Der Bürgersaal im Pieschener Rathaus war voll. Nach einem Vierteljahrhundert Stillstand war das Interesse an der Zukunft des Sachsenbades in der Wurzener Straße groß. Die Teilnehmer der von der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen organisierten Podiumsdiskussion lieferten jede Menge Erkenntnisse und ließen in wohltuender Weise keinen Zweifel an ihren Positionen. Baubürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain, 2015 von den Grünen als Bürgermeister nominiert, präsentierte die Rathausvorlage zum „Neuen Nutzungskonzept des Sachsenbades“. Sie wird am Dienstagabend auch im Ortsbeirat Pieschen diskutiert. Er schilderte das Kernproblem, um das sich auch die spätere Diskussion rankte.
Derzeit gebe es keine politischen Mehrheiten für eine 24-Millionen-Euro-Investition aus dem Dresdner Stadthaushalt. Damit das Bad nicht weiter verfällt, müsse dennoch etwas geschehen. Die Rathausvorlage biete dafür einen Vorschlag. Nach Prüfung vieler Varianten sehe die Verwaltung in der Konzeptausschreibung als Gesundheitsbad und dem Verkauf an einen privaten Investor derzeit die vielversprechendste Lösung. Eine Garantie, dass sich bis zur Immobilienmesse Expo Real in München im Herbst 2018 ein Investor finde, gebe es nicht. Sollte es andere Vorschläge zur Sanierung des Sachsenbades aus der Bürgerschaft geben, „rennen sie bei mir offene Türen ein“, ermunterte er zur weiteren Suche nach Lösungen.
Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Linke), zuständig für den Denkmalschutz, machte deutlich, dass ein Abriss „überhaupt keine Option“ ist. Das Sachsenbad sollte in der Architektur erhalten und als öffentliches Bad wiederbelebt werden, sagte sie und fügte hinzu. „Ich finde es langfristig richtiger, das Gebäude als Stadt nicht aus der Hand zu geben“. Auch bei anderen städtischen Projekten wie der Staatsoperette oder dem Kulturpalast sei dies erfolgreich gelungen. Vielleicht, so meinte sie, bringe die Ausschreibung ja auch noch interessante Ideen.
Dass jetzt eine Entscheidung über das Sachsenbad ansteht, ist in erster Linie der Bürgerinitiative „Endlich Wasser in Sachsenbad“ zu verdanken. Sie hat über mehr als zehn Jahre mit viel Geduld dafür gesorgt, dass das Thema ins öffentliche Bewusstsein gelangt und bei den Stadtratsparteien endlich Gehör findet. Ein umfassender Prüfauftrag wurde vom Stadtrat beschlossen und im Doppelhaushalt 2017/18 Geld für die Aktualisierung einer Stesad-Studie aus dem Jahr 2010 bereitgestellt. „Wir haben viel erreicht“, betonte darum Dorothea Becker von der Bürgerinitiative zu Recht. Die Antwort auf die Frage, ob das Sachsenbad als Schwimmbad noch relevant sei, hätten mehr als 4.000 Unterschriften für die Sachsenbad-Petition beantwortet.
„Es freut uns außerordentlich, dass die Idee des Gesundheitsbades in die Konzeptausschreibung Eingang gefunden hat“, sagte sie. Allerdings habe die Bürgerinitiative wichtige Ziele nicht erreicht. „Wir wünschen uns ein städtisches Schwimmbad, im öffentlichen Eigentum und öffentlicher Nutzung“. Es gehe um eine ganz normale Wasserfläche zum Schwimmen, ohne dass die Kriterien an ein Wettkampfbad erfüllt sein müssten, sagte die Architektin und äußerte ihre Zweifel daran, dass dies mit einem privaten Investor möglich sei. „Ich verstehe die Mutlosigkeit nicht. Auch das Taschenbergpalais und die Frauenkirche wurden wieder aufgebaut“, sagte Heidi Geiler, Ortsbeirätin (Bündnis Freie Bürger) und Sprecherin von Pro Pieschen. Aus dem Publikum gab es dafür Unterstützung und verschiedene Ideen, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Auch Skeptiker meldeten sich in der ruhigen und sachlichen Debatte zu Wort, plädierten für einen Abriss und warnten vor einer Kostenexplosion bei der Sanierung. Klar in der Mehrheit waren aber die Befürworter einer Sachsenbad-Sanierung.
Vorschläge, die in der Debatte über das Sachsenbad gemacht wurden:
- Pieschen braucht Wasserfläche für den Breitensport. Eine bestimmte Anzahl Schwimmstunden zu städtischen Tarifen gehört in die Konzeptausschreibung.
- Städtische Bäder GmbH soll Sachsenbad übernehmen – Stadträte können Gesellschafterbeschluss herbeiführen
- Finanzierung der Sanierung und des Betriebs getrennt diskutieren – dafür Modell der Stiftung und der Genossenschaft prüfen.
- Stiftung kann Geld bei Privaten und großen Firmen einwerben.
- Abreißen und neu bauen. Was jetzt 24 Millionen kostet, wächst später bis auf 50 Millionen Euro.
- Das Ärztezentrum Mickten braucht Kapazitäten, um sich zu erweitern
Torsten Schulze, Sprecher für Wirtschaft und Sport bei den Grünen im Stadtrat, betonte, wie auch Schmidt-Lamontain, dass es derzeit keine politische Mehrheit für eine städtische Lösung gebe. „Wir sind 11 und finden bei der Fraktion der Linken noch Unterstützung. Das reicht aber nicht“, sagte er. Schulze erläuterte dem Publikum die Bäderkonzeption seiner Fraktion, die sich für den Neubau von stadtweit drei Schwimmhallen ausspricht, um das Defizit von rund 1000 Quadratmetern Schwimmfläche abzubauen. Einer der Standorte könnte in Pieschen/Wilder Mann/Neustadt liegen. Bei sechs Bahnen zu je 25 Metern würden die Investitionskosten pro Halle zwischen 7,5 und 10 Millionen Euro liegen.
Pieschens Grünen-Stadträtin Kati Bischoffberger moderierte den Diskussionsabend. Sie forderte die Zuhörer auf, sich mit den Ortsbeiräten und Stadträten in Verbindung zu setzen, um die Forderungen zur Zukunft des Sachsenbades weiter zu transportieren. „Treffen Sie sich, reden Sie miteinander, vernetzen Sie sich“. Dorothea Becker von der Bürgerinitiative „Endlich Wasser ins Sachsenbad“ fügte hinzu. „Nicht verzagen. Es lohnt sich, nicht aufzugeben.“
Den „Frontfrauen“ Heidi Geiler, Dorothea Becker, Kati Bischoffberger und Anja Osiander, die „Endlich Wasser ins Sachenbad“ bringen bzw. „Die Hufewiesen als grünes Stadtteilzentrum“ erhalten wollen, gehört mal so richtig Danke gesagt!