Mitten in Pieschen existiert seit kurzer Zeit ein neues Theater: der Kulturhafen. Dort wird in Zukunft die Improvisationstheatergruppe Yes-oder-Nie! auftreten. Seit letztem November beherbergt die Leisniger Straße 53 den Kulturhafen – in den ehemaligen Räumlichkeiten der traditionsreichen Tanzschule Graf. Die Akteure von Yes-oder-Nie! nutzten die Zeit der Corona-Beschränkungen, um den Ort umzubauen und ließen dabei ihrer Kreativität freien Lauf. Nach dem Motto Selbstgemacht, nachhaltig und umweltfreundlich entstanden Lampen aus Fahrradspeichen, eine Garderobe aus Matratzenfedern sowie selbst genähte Sitzkissen aus ebendieser Matratze und Schaumstoffspenden der Nachbarschaft.
Kennengelernt haben sich Lorenz Fischer, Marcus König und Valentin Reichert in der Freien Spielkultur und das Impro-Theater zu Beginn eher hobbymäßig neben Studium und Arbeit betrieben. Schnell entdeckten sie jedoch ihre Leidenschaft für Improvisation und gründeten 2017, zusammen mit Véronique Weber-Karpinski, ihre eigene Theatergruppe Yes-oder-Nie!.
Abgesehen von dem Wortspiel verbirgt sich hinter dem Namen eine der Grundregeln der Improvisation: say yes. Das bedeutet, dass grundsätzlich zu allem erst einmal „Ja“ gesagt wird. Der Input von Publikum und anderen Schauspielern wird angenommen und darauf aufbauend entstehen verschiedenste Szenen. Somit entwickelt sich das Theaterstück im selben Moment und nimmt immer wieder ungeahnte Wendungen.
Typisch für das Impro-Theater ist der Dialog mit den Zuschauern, welche beispielsweise gefragt werden, was sie gefrühstückt haben oder worauf sie sich in nächster Zeit freuen. Dadurch werden die Improvisationskünstler inspiriert und erhalten Ideen für den weiteren Werdegang ihrer Vorstellung. Ein einzigartiges Theater ohne Skript, welches jedes Mal aufs Neue eine Weltpremiere feiert.
Da das Impro-Theater von der Interaktion mit dem Publikum lebt, war insbesondere die Zeit während des Lockdowns schwer für die Schauspieler. Mit Livestreams sowie eigener Kameraführung versuchten sie die improvisierten Theaterstücke ins Wohnzimmer ihrer Zuschauer zu bringen. Um die Reaktionen des Publikums einzufangen, entwickelten sie hierfür raffinierte Methoden. Über einen Livechat, eine Telefon-Hotline und sogar einen Bilder-Upload konnte das Publikum in Kontakt mit Yes-oder-Nie! treten und die Vorstellung in eine bestimmte Richtung lenken.
Glücklicherweise ist es inzwischen wieder möglich, offline aufzutreten und mit dem Kulturhafen hat die Impro-Gruppe ein neues Zuhause gefunden. Dieser erhielt seinen Namen übrigens vom Alberthafen, wo die Schauspieler in einer Lagerhalle ihre ersten Stücke inszenierten.
Ab September bietet Yes-oder-Nie! Die nachfolgenden Impro-Formate im Kulturhafen an. Die Impro Comedy Show besteht aus mehreren kurzen Geschichten, die immer in großem Gelächter enden. Lorenz Fischer meint, dass es am schönsten sei, wenn sich die Leute gut unterhalten fühlen und ein Mix aus Comedy und erinnerungswürdigen Szenen entstehe. Ziel sei es, einen Abend der Leichtigkeit zu schaffen, der direkt ins Herz gehe.
Beim Impro-Krimi hingegen wird über zwei Halbzeiten ein Mordfall improvisiert, indem das Publikum den kompletten Rahmen vorgibt. So wurde schon eine junge Frau in einer Tankstelle erdolcht und eine Leiche aus den Reben eines Weinbergs geborgen. Gelegentlich werden die Stücke von Musikern begleitet, welche wie die Schauspieler live zu den Stücken improvisieren. Dadurch entsteht eine ganz besondere Atmosphäre.
Hinzu kommen die sogenannten Stadtirreführungen in verschiedenen Bezirken Dresdens. Das Versprechen der Impro-Stadtführer: Kühne Behauptungen statt fundierter Fakten mit null-prozentigem Wahrheitsgehalt. Dabei entdecken auch die Stadtführer einige Ecken Dresdens zum ersten Mal und machen ihre Unwissenheit mit viel Witz und Charme wieder wett.
Daneben bietet Yes-oder-Nie! verschiedene Workshops an, die nicht nur im Kulturhafen stattfinden, sondern auch außerhalb. So waren sie
beispielsweise schon in Firmen zur Teambildung, auf einem 18. Geburtstag und bei Junggesellenabschieden dabei.
Zukünftig sollen im Kulturhafen auch andere Künste aufblühen und regelmäßig stattfindende Konzerte sind bereits in Planung. Ab Oktober werden außerdem die Puppenspieler Grigorji und Randi Kästner-Kubsch mit ihrem August Theater den Kulturhafen für ihre Vorstellungen nutzen, da sie aufgrund der Sanierungsarbeiten im Rathaus Pieschen ihre Spielstätte vorübergehend verlassen müssen.
Neugierige können bereits Tickets für unterschiedliche Impro-Theaterstücke und Stadtirreführungen nach der Sommerpause erwerben. Die offizielle Eröffnung findet am 25. September statt. Dann wird die neue Kulturstätte Pieschens mit einer großen Show eingeweiht.
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