen wegen ihrer Seltenheit bei Fans großer Beliebtheit, im täglichen Fahrgastbetrieb werden sie wegen der fehlenden Barrierefreiheit vor allem von mobilitätseingeschränkten Personen längst nicht mehr akzeptiert. Im DVB-Bestand bleiben nur die Kinderstraßenbahn Lottchen, der Fahrleitungsmesswagen, der Schienenschleifwagen sowie einzelne Sonderwagen, beispielsweise für den Einsatz des Schneepfluges. Alle anderen Tatra-Wagen werden zum Verkauf angeboten.
Prager ČKD-Werk lieferte mehr als 800 Tatra-Wagen
Nach den MAN-Wagen, dem legendären Hecht und den zweiachsigen Wagen aus DDR-Produktion endet nun eine weitere, fast sechs Jahrzehnte lange Ära der Dresden Straßenbahn: Mit ihrer Omnipräsenz prägten die Tatra-Wagen seit den späten sechziger Jahren das Stadtbild der sächsischen Landeshauptstadt. Erst rot, später gelb lackiert, fuhren sie in Zugkombinationen, die aus zwei oder drei Einzelwagen bestanden.
Bis 1984 lieferten die Prager ČKD-Werke insgesamt 572 Triebwagen und 249 Beiwagen nach Dresden. Im Vergleich zu den abgelösten Vorkriegsfahrzeugen waren sie schneller, boten mehr Platz und besseren Komfort für Fahrgäste wie Fahrpersonal.
Ersatzteilmangel führte zur Kannibalisierung
Allerdings stellte sich mit der Tatra-Lieferung nach Dresden auch schnell Ernüchterung ein. Die nicht ausreichend erprobten Wagen wiesen Mängel auf. Der hohe Einstieg war ein fast unüberwindbares Hindernis für Kinderwagen und Rollstühle. Das größte Problem ergab sich jedoch aus den unregelmäßigen Ersatzteillieferungen aus Prag, die teilweise aufwändig durch die DVB-eigenen Werkstätten oder andere DDR-Betriebe kompensiert werden mussten.
Später kam es gar zur Kannibalisierung von bereits wegen technischer Schäden abgestellter Fahrzeuge. Teilweise waren nur rund 50 Prozent des Fuhrparks einsatzbereit. Dennoch erhöhte sich der Anteil der eingesetzten Tatra-Bahnen auf den Linien. Im Oktober 1988 wurde mit der „4“ die letzte Linie auf reinen Tatra-Betrieb umgestellt. Ein 1986 erstmals nach Dresden geliefertes Nachfolgemodell vom Typ T6A2 wurde von den Wendeereignissen überrascht. Eine Serienlieferung kam nicht mehr zustande.
Bequem und barrierefrei: Die Neuen aus Bautzen
Die neuen Möglichkeiten nach dem Mauerfall nutzend, orientierten sich die Dresdner Verkehrsbetriebe auf den Neukauf von Bahnen aus heimischer Produktion. Bereits 1995 fuhr der erste Niederflurwagen von Typ NGT 6DD auf Dresdens Schienen. Bis zur Erneuerung des kompletten Wagenparks bedurfte es aber noch des Einsatzes der vorhandenen Tatra-Bahnen. Deshalb modernisierten die DVB Anfang der 90er Jahre zahlreiche Tatras, die bei dieser Gelegenheit gleich ihre gelb-schwarze Lackierung erhielten. Ausgemusterte, aber noch fahrfähige Tatras wurden verkauft. Bis 2010 wartete in Osteuropa oder Asien meist eine zweite Karriere auf die eigentlich robusten Bahnen.
Ab 2003 lieferten die Bautzner Straßenbahnproduzenten einen moderneren Typ Niederflurwagen nach Dresden. Mit 45 Metern galt der NGT D12 DD seinerzeit als längste Straßenbahn der Welt. Bis heute stieg die Zahl der Dresdner Niederflurwagen auf 166. Das reicht aus, um das bisherige Dresdner Linienangebot barrierefrei zu bedienen. Weitere 20 Jahre später kommt nun mit dem NGT DX DD, ebenfalls aus sächsischer Produktion, die neueste Fahrzeuggeneration nach Dresden. Sie löst neben den Tatras auch die ersten Stadtbahnen aus den 1990er Jahren ab.
3 thoughts on “Das Ende der Tatra-Wagen – am 3. Juni Sonderfahrten von 16 bis 22 Uhr”
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Schön anzuschauen sind die Alten ja schon.Trotzdem mache ich drei Kreuze, wenn ich nie wieder einen Kinderwagen die Stufen hochwuchten muss.
Man sollte diese robusten Kult- Straßenbahnen weitere 20 Jahre auf den Straßen lassen. Die robuste Technik würde das durchaus zulassen und die gigantische Resonanz am Verabschiedungswochenende zeigt deutlich daß zumindest über regelmäßige Veranstaltungsfahrten dringend nachgedacht werden sollte!
Eine Ära der Tatra-Straßenbahn geht zu Ende. Dieses Ereignis ist am vergangenen Samstag, am 3. Juni 2023, gefeiert worden. Viele Menschen haben sich in Trachenberge eingefunden, um eine Fahrt mit einer von den aufgestellten Tatra-Straßenbahnen noch einmal zu erleben. Die Resonanz war so groß, dass sicherlich nicht jeder, der dieser Veranstaltung beiwohnte, in den Genuss kam, eine Fahrt zu unternehmen, so dass lediglich nur ein Fotomotiv als Erinnerung geblieben ist. Es wäre zu empfehlen, solch eine Veranstaltung in naher Zukunft noch einmal aufleben zu lassen!