Pfeilerhalle Grassimuseum

Brendler’s Geschichten: Die Maler Otto Fischer-Trachau und Willy Waldapfel

In die Reihe bildender Künstler des Dresdner Nordwestens gehören neben Theodor Rosenhauer (1901-1996) und Karl Quarck (1869-1949) auch Otto Fischer-Trachau (1878-1958) und Willy Waldapfel (1883-1965). Während Fischer-Trachau noch vor Beginn des Ersten Weltkrieges auf Empfehlung des Architekten und Hochschullehrers Fritz Schumacher (1869- 1947) seine Geburtsstadt Dresden in Richtung Hamburg verließ, hatte Waldapfel wohl allen Grund, sich am Ende des Zweiten Weltkrieges „abzusetzen“ und künftig in der hessischen Kleinstadt Wetter seinen Wohnsitz zu nehmen.

Fischer-Trauchau Portraet

Der Maler und Raumkünstler Otto Fischer-Trachau, Selbstporträt 1928. Foto: Archiv K. Brendler

August Otto Fischer, seit 1907 nennt er sich Otto Fischer-Trachau, wurde am 15. August 1878 als Sohn der Maria Therese Sieber und des Fabrikarbeiters und späteren Versicherungsagenten Friedrich August Fischer (gestorben 1887) in der Dresdner Vorortgemeinde Trachau geboren. Er war das achte und jüngste Kind der im Haus Leipziger Straße Nr. 258 wohnenden Familie. Nach Abschluss einer Malerlehre im Jahre 1901 und der kurzzeitigen Ausübung dieses Berufs studierte er bis 1907 an der Dresdner Kunstakademie.

Zwei Frauen

„Blumen im Grün /Zwei Frauen“, Otto Fischer-Trachau, um 1930. Foto: Archiv K. Brendler

Seit 1909 freischaffend in Hamburg ansässig, genoss Otto Fischer-Trachau als Maler und Zeichner einen guten Ruf. Zugleich war er der bedeutendste Raumkünstler der Hansestadt. Zwischen 1911 und 1941 schuf er über 20 Wandbilder und entwarf eine Vielzahl farbiger Raumgestaltungen für die unter dem Oberbaudirektor Fritz Schumacher ausgeführten Hamburger Staatsbauten. Bevor Otto Fischer-Trachau von Dresden nach Hamburg zog, wohnte er auf der Weimarischen Straße in der Leipziger Vorstadt. (Quelle: „Otto Fischer-Trachau (1878-1958). Leben und Werk. Eine Annäherung“, Ina Ewers-Schultz, Katalog zur Ausstellung in der Haspa-Galerie, Hamburg 2008)

Handgranatenueberfall

„Überraschender Handgranatenüberfall auf der Giesslerhöhe“, Otto Fischer-Trachau, 1916. Foto: Archiv K. Brendler

Im Mittelpunkt fast allen künstlerischen Schaffens während des Ersten Weltkriegs standen die Grausamkeiten, mit denen die Künstler im Laufe ihres Kriegsdienstes konfrontiert wurden. Wie viele andere hatte auch Otto Fischer-Trachau den Krieg anfangs bejaht. Aber während seines Verlaufs entwickelte der eigentlich als Kriegsberichterstatter verpflichtete Fischer-Trachau mehr und mehr seine eigene expressionistische Bildsprache.

Hamburger Secession

Ausstellungsplakat der Hamburger Sezession, Ostslowakisches Museum Košice, Otto Fischer-Trachau , 1922. Foto: Archiv K. Brendler

In den Jahren 1919 bis 1933 prägte die Hamburgische Sezession maßgebend das künstlerische Leben der Hansestadt. Sie war eine bewusst gegründete „Elitevereinigung“ von Malern, Grafikern, Bildhauern und Architekten, die sich konsequent an der Avantgarde orientierte. Zu ihren etwa 55 Künstlern zählte auch Otto Fischer-Trachau. Im Mai 1933 schlossen die Nationalsozialisten die zwölfte Ausstellung der Hamburgischen Sezession, die sich nicht bereit erklären wollte, ihre jüdischen Mitglieder auszuschließen. Um 1937 werden auch die expressionistischen Arbeiten Otto Fischer-Trachaus an öffentlichen Gebäuden vernichtet.

Mit einer der bedeutendsten Leipziger Ausstellungen des 20. Jahrhunderts, der Exposition „Europäisches Kunstgewerbe 1927“ wurde am 6. März 1927 zugleich die Pfeilerhalle des Grassimuseums eröffnet. Die Farbgestaltung der Halle hatte Otto Fischer-Trachau übernommen, damals Professor für Dekorative Malerei an der Leipziger Kunstgewerbe- und Handwerkerschule. Vor neun Jahren wurde der Pfeilerhalle nach aufwendiger Rekonstruktion ihre ursprüngliche Gestalt zurückgegeben.

