Vorn ein verschnörkeltes grünes J, danach die Buchstaben „ess“ und am Ende ein „Pub“ – das neue „Jess Pub“ in der Oschatzer Straße 34 verrät nicht gleich, was man als Besucher zu erwarten hat. Dabei ist es recht einfach, erklärt Inhaberin Jessica Petrenz lächelnd: Zwar habe sie natürlich mit ihrem Vornamen gespielt, aber „durch die Schnörkel rückt das J in den Hintergrund, das ‘ess‘ dagegen nach vorn, und genau darum geht’s: um gutes Essen.
„Aber ich wollte mich da in keine Schiene drängen lassen – ein bisschen traditionelle deutsche Küche, ein bisschen mediterran, ein bisschen modern. Ich versuche, klassischen Gerichten einen neuen Touch zu geben, sodass für alle was dabei ist“, fährt sie fort. Und das „Pub“ beziehe sich zwar auf die Vorgängerkneipe „Camel’s Pub“, stehe aber nicht für einen Irish Pub, sondern eher für „public house“, also einen Ort der Begegnung und Zusammenkunft von Anwohnern.
Und auf eben diese Pieschener hat es die junge Gastronomin mit ihrer neuen Kneipe „abgesehen“. „Ich wollte keinen weiteren Dönerladen aufmachen, sondern was Besonderes für die Leute in ihrem Stadtteil schaffen.“ Deswegen betrachtet sie die anderen Gastronomie-Angebote im Viertel, etwa das schräg gegenüber liegende „&Rausch“, auch nicht als Konkurrenz, sondern als willkommene Unterstützung. „Unser Publikum mischt sich, wir profitieren voneinander.“
Ehe die Erdgeschossräume des Hauses an der Oschatzer Straße 34 nach der Wende zur Kneipe wurden, arbeiteten dort jahrzehntelang Metzger. Ende des 19. Jahrhunderts war laut historischer Adressbücher der Fleischermeister Ernst Schluckwerder zugange, von etwa 1901 bis 1932 Emil Nacke, gegen Ende unterstützt durch Klemens Rebentrost. Von 1933 bis mindestens in die 60er Jahre hinein betrieb die Familie Max Alfred Hofmann die Fleischerei. Nach 1990 zog die Bierbar „Zeppelin“ bzw. „Graf Zeppelin“ ein, aus der später das „Camel’s Pub“ wurde. In den oberen Etagen befand sich in den vergangenen Jahren zeitweise eine kleine Pension.
Denn Pieschen wird sich positiv entwickeln, davon ist die quirlige Frau überzeugt. „Es hat zwar einen etwas verruchten Ruf, aber es kommt.“ Von Unkenrufen und Negativmeinungen will sich Petrenz nicht verunsichern lassen. „Das wird ein hartes Stück Arbeit, das ist mir bewusst. Man muss halt kämpfen und Durchhaltevermögen haben. Aber ich bin ja da nicht blind reingegangen, sondern komme aus der Gastronomie.“ Mit ihren gerade einmal 31 Jahren kann sie beeindruckend viel Berufserfahrung vorweisen. „Seit ich zehn bin, habe ich meinem Vater in seiner Gaststätte geholfen“, erzählt die gebürtige Cottbuserin. Ihr Papa führt dort ein Familienunternehmen in fünfter Generation. Nach der Ausbildung zur Restaurant- und Hotelfachfrau arbeitete sie in verschiedenen Gastronomiebetrieben in Nordrhein-Westfalen, übernahm auch ihre erste Führungsposition. Doch nach neun Jahren kehrte sie in die Heimat zurück, half ihrem Vater, probierte sich bei Eventagenturen aus und leitete mehrere Jahre die Mongolian Bar im Dresdner Gewerkschaftshaus.
„Jessi, du machst das jetzt selber!“
Doch die Arbeit als Angestellte befriedigte sie nicht völlig: „Du bringst die Konzepte mit, siehst den Umsatz, aber das wird von vielen Chefs nicht gewürdigt. Eigentlich wollte ich mich nie selbständig machen, aber irgendwann kam der Punkt, dass ich gesagt hab: Jessi, du machst das jetzt selber!“ Zunächst hatte sie einen Laden in Radebeul im Blick, aber die kleine Kneipe direkt gegenüber ihrer Pieschener Wohnung machte dann doch das Rennen. Vorerst. Das Geschäft in Radebeul soll nämlich mit anderem Konzept im kommenden Jahr folgen.
