trachau schule

Brendler’s Geschichten: Vor 145 Jahren baute sich Trachau das erste Schulhaus

Das „Gemeindebuch“ von Trachau und weitere seit 1903 im Dresdner Stadtarchiv gesicherte Akten der Gemeindeverwaltung geben Auskunft über den Bau des ersten Schulhauses, dass fast drei Jahrzehnte als solches auch genutzt wurde.

Trachau Schule 1880

Das 1861 erbaute Pieschener Schulhaus diente ab 1880 als Gemeindeamt, Wohnhaus und Kinderbewahranstalt. Quelle: Archiv K. Brendler

Der Trachauer Gemeindevorstand Carl Friedrich Frantze hatte am 5. November 1872 im Pieschener Schulhaus die Aufforderung der königlichen Schulinspektion zur Kenntnis genommen, dass es „nun an der Zeit sei, für Trachau ein eigenes Schulhaus zu bauen und die Kinder der Gemeinde durch einen angestellten Lehrer selbst und nicht mehr in Pieschen unterrichten zu lassen.“

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Dem folgetragend wurde im Januar 1873 „durch Herbeischaffung des Bauholzes“ mit dem vom Dresdner Baumeister Schmidt ausgeführten Schulhausbau begonnen. Zuvor waren zwischen dem neu gegründeten Schulvorstand und den Trachauer Gutsbesitzern Johann Gottfried Findeisen und Johann Gottlieb Klotzsche die entsprechenden Bauland-Kaufverträge abgeschlossen worden.

Trachau Schule Aquarell

Das erste Trachauer Schulhaus (Rückseite), undatiertes Aquarell von O. Sommer. Quelle: Archiv K. Brendler

Im April 1873 wurde der Grundstein gelegt und am 16. September die Schulhausweihe gefeiert. Im Anschluss an die Weihe fanden sich die Jungen und Mädchen „zu einem Vergnügen in Begleitung der versammelten Gemeinde auf einem dazu erwählten Platz ein, wobei es sehr launig und vergnügt bis in die späten Abendstunden durcheinander herging.“

trachau schule mildner

Johann Gottlieb Mildner verfasste die 1873 in Kraft getretenen „Gemeindestatuten“ für Trachau. Quelle: Archiv K. Brendler

Carl Friedrich Frantze erlebte die Einweihung und Übergabe des Schulhauses nicht mehr, im Juni 1873 war er verstorben. Ihn vertrat zunächst sein Bruder, bis am 28. August 1873 Gemeinderatsmitglied Johann Gottlieb Mildner (1838-1906) auf sechs Jahre Dienstzeit einstimmig zum Vorstand der Gemeinde gewählt wurde. In den Jahren, in denen Mildner dem Gemeinderat vorstand, nahm 1875 der neue „Schützenhof“ (heute Landeszentrale für politische Bildung) seinen Betrieb auf, wurde 1876 die Gaststätte „Waldvilla“ (heute Standort des Li-iL-Werkes) eröffnet und brannte 1878 die Trachauer Windmühle nieder. Aus Mildners Feder stammen auch die am 1. Dezember 1873 in Kraft getretenen „Gemeinde-Statuten“ für Trachau, die in sieben Paragraphen das Zusammenleben der Gemeindemitglieder regelten.

Als ersten Lehrer hatte die Gemeinde den 1849 in Malschwitz (b. Bautzen) geborenen Johann Mitzschke mit einem Monatsgehalt von 87.50 Mark angestellt. Die ihm vertraglich zugesicherte freie Wohnung befand sich im Schulhaus. Seine ersten Unterrichtsstunden im Schuljahr 1873/74 erteilte Johann Mitzschke am 3. Mai 1873. Da aber die Klassenzimmer im neu erbauten Schulhaus noch nicht fertiggestellt waren, fand der Unterricht im Saale des Trachauer Gasthofs (heute FeG Goldenes Lamm) statt.

