Ein bisschen versteckt, auf dem Gelände der Stadtentwässerung, befindet sich die Wildvogelauffangstation in Kaditz. Den Besuch der sächsischen FDP-Bundestagsabgeordneten Ulrike Harzer vor Ort am vergangenen Freitag, nutzte Pieschen Aktuell, um sich ebenfalls einen Überblick zur aktuellen Lage der Station zu verschaffen.
In der Auffangstation
Die Vogelarten, die hier landen, sind genauso vielfältig, wie die Verletzungen, die sie mitbringen: Flügelbrüche durch den Straßenverkehr bei Greifvögeln, Enten, die sich in Angelschnüren oder Haken verheddert haben oder auch ein Befall mit Parasiten. „Nichtsdestotrotz bleibt die größte Gefahr für Wildvögel nach wie vor die Hauskatze, auch wenn das Katzenbesitzer nicht gerne hören werden“, erklärt Ronja Fulsche, Leiterin der Auffangstation.
Jedes verletzte Tier wird hier liebevoll und vor allem artgerecht aufgepäppelt und im besten Fall wieder ausgewildert. Während einer Führung durch die Auffangstation sorgen kleine Anekdoten von sprechenden Elstern, die von Laien per Hand aufgezogen wurden und deren Lieblingsworte prompt wüste Beleidigungen waren, für den einen oder anderen Lacher. Trotzdem müssen gerade diese Fälle dringend mit dem nötigen Ernst betrachtet werden. Einen verletzten oder verwaisten Wildvogel selbst aufzuziehen ist in den meisten Fällen keine gute Idee und schadet dem Tier mehr, als es ihm nützt. „Es gibt viele solcher Vögel, die gefährlich werden, weil sie die natürliche Scheu verloren haben und deshalb Menschen einfach anfliegen“, berichtet Ronja Fulsche. Ein solcher Vogel kann nicht mehr in die Freiheit entlassen werden und muss im Zweifel eingeschläfert werden.
In diesem Jahr kamen bisher viele junge Turmfalken in die Auffangstation. Vor der Auswilderung müssen sie zum sogenannten ,Mäusetest‘. Dabei wird geprüft, ob die Vögel in der Lage sind, selbstständig zu jagen. Wenn sie bestehen, können sie in die Freiheit entlassen werden.
Viele Baustellen
Nach eigener Aussage war es der FDP-Politikerin Ulrike Harzer „ein ganz persönliches Anliegen“, die Wildvogelauffangstation zu besuchen. Es gehe für sie also darum, welche Maßnahmen auf politischer Ebene getroffen werden müssten, um die Station zu unterstützen. Mangeln tut es wie so oft vor allem am Geld, beispielsweise für fachkundiges Personal. „Wir haben viele gute Erfahrungen mit Praktikanten gemacht, allerdings wird es schwierig, diese vernünftig zu betreuen, wenn wir nur zu zweit hauptamtlich in der Station sind“, erklärt die Leiterin der Einrichtung. In anderen Bundesländern gibt es beispielsweise Pauschalförderungen oder die Regelung, Wildtierauffangstationen zusätzlich durch die Jagdabgaben zu finanzieren.
Kritisch sind auch die Pflegezuschüsse zu betrachten, die es nur für einige Greifvögel gibt. „Die Raubvögel, die am häufigsten vorkommen, wurden davon ausgeschlossen, weil es zu teuer wird“, berichtet Tom Umbreit, Geschäftsführer des Umweltzentrums Dresden e.V. Dazu gehörten beispielsweise Turmfalken und Mäusebussard. Faktisch ist das nicht zu begründen, denn Arbeit und Pflege muss man in jedes Tier gleichermaßen stecken.
50 Prozent der Verletzungen von Wildvögeln sind menschengemacht, beispielsweise durch Windkraftanlagen, Hauskatzen oder Glasscheiben. Zur Prävention beitragen können beispielsweise Maßnahmen, um große Glasflächen für die Vögel als konkrete Fläche sichtbar zu machen. Das geht unter anderem mit Streifenaufklebern, UV-Farbe, oder sofern möglich, auch mit großen Pflanzen am Fenster. Wenn doch mal ein verletztes Tier gefunden wird, sollte es direkte Ansprechpartner geben, vielleicht in Form einer Telefonberatung. Darüber könnte der Finder erfahren, wie man am besten weiter vorgehen sollte. Häufig werden stattdessen aus Mangel an solchen Beratungsangeboten, Tierärzte aufgesucht, deren Ausbildungsschwerpunkt auf Haustieren liegt. In der Folge erteilen diese oft falsche Auskünfte. „Sachsen würde es darüber hinaus sehr helfen, wenn es von Stationen wie dieser hier in Dresden mehr geben würde. Wir Menschen greifen massiv in Naturräume ein und haben deshalb auch eine Verantwortung gegenüber anderer Lebewesen“, so Tom Umbreit.
Zeit für die Freiheit
Für zwei der Turmfalken war am Freitag der große Tag gekommen. Ihre Verletzungen sind auskuriert und der ‚Mäusetest‘ wurde erfolgreich bestanden. Noch eine letzte Stärkung in Wurmform und auf ging es nach draußen. „Das ist immer ein besonders schöner Moment“, freut sich Ronja Fulsche.
Die Flügel und Beine der Vögel werden mit einer Hand festgehalten, sodass sie nicht aufgeregt umherflattern. Geduldig warten sie, bis sie behutsam auf dem Boden abgesetzt werden. Einer der beiden verliert dann aber keine Zeit mehr. Er flattert eifrig los und landet auf dem nächsten Baum. Nr. 2 lässt sich Zeit und schaut sich erst einmal um. Es scheint, er kann sein Glück noch nicht fassen. Doch schon nach kurzer Zeit steigt auch er in die Lüfte.
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