Wer sich gegen Bahnlärm wehren will, muss dicke Bretter bohren. Und zäh sein. Das waren die wichtigsten Botschaften, die die knapp zwanzig Bahn-Anwohner aus der Neustadt und aus Pieschen am Dienstagabend aus dem Gartenlokal Fortschritt in der Bärnsdorfer Straße mitnahmen. Marco Kunze und Michael Krebs von der Bürgerinitiative Bahnemission Elbtal vermittelten noch eine weitere wichtige Erkenntnis: Man kann etwas erreichen.
Die beiden Vorsitzenden der Bürgerinitiative, die inzwischen als gemeinnütziger Verein anerkannt ist, präsentierten ihre Erfahrungen und Erfolge in der Auseinandersetzung um den Bahnlärm und machten eines sofort klar: „Wir kämpfen nicht gegen die Bahn. Wir engagieren uns für Wege zu einer leisen Bahn.“ Das sei ein großer Unterschied und wichtig für die Kommunikation mit Politikern und Bahnmanagern, betonte Kunze mehrfach. Den Verein Bahnemission Elbtal gründeten die Kämpfer für eine leise Bahn 2011 in ihrer Heimatstadt Coswig.
Jetzt haben sie Unterstützung in Dresden gefunden. Alexander Takatsch wohnt in der Friedensstraße und hört jede Nacht die Güterzüge, die auf der im März 2016 fertiggestellten vierspurigen Trasse zwischen Dresden-Neustadt und Radebeul Ost unterwegs sind. Die Lärmbelästigung habe seitdem drastisch zugenommen, erklärt der Ingenieur. Das bestätigen auch andere Anwohner. „Wir wohnen sozusagen bündig zur Bahnstrecke und könnten dem Zugführer in die Augen schauen“, berichtet eine junge Frau. Besonders extrem seien Güterzüge mit leeren Contianern, erzählt ein weiterer Gast. Den meisten Lärm würden jedoch die Bremsen verursachen, sind sich alle einig. Da reiche eine laute Achse im gesamten langen Zug.
>> Bürgerinitiative Bahnemission Elbtal
>> DEGA-Arbeitsgemeinschaft Lärm
>> Susann Rüthrich (SPD) und Bahnlärm
>> Lärmkartierung Eisenbahn-Bundesamt
Kunze präsentiert und erläutert die Fakten und die Gesetzeslage. Zunächst scheint es, dass er sehr weit ausholt, als er über Lärm, Evolution oder WHO-Studien referiert. Sein Zwischenfazit macht schnell klar, warum er seinen Vortrag so aufgebaut hat: „Man kann sich an Lärm nicht gewöhnen!“ Darum regele eine umfangreiche Gesetzeslage in Deutschland auf vielfältige Weise den Lärmschutz. Aber, so Kunze: „Es gibt bisher kein eigenes Lärmschutzgesetz für Bahnlärm“. Und damit auch keinen ausreichenden Schutz vor dem Lärm von Güterzügen auf Schienen. Ein wichtiges Ziel des Vereins sei darum ein Gesetz zur Reduzierung von Güterschienenlärm. Und die Durchsetzung wichtiger Forderungen auf EU-Ebene. Zum Beispiel die Einhaltung der Zielstellung, bis 2020 alle Güterwaggons auf leise Bremsen umzurüsten.
Hier kommt Susann Rüthrich ins Spiel. Die SPD-Bundestagsabgeordnete unterstützt den Verein aus Coswig schon länger. Sie hat Wahlkreisbüros in Meißen, Pirna und das Dresdner Büro in Pieschen. „Ich engagiere mich mit 80 weiteren Abgeordneten in der Parlamentsgruppe Bahnlärm im Bundestag“, erklärt sie den Zuhörern. Die EU plane, die Umrüstung auf leise Bremsen erst 2022 abzuschließen. „Wir wollen erreichen, dass es früher geschieht“, beschreibt sie eines der Ziele der Gruppe.
Vereinsvorstand Michael Krebs findet es gut, dass sich in Dresden der Widerstand bei den Bahnlärm-Betroffenen regt. „Vielleicht gründen Sie eine Ortsgruppe Dresden in unserem Verein“, fragt er in die Runde. Jede Art von Unterstützung, auch von Einzelpersonen, könne helfen. Aber, so sagt er auch, es ist mit „richtig richtig viel Arbeit verbunden“.
SPD-Mitglied Alexander Takatsch hat den ersten Schritt getan und die Informationsveranstaltung organisiert. „Ich bin in einem Alter, in dem man gern etwas Nachhaltiges machen möchte“, beschreibt er seine Motive. Das Thema werde wichtiger, ist er überzeugt. Kunze bestätigt ihn in der Annahme. Dresden liege an einer transeuropäischen Bahntrasse vom Mittelmeer nach Skandinavien. Die Prognosen besagen, dass der Güterverkehr auf diesen Trassen weiter steigen werde. Am 10. Juni 2017 plant der Verein eine Lärmschutzkonferenz in Coswig. Und bohrt weiter dicke Bretter.
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