Die Pläne für die Bebauung an der Sternstraße in Mickten sind am Freitag von den Experten der Gestaltungskommission Dresden teils mit scharfen Worten kritisiert worden. Ralf Rossig, Architekt und Geschäftsführer der r³-project Gesellschaft für Generalplanung und Projektplanung mbH aus Berlin, präsentierte die Idee für das Gesamtprojekt „Elbbogen“ und die Entwürfe für den ersten von drei Bauabschnitten. Auf dem Areal zwischen Sternstraße und Flutrinne sollen insgesamt 12 Häuser mit 460 Wohnungen angeordnet werden. Sechs davon bilden einen zusammenhängenden und leicht geschwungenen Block entlang der Sternstraße. Die einzelnen Häuser sollen sich durch die Fassadengestaltung unterscheiden. Die anderen sechs Häuser bilden eine durchlässige Bebauung entlang der anderen beiden Grundstückgrenzen. Wichtig für die Anordnung sei gewesen, dass auch aus der zweiten Reihe ein Blick auf die Elbe möglich sei. In der Mitte entsteht eine große Grünfläche.
„Anspruchslos, hilflos und spannungslos“, fasste Thomas Kaup, Architekt aus Berlin und Mitglied der Gestaltungskommission, seine Meinung zusammen. Die Häuser in dem langen Block seien als solche nicht erkennbar. Bei den einzeln stehenden Häusern sei die Idee der Stadthäuser noch spürbar, bei dem langen Riegel jedoch nicht. Ole Flemming, Architekt aus Hamburg, bezeichnete das Sternstraßen-Grundstück als das beste im Masterplangebiet Mickten und sagte: „Es ist ein bisschen schade, was sie daraus gemacht haben. Das ist eine vertane Chance.“ Stefan Szuggat, Leiter des Stadtplanungsamtes und mit beratender Stimme im Gestaltungsbeirat, verwies darauf, dass sich die Stadtplaner in Mickten ein gemischtes Quartier vorstellen, in dem einmal 5.000 Menschen wohnen werden. Das bedeute „eine Durchmischung mit anderen Nutzungsarten außer Wohnen“. Die Umsetzung dieser Idee sei mit den Bauherren im benachbarten Mika-Quartier besser gelungen.
Ralf Rossig verteidigte die Entwürfe und verwies auf den engen Spielraum, der durch den bereits beschlossenen Bebauungsplan geblieben sei. „Vieles war bereits vordefiniert“, sagte er.
Sulzer: Projekt soll noch einmal vor die Kommission
Jürg Sulzer, schweizer Architekt und Stadtplaner, ist Vorsitzender der Gestaltungskommission und stimmte seinen Kollegen zu. „Mit dieser Lösung kommen wir an diesem Ort nicht weiter. Das ist ganz normaler Siedlungsbau, der auf der ganzen Welt stehen könnte“, erklärte er. Er widersprach Rossig und meinte, dass auch ein beschlossener Bebauungsplan noch Spielraum zulasse. Aus der hervorragenden Lage sollte eine Qualität hervorgehen, die dem 21. Jahrhundert entspricht, sagte er fast schon pathetisch. „Das Projekt muss noch einmal vor die Kommission“, legte er abschließend fest.
„Fachlich wollen wir den Termin nicht kommentieren“, sagte Rossig im Anschluss an die Beratung. Er war gemeinsam mit zwei Kollegen aus Berlin angereist, für den Bauherren, die Sternstraße Dresden Grundstücks GmbH mit Sitz in Gera, war Olaf Schneider anwesend. Er baut mit seiner Firma Profund GmbH deutschlandweit und hatte das bereits fertig entwickelte Projekt von der Sternstraße Grundstücksgesellschaft aus Freiburg übernommen und mit seinen Architekten weiter bearbeitet. Die Präsentation der Entwürfe vor der Gestaltungskommission war Bestandteil des städtebaulichen Vertrages zwischen Bauherren und Stadt, der parallel zum Satzungsbeschluss, den der Stadtrat Anfang 2017 verabschiedet hatte, unterzeichnet wird. Die Stellungnahmen der Gestaltungskommission tragen empfehlenden Charakter.
Gestaltungskommission soll vermitteln
Benjamin Grill, Architekt aus Dresden und Vorsitzender der Kammergruppe Dresden der Architektenkammer Sachsen, findet es sinnvoll, dass die Gestaltungskommission jetzt öffentlich tagt. Auch der Input von auswärtigen Experten sei ein Gewinn. „Das trägt viel zur Transparenz bei der Umsetzung von Bauvorhaben bei“, sagte er. Die wichtigste Funktion der Gestaltungskommission sieht er in einer vermittelnden Rolle. „Besonders dann, wenn sich die Fronten zwischen den Experten des Stadtplanungsamtes und den Bauherren verhärtet haben“. Das Gremium sollte allerdings nicht den Eindruck erwecken, dass es dem Stadtplanungsamt die Hoheit aus der Hand nehme, betonte er. Positiv habe sich das Wirken der Gestaltungskommission laut Medienberichten zum Beispiel bei der Qualifizierung der Pläne für ein Büro- und Geschäftshaus am Postplatz erwiesen. Die am Freitag vorgelegten Änderungen der Architekten würden dem Projekt nun eine deutlich bessere Resonanz bescheren.
