Der Holocaust, sein Ausmaß und seine Folgen sind wohl jedem ein Begriff. Schulunterricht, Bücher, Erzählungen von Zeitzeugen, ein Besuch in Gedenkstätten – es gibt viele Möglichkeiten, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Befangen macht es immer wieder, wichtig bleibt es dennoch. Das Zentralwerk stellt in Kooperation mit der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg aktuell Arbeiten des Fotografen Rainer Viertlböck aus. Diese befassen sich speziell mit den Außenlagern innerhalb des ehemaligen Deutschen Reichs.
Die Ausstellung
Das gedimmte Licht im Hauptausstellungsraum passt zu der Beklemmung, die den Besucher beim Betrachten der Fotografien erfasst. Begonnen hat Rainer Viertlböck damit, die großen Lager zu fotografieren und ist so auf die Außenlager aufmerksam geworden. In der Summe waren diese meist viel größer als die Hauptlager. Die Außenlagerthematik war jahrzehntelang nicht im Bewusstsein der Menschen präsent. Man konnte und vielleicht wollte man auch nicht begreifen, was dort geschah. Nach außen waren die Vorgänge unsichtbar. „Das eigentliche Geschehen war ein ökonomischer Vorgang. Dies erschließt sich einem nicht, wenn man eines der großen Lager besucht, sondern erst wenn man die industrielle Verwertung der Menschen betrachtet, die ansonsten unnütz waren“, erklärt der Fotograf.
Unerwartete Motive
Über beinahe ein Jahrzehnt hinweg hat Rainer Viertlböck die Standorte ehemaliger Außenlager aufgesucht und fotografiert. „Ich habe mich nicht auf eine Suche nach Relikten begeben, sondern einfach nur die Areale im Heute betrachtet, die durch die Vergangenheit geprägt sind“, erläutert der gebürtige Münchner seine Aufnahmen. Was ihm dabei vor die Linse kam, könnte unterschiedlicher nicht sein und oft wusste er nicht, was ihn vor Ort erwarten würde. Von ehemaligen Industriegebäuden, über Pferdehöfe bis hin zu bewusst angelegten Monumenten, um der Opfer zu gedenken. „Je mehr ich mich damit beschäftigte, umso mehr wurde auch ein Kaleidoskop an zeitgenössischer Architektur sichtbar, weil ich von der Luxusvilla bis zur Ruine, von der Baumwollspinnerei bis zu einem leer stehenden Eisenbahntunnel, alles vorfand“, berichtet der 1958 geborene Fotograf. Anhand der Bilder lässt sich somit auch auf die unterschiedliche Erinnerungskultur der Länder und Regionen, in denen sich die ehemaligen Standorte befinden, schließen. Vor allem aber wird deutlich, wie tief diese geschichtsträchtigen Orte auch heute noch in der Gesellschaft verankert sind. Mal ist es das Gebäude der Stadtverwaltung mitten in der Innenstadt, ein anderes Mal das Werk eines Automobilherstellers. Wie häufig man die früheren Außenlager im Alltag passiert, ist den wenigsten bewusst. Bis heute bleiben viele ungesehen – unsichtbar.
Zentralwerk als Lokation
Als ehemaliges Außenlager eignet sich das Zentralwerk hervorragend für eine Ausstellung wie diese. „Dass man sich an einem Ort bewegt, an dem wirklich Zwangsarbeit, Erniedrigung und Tod passierte, gibt den Bildern eine weitere Dimension“, findet Rainer Viertlböck. Mithilfe eines QR-Codes kann der Betrachter außerdem auf Infos bezüglich des jeweils abgebildeten Ortes zugreifen.
Noch bis Anfang November kann die Ausstellung besucht werden. Zusätzlich gibt es ein Rahmenprogramm. Im August wird es beispielsweise eine Zukunftswerkstatt mit Künstlerinnen und Künstlern geben, die sich mit dem Thema Erinnerungen auseinandersetzen. Zum Tag des offenen Denkmals am 11. September soll außerdem eine Podiumsdiskussion stattfinden.
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