Zur Erklärung: Bis 1941 begann in Sachsen ein Schuljahr immer im April bzw. Mai und endete zu Ostern des darauf folgenden Jahres. Erst ab 1941 wurde der Beginn des jeweiligen Schuljahres einheitlich auf den September festgelegt.

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Baumeister Gustav Richard Martin (1863-1935) errichtete 1898 auch das heutige Ballhaus Watzke. Quelle: Archiv K. Brendler

Da die Zahl der Jungen und Mädchen an der Trachauer Schule immer mehr zunahm, wurde 1882 die Klassenzahl von bisher vier auf sechs erhöht und die zwei Lehrerwohnungen zu Klassenzimmern umgebaut.

Im Jahre 1893 ließ dann der Trachauer Schulvorstand ein zweites Stockwerk auf das Schulhaus aufsetzen. Am 3. August 1893 bewarb sich der in Pieschen wohnhafte Baumeister Gustav Richard Martin und unterbreitete eine Baukostenaufstellung. Er kalkulierte für Abbrucharbeiten und Neubau, einschließlich der Abortanlagen, insgesamt fast 10.500 Mark und erhielt diesen Auftrag.

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Ansichtskarte mit dem 1893/94 aufgestocktem ersten Trachauer Schulhaus. Quelle: Archiv K. Brendler

Nach Abschluss der Bauarbeiten erklärte Baumeister Martin im März 1894 schriftlich das Folgende: „Ich verpflichte mich, für die Dauerhaftigkeit sämtlicher Ziegel-, Holz-und Dacharbeiten eine Garantie von fünf Jahren zu gewährleisten. Ich werde alle Defekte, welche innerhalb dieser Zeit infolge mangelhafter Ausführung zu verzeichnen sind, auf meine Kosten berechnen zu lassen.“

Das denkmalgeschützte Jugendstil-Grab des Baumeisters, der bis zu seinem Tode im eigenen Haus auf der Tichatscheckstraße Nr. 14 in Mickten wohnte, befindet sich auf dem Markusfriedhof in Pieschen.

Nachdem im Jahre 1899 die neue Trachauer Schule, die heutige 56. Grundschule in der Böttgerstraße Nr. 11, fertiggestellt und übergeben war, zog in das Erdgeschoss des ersten Trachauer Schulhauses für fast dreißig Jahre eine Kinderbewahranstalt. Verwaltet vom Frauenverein Trachau , wurde sie täglich von etwa 40 bis 50 Kindern besucht. Außerdem befand sich im ehemaligen Schulhaus seit 1915 auch eine Gaslaternenwache. Die Klassenzimmer in den oberen Geschossen wurden zu Mietwohnungen umgebaut. Seit dem Auszug des letzten Mieters im Jahre 1996 steht das Haus leer und ist dem Verfall preisgegeben.

Trachau Schule spritzenhaus

Seit den 1990er Jahren steht das ursprünglich als Spritzenhaus erbaute Gebäude leer. Foto: K. Brendler

Den Verfall weitgehend hinter sich hat das auf dem ehemaligen Schulhof stehende flache Gebäude. Vor 120 Jahren war es von der Gemeinde für die im Januar 1896 gegründete Trachauer Pflichtfeuerwehr als neues Spritzenhaus errichtet worden. Viele Jahre auch als Lager und Werkstatt für die Gaslaternenwache genutzt, hatten von 1952 bis in die 1990er Jahre die Trachauer Elektromeister Moeser sen. und jun. hier ihren Firmensitz.

Brendler’s Geschichten ist eine Serie, in der Klaus Brendler für das Onlinejournal Pieschen Aktuell in loser Folge an Orte, Ereignisse und Personen im Ortsamtsbereich Pieschen erinnert. Der Stadtteilhistoriker und Autor ist Vorsitzender des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und Leiter der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“. Er lebt in Dresden-Trachau.
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