Ein Pädagogenteam will in Pieschen die erste Schule in freier Trägerschaft errichten. Schon im August 2018 soll der Betrieb mit zwei Schulklassen für Erstklässler und Fünftklässler beginnen. „In fünfzehn Jahren wollen wir etwa 700 Schülerinnen und Schüler in Grundschule, Oberschule, Gymnasialstufe und einer beruflichen Schule unterrichten“, beschreibt Michael Hecht das ehrgeizige Projekt. „Wir planen keine Kontraschule, sondern eine Schule nach unseren Vorstellungen“, so der studierte Lehrer für Englisch und Geografie. Ein wichtiger Ansatz dabei sei, dass alle Kinder lernen, aber unterschiedlich schnell. „Lernen im Gleichschritt funktioniert nicht. Es gibt gemeinsame Themen und individuelle Lernwege“, erläutert er. Werde zum Beispiel das Thema „New York“ behandelt, könne das Ergebnis eine Ansichtskarte mit drei Sätzen oder auch ein kleiner Aufsatz sein. Die Schüler setzen die Arbeitsaufgaben auf ihrem Niveau um.
Inspiriert von der Laborschule Bielefeld
Hecht ist promovierter Erziehungswissenschaftler, forscht an der TU Dresden und bildet dort Lehrer aus. Davor arbeitete er fünf Jahre an der Laborschule in Bielefeld. Das ist eine bereits 1974 gegründete staatliche Versuchsschule, an der neue Formen des Lehrens und Lernens getestet und realisiert werden. Seine Idee, eine Schule für alle Kinder anzubieten, kommt aus dieser Zeit. In der Laborschule konnte dieser Anspruch letztlich nicht realisiert werden. Als einen Grund nennt die Literatur, dass akademisch gebildete Eltern Schulexperimenten einfach offener gegenüber stehen.
Michael Hecht weiß das. „Die Schule ist offen für alle Kinder und Jugendlichen, unabhängig von ihrer Herkunft und körperlichen oder geistigen Voraussetzungen“, sagt er. Um das in der Praxis zu erreichen, müsse man eben in den verschiedenen Zielgruppen verstärkt werben, fügt er hinzu. Beginnen will das vierköpfige Team damit am kommenden Dienstag. Dann soll das Schulkonzept erstmals öffentlich präsentiert werden, auf der Sitzung des Ortsbeirates Pieschen. Weil die Tagesordnung nicht besonders vollgepackt ist, bietet sich ausreichend Zeit für Präsentation und Nachfragen. Die Schulgründer hoffen auch auf interessierte Eltern als Zuhörer in der öffentlichen Sitzung.
Lernen in Werkstätten
Ein wichtiger Bestandteil des Schulkonzeptes ist, wie Hecht es ausdrückt, „das Lernen an echten Aufgaben“. Einen Teil des Lehrplanes kann man auch in Werkstätten realisieren, erläutert er. Arbeiten mit Holz, Fahrrädern, Motoren, Robotik oder digitaler Technik sollen in verschiedenen Werkstätten ermöglicht werden. Auch eine Küche als zentraler Ort der Schule soll dazu gehören. Kurz: „Wir wollen den Kindern Räume bieten, in denen sie Spuren hinterlassen können.“ Das gelte auch für den Stadtteil, zu dem sich die Schule öffnen und in dem sie nach geeigneten Projekten suchen wolle.
Das Schulgründer-Team
Das Schulgründerteam besteht aus vier Akademikern. Claudia Meusel ist Kunstpädagogin und initiierte und betreut im Rahmen der Lehramtsausbildung die Kunstwerkstatt, sowie kulturelle Bildungsprojekte. Georg Flade ist Diplom-Berufspädagoge und hat auch einen Facharbeiterabschluss als Zimmerer. Die Idee einer stetigen technischen Bildung während der gesamten Schullaufbahn will er in der Kulturwerkschule umsetzen. Vierte im Bund ist Erziehungswissenschaftlerin Katharina Weinhold. Als Dozentin für allgemeine Pädagogik veranstaltete sie zum Beispiel Projektseminare gemeinsam mit dem Deutschen Hygiene-Museum zum Thema interkulturelle Grundschule.
Keiner der vier suche einen neuen Job, meint Hecht. Später allerdings könnte er sich vorstellen, auch selbst in der Schule zu unterrichten. Trotz allseits beklagtem Lehrermangel seien zu einem ersten informellen Treffen knapp 30 interessierte Pädagogen gekommen. Zum Start seien zweieinhalb Stellen für die neue Schule geplant.
Spätestens bis Mai 2018 will das Team um Michael Hecht alle Anforderungen an die Gründung der neuen Schule erfüllen und die Genehmigung der Sächsischen Bildungsagentur in der Tasche haben. Bis dahin ist noch Zeit, den Standort für den Start der beiden Schulklassen zu finden. Das und die Baupläne, so Hecht, seien aber schon wieder ein anderes Thema.
4 thoughts on “Kulturwerkschule soll 2018 als erste freie Schule in Pieschen starten”
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Ich möchte gerne teilnähmen.
Liebe Frau Thieme, auf unserer Homepage http://www.kulturwerkschule.de können Sie sich über aktuelle Termine informieren. Die ersten Eltern-Informationsabende finden im Herbst 2017 statt und werden zeitnah auf der Internetseite ausgeschrieben. Unter kontakt@kulturwerkschule.de stehen wir Ihnen gern für weitere Fragen zur Verfügung.
Die erste freie Schule in Dresden ist das nicht, aber die erste in Pieschen. Das Konzept, auch der Bielefelder ist ebenfalls nicht neu, es gab zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Dresden bereits eine Laborschule mit ähnlichen Ansätzen, die weniger an mangelndem Elterninteresse als an der Kombatibilität zum Schulamt scheiterte und noch vor 33 geschlossen wurde. Den Ansatz, den Herr Hecht darlegt, finde ich sehr zeitgemäß. Bildung darf nicht nur im Kopf angereichert werden, die praktische Umsetzung nach individuellen Fähigkeiten festigt nach meiner Erfahrung erst das, was wir Wissen nennen und führt unabhängig von hierarchischen Bewertungen zu einem besseren Bildungsniveau als es heutige Schulen vermögen.
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