„So lasse ich mir meine Zustimmung nicht abpressen.“ Christoph Böhm sitzt für die CDU im Stadtbezirksbeirat Pieschen und kritisiert den Umgang der Stadtverwaltung mit den ehrenamtlichen Beiräten. 1.300 Seiten voll mit Zahlen und Erläuterungen, 68 weitere mit Zahlen vollgestopfte Seiten mit Änderungen zum Entwurf des Doppelhaushaltes 2019/20 – das sollen die Stadtbezirksbeiräte ohne Erläuterungen der Haushaltsexperten absegnen. Böhm findet dieses Verfahren „unmöglich“. Bereits zweimal hat der Stadtbezirksbeirat Pieschen darum die Beratung über die Vorlage vertagt.
Erläuterung im Stadtbezirksbeirat nicht vorgesehen
Obwohl Stadtbezirksamtsleiter Christian Wintrich informiert hatte, dass eine Vorstellung des Haushaltsentwurfes durch die Stadtkämmerei nicht erfolgen werde, forderte der Stadtbezirksbeirat einstimmig eine Korrektur dieser Verfahrensweise. Die Beiräte wollten erläutert haben, welche Ausgaben für den Stadtbezirk geplant sind, wie hoch die Summe der Investitionen ist, welche Auswirkungen die erstmals geplante Verwendungspauschale habe und wie die Personal- und Sachausstattung des Stadtbezirksamtes aussehe. „Das seitens der Verwaltung vorgeschlagene Verfahren einer schriftlichen Anmerkungsmöglichkeit mit Stellungnahme der Verwaltung wird der Bedeutung des Verfahrens schlicht nicht gerecht. Eine sachkundige Begleitung und Erörterung durch die Stadtverwaltung ist daher unabdingbar und spiegelt auch die Würdigung des Gremiums wieder“, heißt es in dem entsprechenden Beschluss des Stadtbezirksbeirates.
Mit dieser Haltung stehen die Pieschener nicht allein da. In Klotzsche war man ebenfalls unzufrieden mit der Verfahrensweise. „Der Stadtbezirksbeirat Klotzsche hat ab 1. Januar 2019 weitergehende Zuständigkeiten. Um seine Aufgaben erfüllen zu können, muss transparent dargestellt werden, welche Haushaltsmittel zur Verfügung stehen. Aus der Haushaltssatzung ist dies für einen Nichthaushaltsspezialisten nicht erkennbar“, heißt es in einem dort verabschiedeten Beschluss der Beiräte.
Infoveranstaltung zum Haushalt im Rathaus
Das Rathaus weist die Kritik in einer Antwort auf Anfragen des Onlinejournals Pieschen Aktuell zurück. „Am 30.10. fand eine Veranstaltung statt, in der die Kämmerei eine kurze Schulung der Stadtbezirksbeiräte und der Stadtbezirksleiter zum Aufbau und Struktur des Haushaltes hielt und der Geschäftsbereich Ordnung/Sicherheit für Beantwortung inhaltlicher Fragen zur Verfügung stand“. 27 Stadtbezirksbeiräte bzw. -leiter hätten die Veranstaltung besucht, erklärte Rathaussprecher Karl Schuricht.
„Das ist eine billige Schutzbehauptung“, kritisiert Böhm, der auch Vorsitzender der Pieschener CDU ist. Die Einladung zu der Veranstaltung sei am Tag zuvor verschickt worden. Da hatte der Pieschener Stadtbezirksbeirat die Vorlage schon zweimal vertagt. Zudem sei es auf der Informationsveranstaltung keineswegs um die Haushaltsschwerpunkte für die Stadtbezirke gegangen, fügt Böhm hinzu.
Eine zentrale Vorstellung des Haushaltsentwurfes sei weder in den Ausschüssen noch in den Gremien der Stadtbezirke und Ortschaften vorgesehen, erläutert Rathaussprecher Schuricht weiter und fügt hinzu. „Die Stadtbezirksbeiräte sollen unter Leitung des Stadtbezirksleiters und des fachlich zuständigen Geschäftsbereiches über ihren Teil des Haushaltes bezogen auf die nach Hauptsatzung übertragenen Aufgaben
beraten.“ Fachlich zuständig wäre wohl der Geschäftsbereich Ordnung und Sicherheit. Doch auch von dort ließ sich niemand im Stadtbezirk blicken.
CDU plant erneute Vertagung der Debatte
Heidi Geiler, die für die Freien Bürger im Stadtbezirksbeirat sitzt, sieht, wie auch die anderen Mitglieder im Stadtbezirksbeirat, die Verfahrensweise kritisch. „Bei einem so komplexen Thema braucht es eine Erläuterung und eine Gelegenheit zum Nachfragen. Der Umgang mit den Ehrenamtlern in den Stadtbezirken ist nicht akzeptabel“, sagt sie.
Sollte sich am Donnerstag erneut kein Vertreter der Stadtverwaltung einfinden, um den Haushalt zu erläutern, werde er erneut eine Vertagung beantragen, kündigte Böhm an. Weil es außer dem Doppelhaushalt keine weiteren Tagesordnungspunkte gebe, würden die fünf CDU-Stadtbezirksbeiräte im Fall einer Vertagung ihr Sitzungsgeld in Höhe von je 60 Euro für einen wohltätigen Zweck spenden.
Am 22. November sollen der Doppelhaushalt 2019/20 und die Wirtschaftspläne für die städtischen Unternehmen vom Stadtrat verabschiedet werden. Auf das Votum des Stadtbezirksbeirates sind die Stadträte dabei nicht angewiesen, es hat beratende Funktion.
[…] heftiger Kritik an der Verfahrensweise der Stadtverwaltung hat der Stadtbezirksbeirat Pieschen gestern den Entwurf des Doppelhaushaltes 2019/20 zur Kenntnis […]