„Unser Trinkwasser riecht und schmeckt nach Chlor“, hat uns eine Anwohnerin aus der Mohnstraße geschrieben. Auch in der Oschatzer Straße hat ein Leser ähnliche Beobachtungen gemacht. Am Servicetelefon für die Drewag-Kunden habe er die Auskunft erhalten, dass die Wassermischung wegen Reparaturarbeiten am Wasserwerk Coschütz verändert wurde – das Trinkwasser käme jetzt überwiegend aus den Wasserwerken in Hosterwitz und Tolkewitz.
Das ist richtig, bestätigte Jürgen Storm von der Drewag Netz im Gespräch mit Pieschen Aktuell. Storm ist als Gruppenleiter verantwortlich für die Qualitätssicherung beim Trinkwasser. Seit 14. September ist das Wasserwerk Coschütz planmäßig außer Betrieb. Bis zum 14. Dezember werden Reparaturarbeiten in einem Trinkwasserstolln zwischen der Talsperre Klingenberg und dem Wasserwerk Coschütz durchgeführt, zudem seien turnusmäßige Wartungsarbeiten im Werk selbst erforderlich.
„Während dieser Zeit werden die Fördermengen der Wasserwerke in Hosterwitz und Tolkewitz dementsprechend erhöht. Somit bleibt die Trinkwasserversorgung für alle Kunden gesichert. Lediglich die Mischungsverhältnisse des bereitgestellten Trinkwassers ändern sich“, erläutert Storm. Der Großteil des Trinkwassers komme jetzt aus Hosterwitz. Dort werde auch die abschließende Trinkwasserdesinfektion durchgeführt. Im Unterschied zu Coschütz und Tolkewitz werde in Hosterwitz aber nicht Chlordioxid sondern Chlorgas verwendet, das einen etwas intensiver rieche habe. Ein weiterer Grund für den intensiveren Geruch sei die Erhöhung des Anteils von freiem Chlor von 0,1 auf 0,2 Milligramm je Liter. Dazu habe man sich entschlossen, weil durch den Regen im November der Anteil der eingespülten Mikroorganismen deutlich gestiegen sei.
Für den „Schwimmbad“-Geruch, insbesondere am Morgen, führt Storm physikalische Gründe ins Feld. „Durch die Erwärmung des jahreszeitlich bedingt kälteren Trinkwassers innerhalb der Hausinstallation – besonders in den
Nachtstunden ohne Trinkwasserentnahme (Stagnation) und eventuell auch noch verstärkt durch eine unzureichende Isolation der Kaltwasserleitungen – nimmt die Gaslöslichkeit ab, was in Verbindung mit der Druckentspannung
des Trinkwassers beim Öffnen des Wasserhahnes ein Entweichen des noch nicht umgesetzten freien Chlors zur Folge hat. Beim Zapfen des Trinkwassers wird dann das leichtflüchtige freie Chlor wahrgenommen.“
Fazit
„Das Trinkwasser kann aber bedenkenlos konsumiert werden, da es alle Anforderungen der Trinkwasserverordnung erfüllt“, betont Jürgen Storm. Im Interesse des Verbraucherschutzes habe die Bereitstellung eines bakteriologisch
beanstandungsfreien Trinkwassers in jedem Fall Vorrang vor der Vermeidung einer geruchlichen Wahrnehmung des Desinfektionsmittels. Und dann hat er noch einen Tipp parat: Wenn das Trinkwasser nach dem Zapfen eine Weile im Krug stehen bleibt, sollte es auch weitestgehend geruchsfrei sein.
Vor zwei Jahren haben wir hier schon einmal über „komisch riechendes Trinkwasser“ berichtet. Die Ursachen waren andere als jetzt, aber im Interview erläuterte Jürgen Storm viele Details, die auch heute noch aktuell sind.
Informationen zur Trinkwasserqualität in den Stadtteilen
Hier findet man eine grün stilisierte Stadtkarte mit den hinterlegten Versorgungszonen. Der Stadtbezirk Pieschen gehört zur Versorgungszone 4. Hier sind auch die Analysedaten der Wasserwerke Coschütz und Hosterwitz zu finden, aus denen der Stadtbezirk im Regelbetrieb versorgt wird.
Trinkwasserqualität: Analysedaten des Vorjahres
Hier findet man die Analysendaten des Trinkwassers des jeweiligen Vorjahres, die auch für den gegenwärtigen Zeitpunkt repräsentativ sind.
Liste des Umweltbundesamtes – Auflistung aller Stoffe, die für die Desinfektion des Wassers eingesetzt werden können (Seite 24 bis 25)
5 Meinungen zu “„Unser Wasser riecht nach Chlor“ – Antworten von Jürgen Storm, Gruppenleiter bei der Drewag Netz”
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Vielen Dank für die Recherche und gut verständliche Aufklärung! Wir haben den veränderten Geschmack auch wahrgenommen.
Auch hier in der Altstadt riecht das Wasser aus der Leitung periodisch immer wieder sehr stark nach Chlor, was bei laufendem Wasser selbst in einiger Entfernung noch leichte Übelkeit erzeugen kann. Laut meinen Beobachtungen tritt dies alle paar Monate auf und bleibt dann einige Wochen lang bestehen, bevor es dann wieder geruchsneutral wird. Eine Nachfrage ergab auch nur irgendetwas von „anderen Wasserwerken“. Von der Harmlosigkeit nach Chlor riechenden Wassers bin ich dennoch nicht überzeugt. Der Körper zeigt nicht umsonst eine Abwehrreaktion dagegen und einen Unwillen, dieses Wasser zu konsumieren. Denn dann könnte man auch von der Harmlosigkeit diverser Pestizide überzeugt sein, die in unseren Lebensmitteln ja ebenso kompatibel mit den offiziellen Grenzwerten sind.
Vielen Dank für die Aufklärung und Erläuterung. In Dresden – Plauen haben wir wie beschrieben diesen Chlorgeruch bei Entnahme des Wassers auch stark wahrgenommen.
Auch in Dresden Striesen ist der furchtbare Chlorgeruch und Geschmack seit Tagen kaum zu ertragen. Ich habe einen Schluck Wasser aus der Leitung getrunken und wierde davon abraten. Das biete ich nicht mal meiner Katze an.
Bei uns im Büro kommt auch seit letzter Woche extrem stark nach Chlor riechendes Wasser aus der Leitung. In den Pools und Schwimmbädern ist es ja so, dass es erst richtig schlecht riecht, wenn das Wasser tatsächlich verunreinigt ist – liegt es dann vielleicht an den alten Leitungen, dass der Geruch stärker ist? Zu Hause im 1996 gebauten Haus kann ich den Geruch nicht wahrnehmen. ? Ich trinke jetzt trotzdem den Tee mit dem abgekochten Wasser, habe jedoch kein gutes Gefühl, obwohl ich sonst gar nicht ängstlich bin.