Otto Fischer-Trachau starb am 13. Juli 1958 in Hamburg. Der mehr als 3.500 Werke umfassende Nachlass wird von einem seiner Enkel verwaltet.

trachauer kuenstler

Ausstellungsplakat, Willy Waldapfel, 1924. Foto: Archiv K. Brendler

Die oben angekündigte Ausstellung „Trachauer Künstler“ wurde im ehemaligen Restaurant „Wettinschlößchen“ im oberen Teil der Großenhainer Straße gezeigt. Den Bewohnern am Wilden Mann ist es als HOG „Platane“ (HO heißt Handelsorganisation, größte DDR-Einzelhandelskette. G steht für Gaststätten – der Autor) sicher noch ein Begriff. Heute befindet sich in den ehemaligen Gasträumen eine Filiale der Ostsächsischen Sparkasse Dresden.

Der am 15. September 1883 in Dresden geborene Kunstmaler Willy Waldapfel schuf Landschaftsbilder, Porträts, Gruppenbilder und später zahlreiche Bilder politischen und militärischen Inhalts. Während der Zeit der NS-Diktatur hingen mehrere seiner Arbeiten auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen. In den Jahren 1939 und 1942 erhielt er den Kunstpreis der Stadt Dresden. Willy Waldapfel, 1934 an die Dresdner Kunstakademie berufen und ab 1935 Professor an selbiger, wohnte ab 1909 in Pieschen (Hans-Sachs-Straße ) und verzog 1912/13 auf die Trachauer Burgsdorffstraße.

strasse frei

„Die Straße frei“, Willy Waldapfel, Große Deutsche Kunstausstellung 1938 in München. Foto: Archiv K. Brendler

Willy Waldapfel gehörte nicht nur zum Kreis entschiedener Gegner progressiver Kunst der 1920er Jahre, sondern er war auch einer der Hauptverantwortlichen für die am 23. September 1933 im Lichthof des Dresdner Rathauses eröffnete Ausstellung „Entartete Kunst“. Damals hatte die Dresdner Stadtverordnetenversammlung auf Antrag der NSDAP-Fraktion und ihres Sprechers Willy Waldapfel den Beschluss gefasst, wonach dem „Volke […] in einer Ausstellung […] gezeigt werden soll, was eine marxistisch-demokratische Stadtverwaltung an sogenannten Kunstwerken […] angekauft hat.“ (Christoph Zuschlag, Dresdner Hefte Nr.22 / 2004)

„Damit begann die Diffamierung der Freien Kunst durch die Nationalsozialisten. 42 Ölgemälde, 10 Skulpturen, 43 Aquarelle, 112 Grafiken aus dem Besitz des Dresdner Stadtmuseums wurden in der Ausstellung unwürdig dicht gedrängt präsentiert, mit ihren Ankaufspreisen aus der Inflationszeit und bissigen Kommentaren versehen, als ‚entartet‘ verspottet.“ („Verspottet und verhöhnt“, von Karin Müller-Kelwing, Sächsische Zeitung, 23. September 2013)

Waldapfel

Willy Waldapfel vor seiner Staffelei in Wetter. Foto: „Marburger Presse“, 1. Oktober 1949, Archiv Brendler

Im Mai 1945 seines Lehramts enthoben, verließ Willy Waldapfel Dresden und setzte seine künstlerische Laufbahn in Wetter (Kleinstadt im Landkreis Marburg / Hessen) fort. Am 5. Januar 1965 ist er daselbst verstorben. Ein Teil seiner Arbeiten ist im Besitz der Stadt Wetter und hängt in den Amtsräumen des Rathauses. Auf der Webseite „Wetter – eine kleine Stadt mit Geschichte“ steht geschrieben: „Viele ältere Einwohner erinnern sich noch gut an den kleinen Herrn mit Pfeife. Typisch für ihn war der Trachtenanzug mit Kniebundhosen und passendem Hütchen.“

Brendler’s Geschichten ist eine Serie, in der Klaus Brendler für das Onlinejournal Pieschen Aktuell in loser Folge an Orte, Ereignisse und Personen im Ortsamtsbereich Pieschen erinnert. Der Stadtteilhistoriker und Autor ist Vorsitzender des Vereins „Dresdner Geschichtsmarkt“ und Leiter der „Geschichtswerkstatt Dresden-Nordwest“. Er lebt in Dresden-Trachau.
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