In seiner letzten Ausgabe hatte der von Dezember 1906 bis Februar 1913 erscheinende „Dresdner Nordwestbote“ unter der Überschrift „Straßenbahn nach Uebigau- Kaditz“ unter anderem Folgendes veröffentlicht: „Durch die in Aussicht genommene baldige Flutrinnen- und Bauplan-Feststellung für Kaditz und Mickten-Uebigau ist die Herstellung einer Straßenbahn in die Fluren unserer nordwestlichen Vorstädte in greifbarere Nähe gerückt als bisher. Für Mickten-Uebigau scheinen die Aussichten dafür seit der Entstehung des Flugplatz- Projektes (1913-1926 Flugplatz in Kaditz, Anmerkung K. Brendler) noch günstiger geworden zu sein.“
Tatsächlich erhielten das von der Leipziger Straße abgelegene Altmickten sowie die Vorstadt Übigau am 21. Oktober 1913 eine Straßenbahnverbindung in das Dresdner Zentrum. Die Bewohner des Stadtteils Kaditz, vornehmlich Mittel- und Altkaditz, mussten sich aber weitere neun Jahrzehnte in Geduld üben.
Erst nachdem das Elbehochwasser des Jahres 2002 die Flutrinnenbrücke im Zuge der Sternstraße so schwer beschädigt und ihre Ersetzung durch einen Neubau unumgänglich gemacht hatte, wurde vielfach über eine Verlegung der bisher die Brücke passierenden Straßenbahntrasse in Richtung Elbepark, Autobahnanschluss und Riegelplatz diskutiert. Kernstück dieses ehrgeizigen Bauvorhabens war die Weiterführung der Straßenbahn über ein Stück der Straße „An der Flutrinne“, weiter auf der Pieschener- und Lommatzscher Straße, die Autobahn unterquerend bis hin zum Riegelplatz.
Worauf man vor allem in Kaditz so lange gewartet hatte, begann am 11. August 2003 ganz unspektakulär Gestalt anzunehmen. Die Dresdner Verkehrsbetriebe AG, das am 16. August 1993 aus dem VEB Verkehrsbetriebe der Stadt Dresden hervorgegangene städtische Unternehmen, bauten mit einem Zuschuss von drei Millionen Euro aus dem Fluthilfefonds des Landes Sachsen die neue Straßenbahnlinie.
Am 29. November 2003 als Linie 94 eröffnet, verkehrte sie zunächst zwischen den Haltestellen Pirnaischer Platz und Autobahnbrücke Kaditz und verband im 10-Minuten-Takt den Elbepark Kaditz/Mickten mit der Dresdner Innenstadt. Im Endausbau wurde die Straßenbahnlinie dann unter der Autobahnbrücke bis zum Riegelplatz geführt.
Der 1935 nach dem Kunsthistoriker Hermann Riegel (1834-1900) benannte Platz, trug seit 1896 den Namen des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815-1898). Im Zuge der Eingemeindung von Kaditz nach Dresden erfolgte 1904 die Umbenennung in Simsonplatz. Allein die jüdische Herkunft Eduard von Simsons (1810-1899), u.a. erster Präsident des 1879 neugegründeten Reichsgerichts in Leipzig, war für den NS-Staat Grund genug, 1934 seinen Namen aus der Liste Dresdner Straßen und Plätze zu streichen.
Seit dem 27. November 2004 verkehrt die Linie 9 als „Shopping-Linie“ zwischen Kaditz und Prohlis. Ganze 51 Minuten benötigt sie für die 17 Kilometer lange Strecke und passiert dabei fast alle zwischen dem Elbepark Kaditz/ Mickten und dem Kaufpark Nickern gelegenen bedeutenden Shopping-Zentren Dresdens.
Mit dem Endausbau bis zum Riegelplatz fand die „unendliche Geschichte“ der Anbindung von Mittel- und Altkaditz an den Dresdner Personennahverkehr per Straßenbahn doch noch ein gutes Ende. Der Gerechtigkeit halber muss aber gesagt werden: Wer in das ganz „alte“ Kaditz will, nach Altkaditz also, der muss vom Riegelplatz nach wie vor den Bus nehmen oder sich zu Fuß auf den Weg machen.
Eine Autobuslinie, die bis 1941 täglich zwischen dem Riegelplatz und Mickten verkehrte und am 1. November 1949 wiedereröffnet wurde, hatte die Stadt Dresden schon 1928 eingerichtet. Mit der Straßenbahn-Endhaltestelle und der seit Anfang der 1960er Jahre fest installierten Haltestelle von Buslinien der DVB könnte man den Kaditzer Riegelplatz nun sogar einen Verkehrsknotenpunkt nennen.
Bestandteil der Verkehrsbauten für die Linie 9 war auch der im Juni 2005 fertiggestellte Park+Ride Platz für 180 Autos, der das Umsteigen von Pendlern zum Städtischen Nahverkehr ermöglicht. Diese Anlage sollte wohl noch durch ein Parkhaus mit 660 Plätzen unmittelbar an der Autobahnabfahrt ergänzt werden.
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