Die letzte Sitzung des Ortsbeirates in diesem Jahr, es war die 38. in dieser Legislaturperiode, ist nicht so verlaufen, wie gedacht. Schon bei der Abstimmung über die Tagesordnung gab es die erste Überraschung. Der inhaltlich wohl umfangreichste Tagesordungspunkt – der „Entwurf des Rahmenplanes/Masterplanes Nr. 786.1 Leipziger Vorstadt/Neustädter Hafen“ – wurde vertagt und von der Tagesordnung genommen. Dabei saßen zwei Mitarbeiter aus dem Stadtplanungsamt bereits startklar an den Mikrofonen, hatten die erste Seite ihrer Präsentation schon an die Wand geworfen und weitere große Poster daneben befestigt.
Beratung über „Masterplan Leipziger Vorstadt“ abgesetzt
Grund für die Entscheidung war der am 23. November vom Stadtrat verabschiedete Prüfauftrag zum Standort Alter Leipziger Bahnhof an die Stadt. Bis zum 28. Februar 2018 soll eine planerische Studie zu Potentialen und Restriktionen für dieses Areal vorgelegt werden, bei der es im wesentlichen um die Frage geht, unter welchen Bedingungen dort Wohnungen gebaut werden können.
Der Masterplan Leipziger Vorstadt verlangt eine Entscheidung für eine von zwei vorgeschlagenen Varianten – mit Globus oder Wohnungen statt Globus. CDU-Ortsbeirat Christoph Böhm sah hier einen Konflikt. Er wollte erst Antworten aus der Studie kennen, bevor er eine Empfehlung abgibt und beantragte die Vertagung. Mit 10 mal Ja bei einmal Nein und vier Enthaltungen folgte ihm die Mehrheit der Ortsbeiräte. So kamen die zwei Stadtplaner unerwartet zu einem frühen Feierabend.
Für die Hufewiesen naht offenbar ein Kompromiss
Die zweite überraschende Nachricht war die Vertagung der Beratung über die Vorlage zum Bebauungsplan Hufewiesen. Grünen-Stadträtin Kati Bischoffberger – Stadträte haben Rederecht im Ortsbeirat – begründete den Wunsch mit den derzeit aus ihrer Sicht sehr konstruktiv verlaufenden Gesprächen mit den Eigentümern, der Adler Real Estate aus Berlin. Offenbar zeichnet sich ein Kompromiss ab, bei dem der Eigentümer in begrenztem Umfang Wohnungen bauen und die restliche Fläche als städtisches Grün entwickelt werden kann. Einzelheiten wurden allerdings nicht genannt. Ist eine Einigung erzielt, kann diese als Änderungsantrag zu dem jetzigen Bebauungsplan eingebracht werden. „Wir gehen von wenigen Monaten aus“, umriss Bischoffberger den Zeithorizont bis zum Abschluss der Verhandlungen.
Zustimmung für Projekt „Das Hundemädel“
Überraschend verlief auch die Diskussion über die Zukunft der Hundetagesstätte „Das Hundemädel“. Ortsamtsleiter Christian Wintrich hatte den Tagesordnungspunkt ganz ans Ende geschoben, weil er auf den Referenten aus dem Stadtplanungsamt wartete, der den entsprechenden B-Plan vorstellen sollte. Weil dieser nicht kam, wurden kurzerhand die anwesenden Betreiber der Hundetagesstätte an die Mikrofone gebeten. Kurz stellten sie ihr Projekt vor. Für die Ortsbeiräte war die Lage schnell klar. Fragen gab es keine, aber Lob für die bereits geleistete Landschaftspflege auf dem Areal. Mit 18 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung stimmte der Ortsbeirat dem Plan zu, die Zukunft der Hundetagesstätte rechtlich auf sichere Füße zu stellen. Erleichtert verließen Kerstin Berger und Jens Armgarth gestern Abend den Rathaussaal. Nur durch Zufall hatten sie überhaupt erfahren, dass der B-Plan im Ortsbeirat auf der Tagesordnung steht.
Stadt soll Parkraumkonzept erarbeiten
„Parkverbot im gesamten Ortsamtsbereich“. Dies war der weitreichendste Antrag, der zu der von der CDU-Stadtratsfraktion eingebrachten Vorlage „Überprüfung der Parkraumsituation im Ortsamtsbereich Pieschen und Erarbeitung einer Parkraumkonzeption“ gestern Abend gestellt wurde. Er kam von Clemens Müller, Piratenpartei, und fand nur eine Ja-Stimme.
„Parken ist eines der brisantesten Themen, das die Anwohner in Pieschen, Mickten und Trachau bewegt“, hatte CDU-Stadtrat Veit Böhm zur Begründung der CDU-Initiative erklärt und konnte sich dabei auch auf den Bürgerdialog zum Parken in Pieschen vom Vorabend beziehen. Weil die Verwaltung bis 2020 Projekte mit höherer Priorität in anderen Stadtteilen abarbeitet, sie der Druck umso wichtiger, um punktuelle Verbesserungen zu erzielen, so Böhm. Dazu gehöre auch, mehr Möglichkeiten für Querparken zu schaffen. Die Grünen fanden mit ihrem Vorstoß keine Mehrheit. Sie wollten den CDU-Antrag um die Erarbeitung eines „integrierten Konzeptes zur Entwicklung der Wohnumfeldqualität im Ortsamtsbereich Pieschen“ ergänzen, in dem „die unterschiedlichen, oft widersprüchlichen Anforderungen transparent gemacht und in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden“. Mit mehreren Unterpunkten wurde aufgelistet, was darunter zu verstehen ist. Die Beschäftigung mit dem Parken würde die Wohnqualität nur einseitig aufgreifen, hieß es zur Begründung.
„Das verwässert die Schlagkraft des Antrages“, erwiderte Christoph Böhm. Wolfgang Daniels von den Grünen prophezeite eine weitere Verschärfung der Parksituation. Stefan Engel (SPD) fand, dass der Vorstoß der Grünen den Antrag überfrachtet und empfahl, wichtige Formulierungen als Ergänzung zu übernehmen. Das geschah dann auch. Der CDU-Antrag wurde mit einigen Ergänzungen und 15 Ja-Stimmen bei 4 mal Nein von Grünen und Piraten verabschiedet.
Straße für kleines Wohngebot bekommt einen Namen
Einstimmig hatten die Ortsbeiräte zuvor einen neuen Straßennamen festgelegt. Die Straße, mit der das kleine Wohngebiet an der Neuländer Straße erschlossen wird, soll den Namen Maria Margaretha Kirch tragen. Die Astronomin lebte von 1670 bis 1720 und entdeckte den Kometen von 1702 und gilt damit als erste Frau, die einen Kometen entdeckte. Trotz dieser Leistung wurde ihr auf Grund ihres Geschlechts eine Stelle an der Akademie der Wissenschaften Berlin verwehrt, heißt es in der Begründung. In der Nachbarschaft seien bereits andere Straßen nach Naturwissenschaftlern wie Galilei, Euler oder Morse benannt.