Das 1542 angelegte Gerichtsbuch des Dorfes Trachau enthält neben anderen auch Einträge zur Ortschronik. So findet sich unter dem 6. November 1872 ein Vermerk folgenden Wortlautes: „Nachdem die Schule zu Pieschen in der Kinderzahl soweit herangewachsen ist, […] dass die drei Lehrkräfte nicht mehr imstande sind, auch den die Pieschener Schule besuchenden Kindern der Gemeinden Mickten, Übigau, Trachau und Trachenberge angemessenen Unterricht zu gewähren, wurden von der königlichen Schulinspektion […] für den 5. November die vier Gemeindevorstände […] zu Verhandlungen dessen eingeladen.“
Nach Abschluss der Verhandlungen legte die königliche Schulinspektion fest, dass die vier Gemeinden „eigene Schulwesen“ zu begründen und die dazu notwendigen Schulhäuser zu schaffen haben. So wurde im September 1873 das erste Trachauer Schulhaus, heute Alttrachau Nr.52, und im November des Jahres darauf das Schulhaus der Gemeinde Mickten, heute Kötzschenbroder Straße Nr.17, eingeweiht. Bis zur Fertigstellung des Schulhauses der Gemeinde Übigau im April 1897 besuchten deren Schüler die Schule in Mickten.
Auch die Geschichte des Trachenberger Schulwesens nahm in den 1870er Jahren ihren Anfang. Am 27. September 1875 legte die Gemeinde auf dem Hanggelände zwischen heutiger Döbelner Straße und Weinbergstraße den Grundstein für ein erstes eigenes Schulhaus. Am 2. Mai 1876 wurde es eingeweiht.
Tags darauf hielt der zuvor in Ostrau (b. Schandau) angestellte Lehrer Richard Otto Werner (1851-1915) seine erste Unterrichtsstunde. Bis zum Eintritt in den Ruhestand 1913 war er ohne Unterbrechung als Lehrer und seit 1886 als Direktor in Trachenberge tätig. Seine Grabstätte befindet sich auf dem St. Pauli-Friedhof.
Die finanziellen Mittel zum Ankauf des Geländes und zum Schulhausbau hatte der vermögende Rentier Friedrich Hermann Müller (1819-1898), seit 1863 Eigentümer des barocken Weinbergschlösschens, heute Döbelner Straße Nr. 24, der Gemeinde vorgestreckt. Aufgrund ständig steigender Schülerzahlen, 1877 mussten schon vier Klassen gebildet werden, bot das kleine Schulhaus bald nicht mehr ausreichend Platz. 1881 wurde es u.a. durch den Ausbau des Dachgeschosses erweitert.
Zwei Jahre später ließ die Gemeinde Trachenberge unmittelbar vor dem ersten ein zweites Schulhaus errichten. Auch hierfür lieh Friedrich Hermann Müller die nötigen Gelder. Mit Beginn des Schuljahres 1883/84 konnte im zweiten Trachenberger Schulhaus, dem sogenannten „Klassenhaus“, der Unterricht aufgenommen werden. Die Gemeinde wiederum benannte 1885 den an den Schulhäusern vorbeiführenden bisher namenlosen Weg und gab ihm den Namen Hermannstraße. Dieser bezieht sich auf den zweiten Vornamen des Rentiers Müller. Die Hermannstraße wurde im Zuge der Eingemeindung Trachenberges 1897 in Döbelner Straße umbenannt.
In den 1890er Jahren platzten die Trachenberger Schulhäuser förmlich aus den Nähten. Um den Unterricht für alle Jungen und Mädchen trotzdem zu gewährleisten, mussten sogar Privatwohnungen als Klassenzimmer im benachbarten Pieschen angemietet werden. Anzumerken wäre noch, dass die 1892 fertiggestellte, heute sanierte und denkmalgeschützte Turnhalle nach Einweihung des neuen Schulhauses an der Marienhofstraße im Oktober 1900 gottesdienstlichen Zwecken diente.
Am 1. Juli 1897 wurde Trachenberge gemeinsam mit Pieschen in die Haupt- und Residenzstadt Dresden eingemeindet. Das Schulwesen betreffend, beschloss der städtische Rat auf ehemals Pieschener Flur den Bau eines auch für die schulpflichtigen Kinder Trachenberges bestimmten Schulhauses. Die feierliche Übergabe am Standort Marienhofstraße fand am 1. Oktober 1900 statt. Es enthielt 40 Klassenzimmer, mehrere Nebenräume sowie eine Turnhalle und einen Schulgarten. Auch eine moderne Kochlehrküche sowie zwei Räume für eine Schülerwerkstatt wurden hier eingerichtet. Die nunmehr 28. Bezirksschule Dresden war eine achtklassige Mittlere Volksschule, die im Mai 1901 von etwa 1.600 Schüler besucht wurde.
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Ein Kommentar zu “Brendler’s Geschichten: Die Schulhäuser in Trachenberge, Teil 1”
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Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) war die territorial größte Bezirksverwaltung Dresdens die Bezirksverwaltung I. Sie umfasste ein Sechstel der gesamten Stadtfläche und zählte etwa 107.000 Einwohner. Das waren damals 25 Prozent der Gesamtbevölkerung. Zur Bezirksverwaltung I gehörten die Stadtteile Pieschen, Kaditz, Trachau, Trachenberge sowie Mickten und Übigau. Das Adressenverzeichnis des Dezernates Gesundheitswesen der Stadt vom Juli 1946 weist aus, dass für die Bezirksverwaltung I im ehemaligen Trachenberger Schulhaus („Klassenhaus“) Döbelner Straße Nr.8 das Bezirksgesundheitsamt mit Fürsorgestellen für Schwangere und Wöchnerinnen, für Säuglinge, Kleinkinder und Schulkinder, für Lungenkranke, Tuberkulöse und Körperbehinderte sowie die Schulzahnstation, die amtsärztliche Untersuchungsstelle und die Seuchenkontrollstelle bis um 1947/48 untergebracht war.