Bürgerpolizist Henning König: Ich lerne viele Familiengeschichten kennen

„Zu achtzig Prozent bin ich Seelsorger und Psychologe“, sagt Henning König. Das klingt ungewöhnlich. Der Polizeihauptmeister ist einer von drei Bürgerpolizisten im Stadtbezirk Pieschen. Pieschen Süd und Stadt Neudorf gehören zu seinem Revier. Mit dem Schulstandort Gehestraße kommt ein künftig sehr belebtes Areal dazu. Ab August sollen hier knapp 2.000 Schülerinnen und Schüler lernen.

Die Mischung der Einwohner zwischen Alexander-Puschkin-Platz und Wurzener Straße sei sehr vielfältig. Gutbürgerlich, alternativ, Hartz-IV-Empfänger, Obdachloseneinrichtungen, Pflegeheime – hier wohnen Menschen mit sehr verschiedenen Lebensauffassungen miteinander. „Ich habe 2000 hier als Bürgerpolizist begonnen. Ausreichend Zeit, um viele Familiengeschichten kennenzulernen“, erzählt Henning König. Die Gelegenheiten dafür sind sehr vielfältig. Lärmbelästigung, häusliche Gewalt, oft verbunden mit Alkohol oder Drogenmissbrauch, Geldknappheit seien oft Anlass für Beschwerden in der Nacht. Am nächsten Tag übernimmt er dann, was seine Kollegen im Bereitschaftsdienst aufgenommen haben. Dann geht er zu den Betroffenen nach Hause oder hört sich an, was sie bei der Vorladung zu erzählen haben. Dabei würde er oft mit sehr persönlichen Situationen konfrontiert.

Wenn es zum Beispiel Streitigkeiten unter Eheleuten gibt. Oder jemand holt seine Musikanlage ab, die die Kollegen in der Nacht mitgenommen haben. Da reicht manchmal eine Ermahnung. Im Zweifel steht aber eine Ordnungswidrigkeit im Raum, sagt er. „Wir haben einen Ermessensspielraum, den ich auch nutze“, erläutert er. Gefragt als Bürgerpolizist sei er aber auch, wenn zum Beispiel ein Gerichtsvollzieher Unterstützung benötigt.

Regelmäßig schaut Henning König in den Schulen und Kitas in seinem Revier vorbei. Manchem Verein kann er einen Hinweis geben auf Menschen, die nichts mit sich anzufangen wissen. Eltern bekommen von ihm einen Tipp, sich mit Mitarbeitern im Jugendamt in Verbindung zu setzen. „In den vielen Jahren als Polizist habe ich eine Menge Erfahrungen gesammelt“, sagt der Polizeihauptmeister. Das helfe ihm, auf die Situation der Menschen einzugehen.

Polizeihauptkommissarin Jeanette Lehmann koordiniert im Revier Dresden West die Arbeit der Bürgerpolizisten. Foto: W. Schenk

Die Beschwerden der Anwohner über rücksichtslose Autofahrer in den Pieschener Melodien kann er nicht nachvollziehen. Er sei hier in den letzten Wochen öfter unterwegs gewesen. „Es geht um gegenseitige Rücksichtnahme“, betont er und fügt hinzu. „Die in manchen Beschwerden geforderte Geschwindigkeitskontrolle ist aus technischen Gründen hier nicht machbar.“ Auch am Hauptsitz des Reviers West seien keine Beschwerden von Anwohnern bekannt, sagt Marko Laske, Sprecher der Polizeidirektion Dresden. Einen zeitlichen Schwerpunkt für die Kontrollen in dem Areal gebe es derzeit nicht, fügt er hinzu.

Ein Schwerpunkt der Kriminalität im Revier sei der Diebstahl. In Pieschen-Süd wurden mehr als 400 schwere und leichtere Fälle gezählt. Insgesamt weist die Kriminalitätsstatistik 1036 verschiedene Delikte aus. Die Zahlen stammten aus dem Jahr 2017, die Kriminalitätsstatistik für 2018 liegt noch nicht vor. Autos, Fahrräder, Einbrüche in Wohnungen oder Keller gehörten dazu. Weitere knapp 100 Straftaten betreffen Raub und Nötigung.

„Nach 17 Uhr ist die Außenstelle des Polizeireviers Dresden-West in der Osterbergstraße nicht mehr besetzt. Danach rücken die Beamten aus Gorbitz, dem Hauptsitz in der Julius-Vahlteich-Straße aus. Letztlich können auch andere Streifenteams in der Nähe helfen“, sagt Jeanette Lehmann. Die Polizeihauptkommissarin ist zuständig für die Koordinierung der Bürgerpolizisten, von denen es insgesamt neun im Revier West gibt. „Die Bürgerpolizisten sind Vertrauenspersonen in ihrem Revier“, betont sie. Dies mache die gesamte Arbeit der Polizei leichter.

4 Meinungen zu “Bürgerpolizist Henning König: Ich lerne viele Familiengeschichten kennen

  1. Wulfhardt Borau sagt:

    Ich wusste , es gibt auch gute Polizisten. Hut ab. Sehr sympathisch.

  2. Romy sagt:

    Schliesse mich dem Kommentar an. Sehr sympatisch und bürgernah!
    Wirkt auf mich sehr norddeutsch, mag ich!

  3. Pieschener sagt:

    Wäre mir trotzdem lieber den Satz „Zu achtzig Prozent bin ich Seelsorger und Psychologe“ von jemanden zu hören der in Psychologie und Seelsorge ausgebildet wurde und nicht im „wegknübbeln“ und „wegsperren“. (War mit Absicht polemisch – ja ich weiß, ein Polizist hat noch mehr Skills)

    • Dieter Schmitz sagt:

      Und das ist die Antwort? Die Lösung aller Probleme? Ein kleines bisschen Freud und Fromm. Und der Gottesbezug? Hilft dass bei Einbrüchen und Körperverletzungen?

      Gut, machen wir es. Wenn es denn hilft.

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