Die Wahl von fünf Beigeordneten ist heute im Stadtrat gescheitert. Nachdem Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) sein Einvernehmen für die Wahl von Peter Lames (SPD) als Beigeordneten für Finanzen, Personal und Recht verweigerte, erreichte Lames im zweiten Wahlgang nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit von 44 Stimmen. Bei 66 abgegebenen Stimmen kam er auf 41 mal Ja und 25 mal Nein und war damit nicht gewählt.
Nach einer zehnminütigen Unterbrechung stellte Linke-Fraktionschef André Schollbach den Antrag auf Vertagung der ausstehenden vier Beigeordneten-Wahlen. Nachdem 45 Stadträtinnen und Stadträte dafür stimmten, schloss Hilbert die Sitzung.
„Die Destruktionspolitik des Oberbürgermeisters hat nun dazu geführt, dass die Stadt Dresden in Kürze ohne eine funktionierende Verwaltungsspitze dasteht. Der Kampf um einen Posten für seine FDP ist Herrn Hilbert offensichtlich wichtiger als das Wohl der Stadt“, kritisierte Schollbach kurz nach dem Abbruch der Sitzung. Die nächste reguläre Stadtratssitzung ist für den 15. September geplant. Die Amtszeit von drei der fünf Beigeordneten endet bereits am 11. September.
Streit um Zuschnitt der Geschäftsbereiche
Hintergrund ist ein Konflikt zwischen Hilbert und den Stadtratsfraktionen über den Zuschnitt der Verantwortungsbereiche der Beigeordneten und die Vorschlagsrechte für die Fraktionen. „Die Geschäftskreise der Beigeordneten werden vom Bürgermeister im Einvernehmen mit dem Gemeinderat festgelegt“, heißt es dazu in der Sächsischen Gemeindeordnung. Hilbert will die Zahl der sieben Beigeordneten beibehalten, aber teilweise umsortieren. Wichtigster Einschnitt ist die Bildung eines neuen Geschäftsbereiches Umwelt und Wirtschaft. Zudem sollen das Hochbauamt und die zentralen technischen Dienste in den Geschäftsbereich umbenannten Geschäftsbereich Facility Management, Ordnung und Sicherheit wechseln. Hilbert will nicht nur einen neuen Zuschnitt der Geschäftsbereiche, sondern auch neues Personal an seiner Seite. So soll künftig auch die FDP einen Beigeordneten-Posten bekommen. Im Gespräch dafür ist Sachsens FPD-Landesvorsitzende Anita Maaß, derzeit Bürgermeisterin in Lommatzsch. Sie soll den Geschäftsbereich Finanzen, Personal, Recht übernehmen. Die CDU-Fraktion will künftig den Beigeordneten für Wirtschaft und Umwelt stellen. Sie nominierte dafür ihrer Wirtschaftsexperten Steffen Kaden.
Grüne gegen Umwelt und Wirtschaft in einem Ressort
Der neue Zuschnitt der Geschäftsbereiche ist Bestandteil eines Positionspapiers von Oberbürgermeister Dirk Hilbert, mit dem er die Fraktionen auf einen gemeinsamen Kurs für die kommenden sieben Jahre einschwören will. Dafür hat er Schwerpunkte benannt und die Bildung einer Plattform zur Meinungsbildung vorgeschlagen, um strittige Fragen frühzeitig zu klären.
Das Hilbert-Programm und die Umstrukturierung stoßen bei den Stadtratsfraktionen auf ein geteiltes Echo. So betonte die Grünen-Fraktion heute noch einmal, dass sie eine Unterordnung der Umweltpolitik unter die Wirtschaft ablehnt. „Als stärkste Partei bei der letzten Kommunalwahl und angesichts von 38 Prozent der Stimmen für Eva Jähnigen bei der OB-Wahl, sehen wir ein starkes Mandat für die Fortführung der Arbeit von Eva Jähnigen als Umweltbürgermeisterin“, heißt es in einer heute verbreiteten Pressemitteilung. Jähnigen war bei der OB-Wahl die Herausforderin von Dirk Hilbert und im zweiten Wahlgang unterlegen. Ginge es nach dem Willen von Hilbert, müssten die Grünen als stärkste Partei sogar einen ihrer beiden Beigeordneten-Posten abgeben.
Wer gewählt werden soll
Von den sieben Beigeordneten sollten heute fünf neu gewählt werden:
- Beigeordneter für den Geschäftskreis Finanzen, Personal und Recht – Finanzbürgermeister ist aktuell Peter Lahmes von der SPD.
- Beigeordneter für den Geschäftskreis Ordnung und Sicherheit – Ordnungsbürgermeister und derzeit erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters ist aktuell Detlef Sittel (CDU).
- Beigeordnete für den Geschäftskreis Kultur und Tourismus – Kulturbürgermeisterin ist derzeit Annekatrin Klepsch (Linke).
- Beigeordneter für den Geschäftskreis Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen – Sozialbürgermeisterin ist derzeit Kristin Klaudia Kaufmann (Linke).
- Beigeordnete für den Geschäftskreis Umwelt und Kommunalwirtschaft – Umweltbürgermeisterin ist derzeit Eva Jähnigen (Grüne).
Die Posten der Beigeordneten für Bildung und Jugend sowie Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften stehen nach Neubesetzungen noch nicht wieder zur Wahl.
Auf die Ausschreibung für die fünf Beigeordnetenstellen hatten sich 13 Personen beworben, acht Männer und fünf Frauen. Eine Person bewarb sich auf zwei Stellen. Der Geschäftsbereich Finanzen, Personal und Recht erhielt eine Bewerbung. Für den Geschäftsbereich Ordnung und Sicherheit liegen drei Bewerbungen vor. Jeweils vier Bewerbungen sind für den Geschäftsbereich Kultur und Tourismus sowie Umwelt und Kommunalwirtschaft eingegangen. Der Geschäftsbereich Arbeit, Soziales, Gesundheit und Wohnen hat zwei Bewerber. Die Fraktionen des Stadtrates können unabhängig von den eingegangen Bewerbungen selbst Vorschläge zur Besetzung einbringen.
2 Kommentare zu “Stadtrat: Wahl von Beigeordneten scheitert an Konflikt zwischen Hilbert und Fraktionen”
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Selbst geschaffene Übel. Hätten sich die SPD- und Linken-Anhänger aus dem ersten Wahlgang nicht zur Enthaltung, oder noch schlimmer, Wahl des neoliberalen Kasperletheaters („Ich lasse mein Mandat bei der Spaßpartei ruhen und bin nun überparteilich“) entschlossen, hätten wir solche Probleme nicht mehr.
Ich würde ja gerne glauben, die ganze Aktion von HIlbert ist etwas anderes als ein unverblümter, dreister Versuch, seine stärkste Konkurrentin bei der Wahl zu schwächen plus FDP- Vetternwirtschaft. Aber ich schaffe es einfach nicht.