Die seit 1839 durch Pieschen führende erste deutsche Ferneisenbahnlinie Leipzig-Dresden, der in den 1850er Jahren gebaute Elbhafen sowie die Nähe zur Stadt Dresden hatten letztlich zur Folge, dass sich die Vorortgemeinde Pieschen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunehmend zu einem Wohngebiet für die Arbeiter der großen Industriestandorte im Dresdner Nordwesten entwickelte.
Zum 1. Juli 1897 wurde Pieschen in die Haupt- und Residenzstadt Dresden eingemeindet. In diesem Zusammenhang erhielten rund die Hälfte der bisher 28 benannten Straßen neue Namen. Das betraf auch die nördlich des historischen Dorfkerns von Pieschen verlaufende Nordstraße, die diesen Namen seit 1866 trug. Sie war zunächst nur von der Leipziger Straße bis auf Höhe der Braunschweiger Straße angelegt. 1898 wurde sie nach der 961 erstmals urkundlich erwähnten Stadt Wurzen benannt.
Mit dem Bau des Schulhauses für die XI. Bürgerschule Dresden 1901/02 wurde dann auch der östliche Teil der Wurzener Straße ausgebaut und nachbenannt. Als Ende 1928 die nach Entwürfen des Dresdner Architekten Hans Richter (1882-1971) im Stile der Neuen Sachlichkeit errichteten und heute „Arno-Lade-Block“ genannten Wohnbauten der GEWOBAG (Gemeinnützige Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Dresden) bezugsfertig waren und im November 1929 das Sachsenbad als Volksbad Nordwest öffnete, wurden beide Teile der Wurzener Straße miteinander verbunden.
Zu dieser Zeit existierte aber schon der Turn- und Spielplatz der Arbeitersportler Pieschens, angelegt in den Jahren 1922/23. Hier fanden bis zum Machtantritt der Nationalsozialisten Fußballturniere und Wettkämpfe in der Leichtathletik sowie Massenturnübungen des Pieschener Arbeitersportvereins statt. Heute ist der Sportplatz Wurzener Straße mit einer Kapazität von 2.000 Stehplätzen unter anderem Spiel- und Trainingsstätte des SV TuR Dresden, des Dresdner SSV und des FFC Fortuna Dresden.
Das für die XI. Bürgerschule Dresden neu gebaute Schulhaus an der Wurzener Straße Nr.5 (auf der Abbildung hinten rechts) wurde im September 1902 übergeben. Wenige Jahre später, im April 1916, zogen die Schüler und Lehrer der Bürgerschule wieder aus und in das nach Entwürfen des Architekten und Stadtbaurates Hans Erlwein (1872-1914) errichtete Schulhaus des heutigen Pestalozzi-Gymnasiums ein.
Die Wurzener Straße Nr.5 wurde Schulstandort der 26. Bezirksschule (ab 1920 Volksschule) und der 5. Mädchenberufsschule. Im vierten Jahr des Zweiten Weltkrieges machte die Deutsche Wehrmacht aus dem Schulhaus ein Reservelazarett, das im Juni 1945 die neue Dresdner Stadtverwaltung als künftiges Stadtkrankenhaus Dresden Neustadt übernahm.
Dr. med. Alfred Schmeiser, bis zu seinem Tode Chefarzt des Städtischen Krankenhauses an der Trachauer Industriestraße, schrieb im Juni 1945 u.a.:„Das ehemalige Reservelazarett wurde in den letzten Wochen des Krieges zur Behandlung von Zivilisten und Militär eingerichtet. Flüchtlinge wurden betreut und ‚weitergeschleust‘, verwundete Soldaten und Zivilpersonen verarztet und Operierte in das nahe Goehlewerk (Riesaer Straße) gebracht. Die im Waschhaus auf Holzgestellen aufgebahrten Leichen mussten mit dem Handwagen unter Benutzung der Pieschener Fähre zur Sektion zum Friedrichstädter Krankenhaus gebracht werden.“
Anfang der 1950er Jahre fasste die Stadtverwaltung Dresden den Beschluss, das Krankenhaus von der Wurzener Straße in das 1945 als Infektions-und Seuchenkrankenhaus eingerichtete Güntz-Altenheim in Trachau zu verlegen. Nach vollzogenem Umzug wurde 1960 in der Wurzener Straße die Poliklinik Mickten (heute „Ärztehaus“) eröffnet.
Erwähnenswert auch, dass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf der Wurzener Straße eine Straßenbahn verkehrte. Die „Dresdner Volkszeitung“ setzte im Mai 1926 ihre Leser davon wie folgt in Kenntnis:
„Am 11. Mai 1926 hat die Städtische Straßenbahn den Sommerfahrplan mit einigen Veränderungen in Kraft gesetzt. Eine davon ist die Einrichtung der Linie 14, die vom Georgplatz kommend, über den Pirnaischen Platz, Sachsenplatz, Albertbrücke, Bischofsplatz, Fritz-Reuter-Straße, Harkortstraße, Bürgerstraße, Mohnstraße, Lindenplatz (Altpieschen), Braunschweiger Straße, Wurzener Straße zum Straßenbahnhof Mickten fährt und wieder in die Mohnstraße einbiegt. Durch die Linie 14 wird eine kurze Verbindung zwischen Mickten und Pieschen geschaffen.“
Zwei Jahrzehnte bestand diese „kurze Verbindung“. Seit dem November 1946 fährt die Straßenbahn nicht mehr durch Altpieschen, sondern biegt von der Bürgerstraße direkt in die Leipziger Straße ein.
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