Der Ballsaal im Zentralwerk ist am Wochenende offiziell eingeweiht worden. Eine Sektflasche zerschellte zur Feier des Tages an der Außenwand im Hof. Das hat hier Tradition. Im Mai 2017 traf die Sektflasche zielgenau gegenüber auf die Wand des Haupthauses, in dem sich neben Ateliers auch viele der 22 Wohnungen der Zentralwerker befinden. Damals feierte das Zentralwerk seine Eröffnung mit 22 Wohnungen und rund 70 Ateliers. 2018 begannen die Arbeiten im Gemeinschaftshaus, in dem sich neben dem Ballsaal ein kleiner Saal, weitere Ateliers und ein Kabinett befinden.
Nikolaus Woernle erinnert sich noch gut an die Anfänge. 2013 residierte in dem Gebäude ein alter Herr mit seinem Eurobasar. Jede Ecke war zugestellt mit Möbeln. Viel Gerümpel war nach dessen Auszug einfach liegen geblieben. „Es war ein langsamer Übergang“, sagt der Musiker, der zum Vorstand des Zentralwerk e.V. gehört. „2014 und 2015 haben wir den Saal und den riesigen Keller darunter entrümpelt. Die Toiletten waren verwüstet und verdienten den Namen nicht“, sagt er. Das Dach war marode und musste repariert werden. Loses Parkett, Fliesen und alte Wände wurden entfernt.
Die Arbeit, die in dem Gebäude steckt, muss der Besucher Schritt für Schritt entdecken. Die Toilettenräume wurden neu gebaut – für Männer, für Frauen und für alle, die einen barrierefreien Zugang benötigen. Etliche Stolperfallen auf den Fußböden mussten repariert werden. Verschiedenste Brandschutzauflagen waren zu erfüllen. Wichtigstes Vorhaben war der Einbau der 80.000 Euro teuren Lüftungsanlage. Mit einer Crowdfunding-Kampagne wurden erfolgreich fehlende Mittel eingesammelt. „Jetzt können wir den Saal etwa drei Viertel des Jahres nutzen“, meint Woernle. Der Einbau einer Heizung sei eine weitere große Herausforderung. Zwar sei das Zentralwerk inzwischen an die Fernwärme angeschlossen, im Gemeinschaftshaus fehlen aber sämtliche Rohrleitungen und Heizkörper.
An der Kastendecke des Ballsaals blättert die Farbe ab, wie auch an anderen Stellen. Der hervorragenden Akustik tut das keinen Abbruch. Als zur feierlichen Eröffnung der erste Beifall ertönt, klingt es wie von mindestens tausend Händen. Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) lobte die Zentralwerker für ihr Durchhaltevermögen, Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) erklärte, dass der „Ballsaal danach ruft, entdeckt und bespielt zu werden“. Was im Zentralwerk geschieht, lasse sich keiner Kategorie zuordnet, meinte Carena Schlewitt, Intendantin des Festspielhauses Hellerau und fand, dass dies „ein Ort ist, der auf der Stadtkarte vermerkt sein sollte“. Der Stadtbezirksbeirat Pieschen hatte für die Vorbereitung und Durchführung des Tages des Offenen Zentralwerkes 15.000 Euro Fördermittel bereit gestellt.
Mit „Mahna Mahna“ wurde den Rednern mit Hilfe von Chor und Publikum ein musikalischer roter Teppich bis zum Mikrofon ausgerollt – eine Idee, mit der Co-Moderator Dieter Beckert die steife Atmosphäre unbedingt auflockern wollte. Auch zum Finale war das Publikum gefragt. Gemeinsam mit dem Chor wurde ein „Disproportionskanon“ intoniert – eine Erklärung würde jetzt einfach zu lange dauern.
Tausende Stunden an Eigenleistung stecken bereits im Gemeinschaftshaus. Darum gab es einen Dank an alle freiwilligen Helferinnen und Helfer. Während die rund 200 Namen auf den Bühnenhintergrund gebeamt wurden, kamen aus allen Richtungen Mitwirkende, mischten sich unter das Publikum und lasen die Namen laut vor. Das war bewegend und passte zu den Zentralwerkern.
Nikolaus Woernle ist sicher, dass noch viele weitere Stunden notwendig sein werden. Er wohnt im Zentralwerk und hat sein Studio dort in der Wohnung. „Unserer Tochter ist ein Zentralwerkskind und hier auf der Baustelle geboren“, sagte er. In dieser Gemeinschaft von Erwachsenen und Kindern fühlt man sich einfach wohl.
Während Dieter Beckert nach der Feier mit seiner Kommune Woodstock unter der Robinie musiziert, ist Anja Kempe mit der er die Eröffnungsfeier moderierte, mit ihren Raumzonenkostümen im Zentralwerk-Hof unterwegs. Sie gehörte zeitweise zum Vereinsvorstand und wurde 2017 als Professin für Fotografie/Medien an die Hochschule der Bildenden Künste Essen berufen. In der Corona-Zeit habe sie sich viel mit den inneren Eigenwelten beschäftigt und dabei auch Gleichgesinnte gefunden. Verteilt über den Hof findet man verschiedene Ergebnisse dieser Arbeit. Anja Kempe hat sich für Konstruktionen aus Weide entschieden. Man kann in sie hineinschlüpfen. „Da bewegt man sich ganz anders“, führt sie es auch gleich vor und macht sich auf den Weg durchs Publikum.
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