6 Kommentare zu “Baupläne für die Sternstraße stoßen auf Kritik in der Gestaltungskommission”
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Gibt es eigentlich ein brauchbares Verkehrskonzept, für das Gebiet? Ich stelle mir gerade vor, wie schön der Verkehr, beispielsweise am Morgen, wenn ein Großteil der neuen Bewohner, auf Arbeit fährt, in die Leipziger Str. abfließt.
Aber auch die Situation in die andere Richtung, stelle ich mir „lustig“ vor.
Der Paul
das ist eine sehr gute Frage, denn die Kreuzung in Mickten ist jetzt schon teilweise katastrophal
Das ist in der Tat eine sehr interessante Fragestellung. In Dresden liegt der durchschnittliche Motorisierungsgrad bei 642 Fahrzeugen pro 1000 Haushalte. In Pieschen wird er etwas geringer sein. Allerdings handelt es sich ja um ein attraktives Gebiet, d.h. da werden „Besserverdiener“ hinziehen, die wahrscheinlicher (mindestens) ein Auto haben…
Das heißt, allein für den ersten Bauabschnitt mit 460 neuen Wohnungen in 12 Häusern muss man mit ca. 300 zusätzlichen PKWs rechnen. Insgesamt gibt es ja 3 Bauabschnitte mit ca. 30 Häusern. (Das wären etwa 800-900 Autos… allein auf dieser Seite der Sternstraße.)
Im ganzen Mika-Quartier rechnet man mit etwa 5000 neue Einwohnern. In Deutschland hatten 2017 ca. 555 von 1000 Einwohnern ein eigenes Auto, also kämen wir rein statistisch auf 2775 neue Kfz im genannten Gebiet…
Hoffentlich fahren die nicht alle gleichzeitig vor zum REWE zum Einkaufen ;-)
Es ist einfach nervig mit zu erleben , wie alles zugeknallt wird, das ganze ländliche Flair geht verloren.
Wie wurde sich über solche großen zum Teil hässlichen Wohngebiete aufgeregt und nun..?
Als Gärten auf dem Damm entstanden, wurde gesagt, ist verboten, wegen des Hochwasserschutzes. Aufeinmal geht alles. An das entstehende Verkehrschaos und die anderen mit sich bringenden Probleme gar nicht zu denken.
Nur können wir es nicht ändern.
Frage mich wer so etwas plant , geschweige genehmigt
Beate
Ich kann es verstehen, dass die Fläche, nachdem sie schon vor vielen Jahren vollständig erschlossen wurde, nun auch bebaut werden soll. Und Wohnung braucht Dresden definitiv. Ich kann nicht erkennen, dass es irgendwo Leerstand aus spekulativen Gründen gibt. Insbesondere bei Neubauten kann sich das auch kein Investor leisten.
Bedauerlich wäre nur, wenn dort Wohnraum hinkäme, den sich nur Besserverdiener leisten könnten. Es wird nämlich vor allem Wohnraum für Geringverdiener benötigt.
Es wird in dem Beitrag auch darauf hingewiesen, dass bei einem erwarteten Zuzug von ca. 5.000 Menschen nicht nur Wohnungen, sondern auch andere Nutzungen, sprich: Geschäfte, einzuplanen sind. Verkehrstechnisch wird man irgendwie versuchen müssen, das Gros in die andere Richtung über die Flügelwegbrücke abzuleiten. Aber was ist mit denen, die da gar nicht hinwollen?
Mir könnte schon wieder die Hutschnur hochgehen, wenn ich den Vorwurf (!) lese, das sei „ganz normaler Siedlungsbau, der überall auf der Welt stehen könnte“. Hallo??? Dort sollen Wohnungen hin für Menschen, die überall auf der Welt leben könnten. Was nutzt ein Projekt, von dem man noch in vielen Jahren sagt „Nicht schön, aber selten“, wenn dort Wohnungen entstehen, die weder praktisch noch bezahlbar sind.
Allen einen schönen Tag!
Punkt Eins: Auch in Richtung Flügelweg, kommt die Washingtonstr. in den Hauptverkehrszeiten, schon jetzt, gefühlt, an ihre Kapazitätsgrenze. Wenn sich der zu erwartende Verkehr dann seinen Weg, wie jetzt schon, durch Übigau bahnt, kann das nicht gut sein.
Punkt Zwei: Warum sollte Ästhetik beim Entwerfen von Wohngebäuden, zwangsläufig zu teureren Bauen führen? Einfallslose Architektur, kann man durchaus kritisieren, wenn sie sich nicht von anderen Orten unterscheidet. In den „alten Neubaugebieten“, wird ja deshalb versucht, bei Sanierungen, mit individueller Fassadengestaltung, diesen Einheitsbrei aufzubrechen, ob das immer gelingt sei dahin gestellt. Auf jeden Fall, ist es kein Grund nur weil da Menschen mit kleinen Geldbeutel wohnen sollen, den Aspekt der ansprechenden Gestaltung, aus dem Blick zu nehmen.
Der Paul