Thema: Stadtbezirksbeirat

Sachsenbad-Verkauf: Stadtbezirksbeirat Pieschen will Entscheidung vertagen

Der Stadtbezirksbeirat Pieschen hat sich gestern Abend mit widersprüchlichen Beschlüssen zum geplanten Verkauf des Sachsenbades positioniert. Zunächst stimmten die Beiräte für eine Vertagung der Entscheidung über die Vorlage bis zum 31. März 2021. Bis dahin, so der entsprechende Antrag der Grünen, soll die städtische Stesad GmbH „ein wirtschaftliches Gesamtkonzept zur Sanierung des Sachsenbades erstellen, welches ohne gesonderte Zuschüsse finanzierbar ist“. Dann stünde auch eine Alternative zum Verkauf an einen privaten Investor zur Debatte. Der Antrag bekam eine Mehrheit.

Obwohl gerade vertagt, wurde dann die eigentliche Verkaufsvorlage zur Abstimmung aufgerufen. Die Stadtbezirksbeiräte lehnten sie mehrheitlich ab. Ein Antrag, die Konzeptausschreibung zum Verkauf des Sachsenbades aufzuheben, fand eine Mehrheit. Im vierten Abstimmungsgang sprachen sie die Stadtbezirksbeiräte dafür aus, dass das Bürgerforum stattfinden soll, bevor der Stadtrat eine Entscheidung fällt. Die beiden letzten Anträge hatte Stadträtin Pia Barkow (Linke) vorgestellt und erläutert.

Die gut 20 Gästeplätze waren fast alle besetzt. Foto: W. Schenk

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Aukai und Ensemble im Parkhotel


„Eine unglückliche Regie“, findet Stadtbezirksbeirätin Annett Zschoppe (CDU) und Beirätin Rebecca Overmeyer (SPD) ergänzt. „Ich finde das Ergebnis der Abstimmung widersprüchlich“. CDU und SPD hatten Änderungsanträge zur Verkaufsvorlage schriftlich eingereicht. Annett Zschoppe hätte den Antrag gern vorgestellt. „Wir hatten ein Kompromissangebot erarbeitet, bei dem alle streitenden Seiten ihr Gesicht hätten wahren können“, sagte sie. Vorgeschlagen wird, dass die Einnahmen aus dem Verkauf – rund 1 Million Euro – zweckgebunden für ein neues Schwimmbad im Stadtbezirk verwendet werden, zum Beispiel für den Kauf eines Grundstückes und die Planungskosten. Zudem wird die Stadtverwaltung beauftragt, bis zum Doppelhaushalt 2023/24 mit der Projektierung zu beginnen. Mit dem Investor sollte noch einmal darüber verhandelt werden, ob Teile des Gebäudes für Gesundheitseinrichtungen oder ein Stadtteilzentrum vermietet werden können. „Aus meiner Sicht“, so Zschoppe, „hätte die Beratung der Änderungsanträge vor einer Abstimmung über die Verschiebung der Vorlage stattfinden müssen“.

Uwe Sochor und Rebecca Overmeyer hatten für die SPD ebenfalls eine Beschleunigung der Planung für ein neues Schwimmbad beantragt, zudem sollten 25 Prozent des Verkaufserlöses in „Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen, wirtschaftlichen, ökologischen und sportlichen Infrastruktur im Stadtbezirk Pieschen“ verwendet werden. Mit dem mündlich eingebrachten Antrag der Grünen sei plötzlich eine „komplexe Gemengelage“ entstanden, sagte Overmeyer. Sie hatte darum eine Unterbrechung der Beratung beantragt. „Wir wollten erreichen, dass eine Variante gefunden wird, die den Investor im Boot lässt, sollte uns das Ergebnis der Stesad nicht gefallen“, sagte sie. Weil Christian Wintrich als Leiter der Beratung den Antrag der Grünen als den weitestgehenden einordnete, habe er leider auf die Vorstellung und Debatte der beiden Änderungsanträge von CDU und SPD verzichtet, so Overmeyer.

Zuvor hatte Sebastian Kallensee vom Amt für Hochbau und Immobilienverwaltung die Verkaufsvorlage vorgestellt und in der Diskussion weiter erläutert. Antworten auf Fragen zur Bäderfinanzierung in Dresden und zur Zukunft eines Schwimmbades im Dresdner Norden blieb er schuldig. Im Gegensatz zur öffentlichen Einwohnerversammlung, wo neben dem Oberbürgermeister auch der Baubürgermeister und der Bürgermeister für Finanzen und Sport auf die Fragen antworteten, hatte die Verwaltung den Stadtbezirksbeiräten ausschließlich den Experten aus der Immobilienverwaltung geschickt.

Dorothea Becker von der Sachsenbad-Initiative appellierte, das Gebäude nicht an einen privaten Investor zu verkaufen. Foto: W. Schenk

Gastrednerin Dorothea Becker von der Bürgerinitiative „Endlich Wasser ins Sachsenbad“ hatte an die Stadtbezirksbeiräte appelliert, dem Verkauf des stadteigenen Grundstücks nicht zuzustimmen. Im Namen der Bürgerinitiative forderte sie ein Gesamtkonzept für das historische Ensemble aus Sachsenbad, Sportanlagen, Wohn- und Bibliotheksgebäude, den Beginn der sofortigen Sanierung des Bades durch die Stadt und das Ausweisen eines Grundstückes für einen Schwimmhallen-Neubau durch den Oberbürgermeister.

