Im Herzen einer Lagerhalle schlummert die Kesse Comtesse Seite an Seite mit ihren drei Geschwistern friedlich ihrem Erwachen entgegen. Es ist nicht etwa eine Gräfin aus Fleisch und Blut, die dann, wenn sie ihren vollen Charme entfaltet hat, zahlreiche Abendgesellschaften mit ihrer Anwesenheit beglücken wird. Den königlichen Ursprung kann man ihr indes nicht absprechen. Die Rede ist von einem Wein. Gewachsen auf dem Wachwitzer Königlichen Weinberg, hergestellt und abgefüllt in Pieschen. Das alles unter der fachkundigen Hand von Alexandre Dupont de Ligonnès.
Wie der Wein zum Winzer kam
Alexandre ist Winzer aus Berufung. Wenn man denn das Resultat der unvorhergesehenen Wendungen, die das Leben erfrischenderweise bereithält, so nennen möchte. Er wandte sich, nachdem er schon als Kind mit seiner Familie Paris verlassen hatte und in Bayern aufgewachsen war, zunächst dem Studium der Ostasienwissenschaften zu. Nebenbei arbeitete er als freier Übersetzer – ein ortsunabhängiger Job, der es erlaubte, Heidelberg zu verlassen, um dem Ruf der Freundschaft nach Dresden zu folgen.
Auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, die Zweisprachigkeit beruflich einzusetzen, landete Alexandre dann auf der Website von Schloss Wackerbarth. Und entschied sich spontan, statt Fremdenführer doch lieber Winzer zu werden. Zurück also auf die Schulbank, aber vor allem raus in die Weinberge, die ihm nun zur vertrauten Umgebung wurden. Nach der Ausbildung setzte er seine frisch erworbenen Fähigkeiten zunächst auf einem südfranzösischen Weingut ein, bis ihn nach einem Jahr das Angebot erreichte, in Wachwitz eine Rebfläche zu übernehmen.
Zu der kamen im Laufe der Zeit dann noch weitere in Radebeul und Meißen; heute bewirtschaftet der Winzer insgesamt 2,5 Hektar. Dort wächst, typisch sächsisch, eine bunte Mischung aus Rebsorten, die sich später in vier verschiedenen Weinen wiederfinden. Das Farbspektrum beginnt bei weiß, geht über orange und rosé, landet schließlich bei rot. So minimalistisch und natürlich wie das Angebot ist von vorn bis hinten auch die Produktion.
Natürlich aus Überzeugung
Das geht los bei den Pflanzen, die mit biologischen statt chemischen Spritzmitteln behandelt werden. Auch in der weiteren Verarbeitung setzt Alexandre auf Ursprünglichkeit: „Wenn etwas auf natürliche Weise funktioniert, warum soll ich dann etwas Künstliches hinzufügen?“ erklärt er seine Entscheidung, den Wein spontan gären zu lassen, anstatt gezielt Hefe zuzugeben. Dem Risiko, dass die Entwicklung dann wenig vorhersehbar ist, wirkt er mit regelmäßiger und sorgfältiger Kontrolle entgegen.
Auch auf Schwefel, Filtration und andere Zugaben verzichtet er, sodass in Tanks, Amphoren und einem Tonei reine, charakteristische Naturweine heranreifen. Und die finden internationalen Anklang. Alexandre träumt denn auch eher von künftigen Geschäftsbeziehungen nach Japan oder China (um brachliegende Sprachkenntnisse aus dem Studium aufzufrischen) als vom nächsten Sächsischen Weinfest. Er ist aber – trotz der deutschen Zurückhaltung, was die Lust am Geldausgeben für gutes Essen und hochwertige Weine betrifft – nicht nur im Beruf, sondern auch in der Stadt angekommen. Mittlerweile ganz zuhause in Dresden, wo seine Töchter Schule und Kindergarten besuchen und sein Hund Texas fröhlich an der Elbe tobt.
Gleich zwei Winzer haben den Weg aus Paris nach Pieschen gefunden. Über Frédéric Fourré und die Kunst des Weinbaus berichteten wir hier vor einer Woche.
4 Kommentare zu “Alexandre Dupont de Ligonnès und der Wein, der aus Pieschen in die Welt geht”
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Moin, sollte er zufällig auch Wein verkaufen, wäre ein Link sehr hilfreich, für beide Seiten.
Danke Gerhard
Siehe am Ende des ersten Absatzes.
danke, ok. Den Unterstrich optisch nicht erkannt.
Dieser Link scheint hilfreicher:
https://www.weinkombinat.com/weisswein/507-alexandre-dupont-de-ligonnes-tausendsassa.html
Nicht umsonst, aber bestimmt mal eine Entdeckung wert.
Helge