Thema: Meine Corona Geschichte

Jetzt wird es aber Zeit … – von Gerda Kočí

Da mir gerade der Kopf zu platzen scheint, will ich hier mal eine Pause machen und mitteilen, dass ich neuerdings ein paar Sprachen lerne. Hätte ich früher total ausgeschlossen. Schließlich bin ich so gar nicht mehr jung. Die derzeitige Situation macht es leider nötig.

Momentan geht mir ständig die Angst durch den Sinn. Was, wenn mich die Seuche erwischt? Was, wenn ein Krankenhausaufenthalt nötig wird? Bei unseren kaputtgesparten Kliniken, bei so viel eingespartem Personal!

Ein junger Pfleger, dem ich im Bus begegnete, berichtete von den neuen Richtlinien. Seit geraumer Zeit kommen Pfleger zur Ausbildung aus anderen Ländern. Dabei käme es nicht auf Sprachkenntnisse an, die fachliche Kompetenz wird geprobt und bei Eignung auch bescheinigt.

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Aukai und Ensemble im Parkhotel


So übe ich also polnisch, vietnamesisch und rumänisch. Mein Gott, ist das schwierig. Und nirgendwo Unterstützung. Niemand, mit dem man üben könnte. Vokabeln abfragen? Mit wem denn, bleiben ja alle zu Hause. Aber ich wäre kein geübter DDR- Bürger, wenn ich mich nicht doch durchbeißen würde.

DDR ist auch so ein Stichwort. Wie hätte denn unser Staatsratsvorsitzender auf den Virus reagiert? Schließlich bedurfte die Wirtschaft besonderer Fürsorge. Hätten wir damals genügend Klopapier kaufen können? Auch wir hätten zu Hause bleiben müssen in Quarantäne. Zu Hause arbeiten? Die englische Bezeichnung dafür wäre uns erspart geblieben. Den Computer gab es noch nicht.

Irgendwann hätte Tante Lisbeth aus dem sozialistischen Bewusstsein heraus für alle im Lande in Heimarbeit genügend Masken genäht, die wären verordnet worden und keiner hätte aufgemuckt. Wenn sich dann noch andere Frauen im Lande an der Maskennäherei beteiligten, hätte man sogar den großen Bruder beliefert.

Querdenken wäre keinem eingefallen, wenn doch, hätte man das bald gelassen. Die Quarantäne hätte man vielleicht nicht zu Hause absolviert. Und bei Fertigstellung eines Impfstoffes wäre ein Zug nach dem anderen aus dem fernen Moskau unterwegs gewesen, nach ein paar Wochen eingetroffen und jeder wäre freudig zum Impftermin erschienen, auch wenn man da in Schlange gewartet hätte. Wo waren damals all die Impfgegner, die wir heute in Vielzahl haben?

Schluss jetzt, ich muss wieder an die Vokabeln.

Drei Wochen später: Ich kann stolz verkünden: “Ich bin ich perfekt in polnisch, vietnamesisch und rumänisch.“

Aber was mache ich, wenn die Pflegerin aus Indien oder Korea kommt?

AUFRUF: IHRE CORONA-GESCHICHTEN

Angaben über die Zahl der am Covid-19-Virus erkrankten und verstorbenen Einwohnerinnen und Einwohner in Stadtbezirk Pieschen werden nicht erhoben. Die Statistik liefert nur stadtweite Daten.

Wir möchten statt dessen gern Ihre Geschichten und Erlebnisse aus dem vergangenen Jahr und den kommenden Monaten hier veröffentlichen. Was hat Sie beschäftigt, woran sind Sie verzweifelt, was hat Ihnen Mut gemacht, was hätten Sie anders gemacht? Homeoffice, E-Learning, Corona-Einmalhilfen, Mundschutz, Notbetreuung, Systemrelevanz, Intensivstation, Isolation, Quarantäne und viele Stichworte haben das Leben anders werden lassen.

Schreiben Sie Ihre kurze oder längere Geschichte auf und schicken sie diese an redaktion[at]pieschen-aktuell.de. Teilen Sie uns eine Mail-Adresse oder Telefonnummer mit, falls es Rückfragen gibt. Gern können Sie auch ein Foto mitschicken – samt Autorenangabe.

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