Lisa Richter ist heute zum ersten Mal in der Alten Gärtnerei in der Heidestraße. Gemeinsam mit ihrer dreijährigen Tochter Felia hat sie rote Himbeeren und gelbe Himbeeren mit dem Namen Fall Gold (Herbstgold), Auberginen und Paprika geerntet. Am Sonnabend möchte sie wiederkommen. „Die gelben Himbeeren schmecken einfach großartig und da habe ich mir noch Sträucher zum Ernten reserviert“, erzählt sie und ist froh, dass das so unkompliziert ging. Den großen Garten hatte sie eher zufällig beim Spazieren gehen entdeckt.
„Bis Ende September können Selbstpflücker bei uns noch Beeren ernten“, sagt Sandy Hinrichs im Gespräch. Sie kümmert sich seit einigen Wochen um die Öffentlichkeitsarbeit der Alten Gärtnerei. Wie alle anderen Akteure, der harte Kern besteht samt Praktikanten aus etwas zehn Leuten, ist sie hier ehrenamtlich unterwegs. In elf langen Reihen kann man seine Früchte selbst ernten. Eine Übersicht beschreibt, was in welcher Reihe zu finden ist. Wer Glück hat, erwischt Volker Croy. Er hat einen Masterabschluss in Produktionsgartenbau und ist Fachberater der Dresdner Gemeinschaftsgärten. So hat er zum Beispiel an der Gestaltung des Bürgergartens im Grünzug Gehestraße mitgewirkt und das Projekt „Essbares öffentliches Stadtgrün, bürgerschaftlich gepflegt“ gegründet.
Genau dafür engagiert er sich in der Alten Gärtnerei. Hier wird mit ehrenamtlichen Helfern traditioneller Gartenbau unter Anleitung von Fachleuten betrieben. Das ist ein anderer Ansatz als nebenan im Gemeinschaftsgarten „Wurzelwerk“, wo die Akteure selbst ihre kleinen oder größeren Flächen bewirtschaften. Wer also mit Volker Croy durch die Gärtnerei streift, kann ihm zu jedem Beerenstrauch Fragen stellen und wird Antworten bekommen. Wo dieser herkommt, warum er so heißt, wie die Früchte schmecken und wo der besonders gut wächst. Die Selbstpflücker können sich an einer Tafel über die Lage der Pflanzen informieren. Allein von den Himbeeren sind hier mehr als fünf verschiedenen Sorten gepflanzt worden. Neben Croy engagieren sich noch zwei weitere gelernte Gärtner in der Alten Gärtnerei. Die Gärtnerei ist Teil der ufer-projekte und des Gartennetzwerkes Dresden.
„Für alle Neugierigen haben wir gleich hinter dem Eingang einen Naschgarten“, erzählt Sandy Hinrichs. Während die selbst geernteten Früchte nach Gewicht bezahlt werden müssen, ist das Probieren im Naschgarten kostenlos. Neben Holunder oder Felsenbirne wachsen dort auch Kaki, Ölweide oder Schisandra, deren Anbau hier erprobt wird. Kleine Holztafeln helfen den Laien mit Beschreibungen der Pflanzen. Was nicht vernascht oder selbst gepflückt wird, verarbeiten die Ehrenamtler zu Most, Sirup oder Marmelade.
In den Erntepausen findet man in der Gemeinschaftsküche Koko ein schattiges Plätzchen. Sie ist in einem umgebauten Großcontainer untergebracht. Sonntags lädt in den warmen Monaten das Team vom gemeinnützigen Café Wilde Flora zu Kaffee und selbst gebackenem Kuchen. Eine alte Siebträger-Kaffeemaschine konnte dafür zu neuem Leben erweckt werden. Hier finden auch die regelmäßigen Workshops statt. An diesem Wochenende geht es um Wildbienen, eine Woche später um Wurmkompost. Zum Saisonabschluss im Oktober wurd gemeinsam Kim-Chi hergestellt.
Für Sandy Hinrichs ist die Alte Gärtnerei ein Ort, „der sehr idealistisch geprägt ist“. Sie verbringt inzwischen 10 bis 15 Stunden in der Woche auf dem Areal. Die Ehrenamtler sichern die täglichen Öffnungszeiten von 9 bis 19 Uhr ab – nur mittwochs ist geschlossen – beraten die Selbstpflücker und kümmern sich um die Pflanzen. „Die Arbeit hier geht nicht aus“, sagt sie. Sie zeigt auf vier große und zugewucherte Gewächshäuser. Beim ersten wurden jetzt alle Glasscheiben entfernt. Dann kann der Boden für die Pflanzen vorbereitet werden. In einem Folienzelt wird Gemüse angebaut – Tomaten, Paprika, Auberginen und viele Kräuter. Abnehmer ist das Palais Café. „Alle sind hier mit viel Herzblut bei der Sache“, lobt sie das Engagement der Freiwilligen.
Weil es in Trachenberge eine Pension mit dem Namen „Alte Gärtnerei Dresden“ gibt, komme es oft zu Verwechslungen. „Wir sind auf der Suche nach einem neuen und eindeutigen Namen“, sagt Sandy Hinrichs. Im Herbst soll es eine Entscheidung geben. Wer eine Idee hat, kann dafür auch den roten Briefkasten an der Gemeinschaftsküche nutzen. Aber vielleicht wird die „Alte Gärtnerei“ ja auch so bekannt, dass Verwechslungen künftig kaum noch ins Gewicht fallen.
Alte Gärtnerei, Eingang gegenüber Heidestr. 21
täglich von geöffnet von 9-19 Uhr, Fr nur bis 15.30. mittwochs geschlossen
Alte Gärtnerei im Web
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