Am 12. Juni wird eine neue Oberbürgermeisterin oder ein neuer Oberbürgermeister für Dresden gewählt. Zur Wahl stehen eine Bewerberin und acht Bewerber. Gemeinsam mit dem Online-Magazin Neustadt Geflüster haben wir allen Kandidaten die gleichen Fragen gestellt. Die Antworten geben wir nun in umgekehrter Reihenfolge des amtlichen Stimmzettels hier wieder.
Verkehr
Der Radverkehr ist ein heiß umstrittenes Thema in der Stadt. Wie wollen Sie die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes für Dresden deutlich beschleunigen?
Die Umsetzung des Rad- und Fußverkehrskonzeptes muss zügig vorangetrieben werden, um die Verkehrssicherheit für Radfahrerinnen und Radfahrer sowie Fußgängerinnen und Fußgänger zu erhöhen. Hier gilt es, Oberflächenverbesserungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit vorzunehmen, Radvorrangrouten umzusetzen und dafür zu sorgen, dass in der Radinfrastruktur auf den Hauptverkehrsstraßen die noch immer zahlreich vorhandenen Lücken geschlossen werden.
Als Vater von zwei kleinen Kindern liegt mir das Thema Schulwegsicherheit ganz besonders am Herzen. Deshalb schlage ich einen regelmäßigen „Runden Tisch Schulwegsicherheit“ vor, an dem Schülerinnen und Schüler, Eltern, das Amt für Schulen mit dem zuständigen Bürgermeister, das Stadtplanungsamt mit dem zuständigen Bürgermeister, Polizei und Ordnungsamt sowie die Stadtratsfraktionen vertreten sind.
Es muss alles für eine Verbesserung der Schulwegsicherheit in Dresden getan werden. Deshalb hat die Fraktion Die Linke gemeinsam mit anderen Fraktionen dazu einen Antrag zur Schulwegsicherheit in den Stadtrat eingebracht.
Beim Parken auf der Straße gab es in der Vergangenheit erhebliche Preissteigerungen, gerade in der Äußeren Neustadt, was nun den Parkdruck in angrenzenden Stadtvierteln erhöht, in Pieschen zusätzlich durch eine zunehmende Lückenbebauung, sehen Sie eine Notwendigkeit da regulierend einzugreifen und falls ja, wie?
Die Parkgebühren wurden im vergangenen Jahr nicht unerheblich erhöht. Die Auswirkungen dieser Erhöhung sollten außerhalb der Ausnahmesituation der Corona-Pandemie analysiert werden. Hierbei wäre zu prüfen, ob und wo der vorhandene Parkdruck dafür spricht, das „Anwohnerparken“ einzurichten oder auszuweiten.
- 1978 in Meißen geboren, Vater von zwei Kindern
- Jura-Studiums an der TU Dresden, seit 2010 Rechtsanwalt in Dresden
- seit 1999 Stadtrat in Dresden, seit 2007 Fraktionsvorsitzender der Linken
- erfolgreich engagierte er sich 2012 für den Erhalt der Krankenhäuser Friedrichstadt und Trachau in städtischer Hand
- 2014 bis 2019 Abgeordneter im Sächsischen Landtag
- drückt im Stadion regelmäßig Dynamo Dresden die Daumen
- mehr über André Schollbach auf seiner Webseite
- mehr zur OB-Wahl in Dresden 2022
Wohnen
Ende Mai wurde über die Mietpreisbremse im Sächsischen Landtag entschieden, sollte diese in Dresden eingeführt werden?
Gerade bei Neuvermietungen sehen sich Mieterinnen und Mieter zum Teil drastischen Mietsteigerungen ausgesetzt. Immobilienunternehmen nehmen auf diese Weise ganz nebenbei erhebliche Gewinne mit. Diese Entwicklung muss endlich gestoppt werden. Deshalb ist die Einführung der Mietpreisbremse für Dresden richtig.
Soll Ihrer Ansicht nach die städtische „WiD Wohnen in Dresden“ gestärkt werden? Soll das Unternehmen Wohnungen vom Markt – zum Beispiel von der Vonovia – erwerben?
Steigende Mieten sind ein großes Problem für viele Menschen. Zwar ist in den vergangenen Jahren auch in Dresden eine Menge gebaut worden. Doch zahlreiche dieser Wohnungen sind sehr teuer und gehen an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei. Nicht wenige Dresdnerinnen und Dresdner haben Schwierigkeiten, eine geeignete und bezahlbare Wohnung zu finden.
