Schon Anfang 2017 machte die Tagespresse auf ein Jubiläum aufmerksam, welches dieses Jahr im Dresdner Nordwesten ansteht. Sie schrieb: „Die Geschichte des Ortsamtes Pieschen ist alt und wechselhaft. In diesem Jahr wird 725. Geburtstag gefeiert.“ Das Ortsamt, das seit 1991 den Namen der 1897 durch die Haupt- und Residenzstadt Dresden einverleibten Vorortgemeinde Pieschen trägt, wird natürlich keine 725 Jahre alt, sondern der 1292 erstmals urkundlich erwähnte Stadtteil Pieschen.
In Erinnerung sollte noch sein, dass nach der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten die Verwaltungsstruktur Dresdens geändert und an die der Bundesrepublik Deutschland angepasst wurde. Seit 1991 gliedert die Stadt ihre Stadtteile also nicht mehr in fünf Stadtbezirke, sondern in zehn Ortsämter und neun Ortschaften. Aus dem ehemaligen Stadtbezirk Dresden-Nord wurde der Ortsamtsbereich Pieschen, in dem die Stadtteile Mickten, Übigau, Kaditz, Trachau, Pieschen, und Trachenberge sowie der westliche Teil der Leipziger Vorstadt „vereint“ sind. Den Begriff „Stadtbezirk“ hat man durch den Begriff „Ortsamt“ ersetzt, um sich von der Nomenklatur der DDR-Zeit prinzipiell abzugrenzen
Das heißt: Das Ortsamt Pieschen kann also statt der 725 Jahre „nur“ auf eine, wenn auch wechselvolle aber doch erfolgreiche Geschichte von 26 Jahren verweisen.
Zur Geschichte des Stadtteils Pieschen selbst sind im Stadtarchiv und Hauptstaatsarchiv Dresden entsprechende Akten aufbewahrt und können eingesehen werden. Darüber hinaus gibt es aber auch heimatkundliche Literatur. So beispielsweise „Der Stadtbezirk Nord der Stadt Dresden / Aus der Geschichte seiner Stadtteile“, herausgegeben vom Rat des Stadtbezirkes Nord der Stadt Dresden, Abteilung Kultur, dessen erste Auflage 1983 erschien.
In seinem Geleitwort nannte der damalige Stadtbezirksbürgermeister Friedhelm Peter (1930-2016) das Anliegen der Publikation. Sie sollte „…die wechselvolle Geschichte der einzelnen Stadtteile unseres Stadtbezirkes, vom Feudalismus beginnend, bis in unsere heutige sozialistische Gesellschaft […] dokumentieren.“ Verfasst von einem Autorenkollektiv, dem auch der Volkskundler Dr. Alfred Fiedler (1903-1983) angehörte, lag die Redaktion in den Händen des Historikers und Archivars Dr. Gerhard Schmidt (1920-2001). Letzterer wohnte bis zu seinem Tod in Dresden-Kaditz.
In dieser fast 100 Seiten umfassenden Broschüre ist als Literaturquelle auch die „Festschrift für die 50-Jahr-Jubelfeier des Bezirks- und Bürgervereins der Vorstadt Dresden-Pieschen 1884-1934, Dresden 1934“ angegeben. In genannter Festschrift hatte der anfangs auf der Markusstraße in Pieschen, später bis zu seinem Tode auf der Reichenberger Straße in Trachau wohnende Oberlehrer der 29. Volksschule (heute Pestalozzi-Gymnasium) Max Klöß (1871-1957) unter dem Titel „Streifzüge durch Pieschen“ Wissenswertes zur geschichtlichen Entwicklung niedergeschrieben.
So unter anderem Folgendes: „Das Dorf Pieschen genoss in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bei den Stadtleuten kein besonders Ansehen, weil es nach ihrer Meinung nicht des Rühmenswerten bot. Denn die Zeiten waren vergessen, da die Dresdner ‚nach Pieschen zu Weine gingen‘ und sich an der ‚Pieschner Auslese‘ gütlich getan hatten. Die stolzen Städter verspürten keine Lust, dem öden ‚Kuhdorfe‘ mit seinen kasernenähnlichen Arbeiterhäusern einen Sonntagsbesuch abzustatten, und Fremde blieben erst recht aus, weil selten einmal ein gedruckter Wanderführer auf diesen Vorort Dresdens Bezug nahm. Nur dann gab es die Rede von Pieschen, wenn im Polizeibericht gemeldet wurde, daß die Elbe im ‚Pieschener Winkel‘ einen Lebensmüden an Land gespült hätte.“ Die Pieschener hätten mit folgendem Spruch auf ihr „negatives Image“ reagiert: „Wer aus Pieschen wird ausgewiesen, der zieht nach Blasewitz oder Striesen!“ – das heißt, in die damals vornehmsten Stadtteile Dresdens.
Seit dieser Zeit ist am „Pieschener Winkel“ viel Wasser der Elbe in Richtung Nordsee geflossen und Pieschen hat sein äußeres wie inneres Gesicht nachhaltig verändert.
Wer über die Geschichte des Stadtteils Pieschen, also nicht über die des Ortsamtes gleichen Namens, noch viel mehr wissen möchte, vor allem auch über seine urkundliche Ersterwähnung, dem sei „Die Geschichte des Dresdner Vorortes Pieschen“ von Heidemarie und Heinz Glodschei aus dem Jahre 2008 „wärmstens“ empfohlen.
Während die „Streifzüge durch Pieschen“ nicht Bestand der Bibliothek hinter dem Pieschener Rathaus sind, können die beiden anderen Publikationen ausgeliehen werden.
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