In der weiteren Diskussion unterbreitete Grünen-Stadträtin Kati Bischoffberger dann den Vorschlag, die Stesad mit der Erarbeitung eines Konzeptes zu beauftragen, das den Verbleib des Gebäudes im städtischen Eigentum erlaubt. Stadträte haben Rederecht in den Sitzungen des Stadtbezirksbeirates. „Ich sehe, dass wir im Stadtrat keine Mehrheit für den Erhalt des Sachsenbades als Schwimmbad bekommen“, sagte sie. Ihre Fraktion wolle aber erreichen, dass das Gebäude im Eigentum der Stadt bleibe. Der Vorschlag, darum die Entscheidung über die Verkaufsvorlage zu verschieben und ein entsprechendes Konzept zu beauftragen, wurde dann auch abgestimmt.

„Die Verkaufsvorlage ist nicht meine Vorzugsvariante“, sagte CDU-Stadtrat Veit Böhm in der Debatte. Er befürchte, dass wieder alles offen sei wie in den vergangenen 25 Jahren, wenn jetzt der Verkauf abgelehnt werde. Die Technischen Werke der Stadt, aus deren Erlösen viele defizitäre Bereiche des Stadtlebens querfinanziert würden, stehe als Cashcow nicht unendlich zur Verfügung. Allein die Dresdner Verkehrsbetriebe würden zusätzliche Zuschüsse von 25 Millionen Euro benötigen, erläuterte Böhm. Stefan Engel, der für die SPD im Stadtrat sitzt, erinnerte an den Beschluss des Pieschener Ortsbeirates vom April 2018. Damals habe man der Konzeptausschreibung mit einigen Änderungen zugestimmt. Das Gesundheitsbad sei für alle die Vorzugsvariante gewesen. Ja, aber andere Nutzungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschlossen worden, betonte Engel. Was sei die Alternative zum Verkauf, fragte er und antwortete. „Ich fürchte, dass wir am Ende mit leeren Händen dastehen.“

Bereits am morgigen Donnerstag steht die Verkaufsvorlage samt Auswertung der Einwohnerversammlung vom 16. November auf der Tagesordnung im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bau, Verkehr und Liegenschaften. Am 17. Dezember, so die derzeitige Planung, soll der Stadtrat beraten und möglicherweise auch entscheiden. Er ist nicht an die Beschlüsse des Stadtbezirksbeirates Pieschen gebunden.

Auch bei der inzwischen fünften Sitzung des Stadtbezirksbeirates im Ballsaal des Brauhauses Watzke spielte die Akustik nicht mit. Obwohl es inzwischen Mikrofone an den Plätzen im Präsidium, bei den Stadtbezirksbeiräten und für die Gastredner gab, waren viele Wortbeiträge für die Gäste und in den hinteren Reihen bei den Beiräten nicht zu verstehen.

 

2 Meinungen zu “Sachsenbad-Verkauf: Stadtbezirksbeirat Pieschen will Entscheidung vertagen

  1. Dieter Schmitz sagt:

    Zunächst einmal ein Danke an die Aktiven der Bürgerinitiative für ihren unermüdlichen Einsatz.

    Nicht zum ersten Mal wird ein Gesamtgesellschaftlicher Anspruch auf Lebensqualität der Bewohner seitens der verantwortlichen Politik und Verwaltung ignoriert. Bereits in der Thematik Hufewiesen zeigte sich ein völliges Desinteresse derer, die heute vor dem Scherbenhaufen Sachsenbad stehen und mit völlig unrealistischen Vorschlägen von ihrem Versagen ablenken wollen.

    Gesichtswahrung, bedeutet das nicht Blendwerk? Von Verantwortung ist nichts sichtbar. Ebenso wenig eine Lösungsansatz. Ein Grundstück kaufen, leicht gesagt, aber ist dies auch nur annähernd realistisch, durchführbar? Und ist jetzt schon ein Projektantrag für den Haushalt 2023/24 möglich? Ohne jedwege Planung, nicht mal ein Stapel Legosteine? Da habe ich erhebliche Zweifel an der Seriösität der Dienstleistung von Politik und Verwaltung.

    Das Problem der nicht vorhandenen Kapazitäten wurde durch Unterlassung geschaffen. Der jahrelange Einsatz der Mitglieder der Bürgeriniative führte zu einer Wahrnehmung in einer breiten Öffentlichkeit, etwas, was die Ruhe und Beschaulichkeit der honorablen Herrschaften in Frage stellt. Nicht zu Unrecht, wie der Umgang mit der durchzuführenden Bürgerbefragung zeigt. Da ist es ausreichend wenn es auf dem Papier steht. Ob ein Virus die Durchführung verhindert oder ein plötzlich eintretendes Hochwasser, da findet sich schon was.

  2. […] ohne städtische Zuschüsse möglich wären. Für diese Variante hatte am vergangenen Dienstag auch die Mehrheit im Stadtbezirksbeirat Pieschen plädiert. Ob die Stesad GmbH einen entsprechenden Auftrag des Oberbürgermeisters oder des […]