Viele Menschen sind in Sorge, ob sie sich künftig die eigene Wohnung noch werden leisten können. Denn neben den Wohnungsmieten steigen auch die Kosten für Strom, Heizung, Lebensmittel, Bus und Bahn kräftig an. Diese Entwicklung bringt zahlreiche Menschen in erhebliche Nöte.
Die Stadt Dresden muss deshalb alle Möglichkeiten nutzen, um im Interesse der Mieterinnen und Mieter Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu nehmen. Dafür ist auch eine starke städtische Wohnungsbaugesellschaft nötig. Deshalb will ich die stadteigene Gesellschaft „Wohnen in Dresden“ (WiD) so weiterentwickeln und stärken, dass sie mittelfristig über einen Bestand von mindestens 15.000 Wohnungen verfügt. Dazu will ich über die bereits vorhandenen Wohnungen hinaus mindestens 3.000 städtische Sozialwohnungen bis zum Jahr 2030 neu bauen.
Einzelhandel
Viele Ladenflächen stehen leer und ungenutzt. Was wollen Sie zur Belebung des innerstädtischen Einzelhandels außerhalb der Altstadt tun, wie soll er wieder attraktiver werden?
Sowohl die Dresdner Innenstadt als auch die Stadtteilzentren brauchen neue Impulse und müssen mehr sein als Zentren von Konsum und Kommerz. Mein Ziel: Kunst und Kultur sollen in einer lebendigen Stadt deutlicher im öffentlichen Raum wahrnehmbar sein. Leerstehende Ladenlokale will ich Künstlerinnen und Künstlern sowie in der Kreativwirtschaft tätigen Menschen als Ateliers und Ausstellungsräume zur Verfügung stellen.
Mit einem „Programm zur Verbesserung der Lebensqualität“ werde ich Springbrunnen sanieren sowie mehr Bänke, Sitzgruppen und auch öffentliche Toiletten im Stadtzentrum, den Stadtteilzentren und an den Zentralhaltestellen schaffen.
Tempo in der Verwaltung
Wie kann die Verwaltung die Umsetzung bestehender Beschlüsse, vor allem beim Bauen und in der Stadtentwicklung beschleunigen? Der Stadtratsbeschluss zur Königsbrücker Straße zum Beispiel ist nun schon fast sechs Jahre alt. Die Entscheidung zum Sachsenbad hat fast 30 Jahre gebraucht.
Es bedarf vor allem eines klaren inhaltlichen Kurses der Rathausspitze und der Fokussierung auf gemeinsam zu erreichende Ziele, um zu erreichen, dass die Geschäftsbereiche und Ämter nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten.
Im Gegensatz zum derzeitigen Amtsinhaber möchte ich meine Zeit dafür einsetzen, die Probleme in Dresden zu lösen und Herausforderungen anzupacken statt ständig auf sogenannten „Dienstreisen“ um den Globus zu fliegen.
Digitalisierung – gibt es Bürgeranliegen, die nicht einfach und digital erledigt werden können? Was wollen Sie hier in den kommenden sieben Jahren bewegen?
Damit die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger zeitnah, in ordentlicher Qualität und bürgerfreundlich durch die Stadtverwaltung bearbeitet werden können, müssen die Bürgerämter mit ausreichend Personal ausgestattet werden.
Schiefe Ecke
Das Verwaltungsgericht Dresden hat die Stadtverwaltung im Dezember aufgefordert, „geeignete polizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der den Schutz der Nachtruhe bezweckenden Verbote ihrer Polizeiverordnung vom 25. Januar 2018 zu ergreifen“. Es geht konkret um die Kreuzung Rothenburger, Louisen-, Görlitzer Straße. Welche Maßnahmen sollten Ihrer Ansicht von Seiten der Stadt unternommen werden?
Das Ziel sollte ein vernünftiges Miteinander der Bewohnerinnen und Bewohner sowie der Besucherinnen und Besucher der Neustadt sein. Ich habe Zweifel, dass Verbote, Polizei und Repression das Problem nachhaltig lösen können und sehe die Gefahr einer Verlagerung. Daher sollte die Stadt vor allem auf Kommunikation und Schlichtung setzen, um den unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen gerecht werden zu können.
Vielen Dank für Ihre Antworten.