„Briefmarken sammeln war mir zu langweilig.“ Wolfgang Fiedler lacht. Seit er Teenager ist, beschäftigt er sich mit der sogenannten Aero-Philatelie, d. h. er sammelt Luftpostbelege, also Postkarten, Briefe und Aerogramme, die auf (Sonder-)Flügen transportiert und mit entsprechenden Abgangs-, Flugbestätigungs- und Ankunftsstempeln versehen sind. Parallel dazu befasst er sich mit der regionalen Luftfahrtgeschichte – fast zwangsläufig. „Flugzeuge sind ja für uns Mittel zum Zweck – ohne Flugzeuge gäb’s keine Luftpost.“ Also hat er mit Gleichgesinnten die Historie der Flugplätze in Kaditz (1913/14), auf dem Heller und in Klotzsche (eröffnet 1935) oder der Wasserfluglinie Dresden-Johannstadt – Magdeburg – Hamburg (1925) sowie die Biographien von Flugpionieren wie Hermann Reichelt, Melli Beese oder Wilhelmine Reichard erforscht. Auf dem 14. Geschichtsmarkt haben er und seine Aero-Philatelisten zum Thema „Luftschiffe während des Ersten Weltkrieges in Kaditz“ ausgestellt. Auf ihrer Tafel haben sie akribisch aufgelistet, wann welches Luftschiff auf dem Flugplatz ankam und wieder startete und was mitunter Verrücktes mit ihnen geschah.
So konnte beispielsweise im Mai 1915 bei extrem schlechten Witterungsbedingungen das Schütte-Lanz-Luftschiff SL 4 zwar landen, aber nicht in die schützende Luftschiffhalle einfahren. Der Wind war einfach zu stark und zu wenige Männer zum Halten anwesend. So wurde das riesige Fluggerät an der Spitze über dem Flugplatz verankert und mit laufenden Motoren gegen den Wind gestellt. Die Naturgewalten drückten das Luftschiff mehrfach gegen den Boden, sodass es arg beschädigt wurde. Ganze vier Wochen lang musste es anschließend repariert werden, ehe es weiterfahren konnte.
Zufrieden mit neuem Veranstaltungsort SLUB
Ein Fülle derlei interessanter, detailreicher Geschichten aus der Dresdner Historie haben die Aussteller des 14. Geschichtsmarktes ausgegraben und veröffentlicht, diesmal unter dem Leitthema „Militärgeschichte“. Am Sonntagnachmittag ist der Markt zu Ende gegangen, und Klaus Brendler, der Vorsitzende des veranstaltenden Geschichtsmarkt-Vereins, hat allen Grund zur Freude: Rund 500 Besucher kamen, das entspricht dem Niveau des Vorjahres. Und das, obwohl der Geschichtsmarkt in diesem Jahr mit der SLUB einen neuen Veranstaltungsort gewählt hatte und nur noch ein Drittel der früheren Ausstellungsfläche nutzen konnte. „Durch die geringere Größe des Raumes entstanden eine familiäre Atmosphäre und viele intensive Gespräche“, schätzt der Vereinschef ein, den Pieschen-Aktuell-Leser durch „Brendler’s Geschichten“ kennen. „Den Ausstellern und Referenten hat’s gefallen, habe ich vielfach gehört. Die Anspannung der Vereinsmitglieder, wie der Markt am neuen Ort angenommen wird, ist einer gewissen Zufriedenheit gewichen.“
Austausch zwischen Bürgern und Wissenschaftlern
Ein positives Fazit zieht auch Martin Munke, bei der SLUB als Referatsleiter Saxonica tätig. „Wir sind sehr froh, dass der Geschichtsmarkt bei uns stattgefunden hat, denn wir sehen unser Haus ja auch als Dienstleister für Hobbyforscher und wollen den Austausch zwischen Wissenschaftlern und Bürgern befördern.“ Formate wie der Geschichtsmarkt seien ein ideales Forum dafür. Auch etliche Studenten hätten sich spontan die Ausstellung angesehen. „Als Historiker freue ich mich natürlich besonders, wenn all das mühsam zusammengetragene Detailwissen präsentiert und bewahrt wird.“
Kasernen auf der einst landwirtschaftlich geprägten „Kohlrabi-Insel“
Mit jeder Menge Details konnte auch der fast 80-jährige Peter Gellner aus dem Dresdner Nordwesten aufwarten. Er erzählte die Geschichte der Übigauer „Elbinsel“ von der militärischen zur friedlichen Nutzung. Dabei spannte er den Bogen von den Befreiungskriegen 1813, in denen sich Franzosen und Russen u. a. auf den zwei Elbufern in Höhe Übigau gegenüberstanden, bis hin zur Jetztzeit, in der die ehemaligen Kasernen an der Klingerstraße zu Wohnhäusern umgebaut werden. Um 1900 übten an der Elbe Pioniere, wie man Soldaten, Pferde und Waffen über den Fluss transportiert. Ihre Kaserne stand seit 1868 am Übigauer Ufer unweit des Schlosses, im gegenüberliegenden Ostragehege befanden sich mehrere Pionier-Schuppen und -Baracken. Nachdem die Spezialtruppe eine neue Kaserne an der Königsbrücker Straße (heute MDR-Gebäude) bezogen hatten, nutzte man die Übigauer Kaserne von 1879 bis 1988 als Wohngebäude. Im Wendejahr 1989 wurde sie schließlich gesprengt und abgetragen. In den DDR-Jahren waren abermals Pioniere in Übigau stationiert, diesmal von der Roten Armee. Die Soldaten fuhren regelmäßig mit Dutzenden Pontonfahrzeugen in Richtung Flügelwegbrücke und übten dort, wie man Pontonbrücken errichtet.
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