Für ihren ersten eigenen Laden hat die Powerfrau hart gearbeitet. Vor der Eröffnung brachte sie knapp zwei Monate lang mit Freunden und Verwandten die Räumlichkeiten auf Vordermann: Die einst dunklen Dielen in der kleinen Kneipe sind abgeschliffen und lassen den Gastraum viel heller erscheinen, Tresen und Tische wurden aufgearbeitet, die Mini-Küche und die Zapfanlage modernisiert.
Den einst brachliegenden, vermüllten Hof beräumten Petrenz und ihre fleißigen Helfer, bauten eine Terrasse, lasierten in tagelanger Arbeit die Holzbohlen, bauten Blumenkübel und begrünten den Hof. „Die Männer haben gelästert, weil ich da schon meine Kräuter gepflanzt habe, die ich jetzt zum Kochen verwende“, erzählt die Chefin grinsend. „Wir haben es schließlich gerade so geschafft, zum Sankt Pieschen aufzumachen.“ Nun locken im Inneren rund 25 Plätze, auf dem überdachten Freisitz etwa 50.
Petrenz‘ Engagement wird honoriert. Seit dem Eröffnungswochenende Anfang Juni hat sich schon ein bunt gemischtes Stammpublikum gefunden, erzählt sie – sowohl alteingesessene Pieschener, die noch die früheren Kneipen im gleichen Haus kennen, als auch junge Leute aus der Nachbarschaft. „Wir sind schon mehr angenommen worden, als ich gehofft hatte“, sagt Petrenz stolz.
Flying-Tapas-Abend erstmals am Mittwoch
Die Gäste will die junge Chefin vor allem mit ihrer Leidenschaft für die Gastronomie überzeugen: mit frischem, schön dekoriertem Essen, freundlichem Service, Humor und netten Worten für jeden Kunden. Hinterm Haus bereitet sie an den Wochenenden an einer Live-Cooking-Station Leckereien vor den Augen der Gäste zu. Extra dafür hat sie eine „Grill-Lok“ namens „Oklahoma Joe“ angeschafft, in der das Fleisch im Buchenholz-Rauch gegart wird. „Man muss nicht teuer sein und kann trotzdem gute Qualität und was fürs Auge bieten“, sagt sie. Für ihre Besucher brät die Chefin auch gern mal die berühmte Extrawurst. „Warme Küche haben wir eigentlich nur bis 23 Uhr, aber wenn wir da sind und ich hab Zeit, dann kriegt der Gast auch nachts noch was Warmes zu essen. Ich überrasche eben gern auf diese Weise.“
Und auch mit den mit vielen verschiedenen Events, die das „Jess Pub“ füllen sollen. Petrenz sprudelt förmlich über, wenn sie aufzählt, was alles geplant ist: Bereits jetzt kommt dienstags ab und zu eine kleine Akustik-Combo vorbei und spielt spontan eine Session. Ab 20. Juli soll es regelmäßig einen „Flying-Tapas-Abend“ geben, bei dem die kleinen spanischen Häppchen am Tisch serviert werden.
Auch einen Sonntags-Brunch will sie einmal im Monat etablieren – aber natürlich keinen klassischen mit Speisen aus metallenen Warmhaltebehältern und großen kalten Platten auf einem Büfett, sondern mit kleinen Speisen auf jedem Tisch und Live-Kochen im Freien. Am 23. November kommt ein Schweizer Gastro-Kollege und veranstaltet einen großen Käsefondue-Abend.
Im Herbst soll es im Hof mehrfach einen Herbstmarkt geben, bei dem sich regionale Obst- und Gemüsehändler sowie Kunstgewerbler und Geschenkartikelanbieter präsentieren. „Das ist was für die Leute ausm Stadtteil, die nicht in den Trubel der Innenstadt wollen.“ Nach diesem Konzept schwebt Jessica Petrenz auch ein kleiner, feiner Weihnachtsmarkt vor. An Winter-Wochenenden will sie vielleicht noch Mittagessen sowie Kaffee und Kuchen anbieten.
Auch mit dem Bauen ist das blonde Energiebündel noch längst nicht fertig: Der Gastraum soll noch den letzten Schliff bekommen – „so ein bissel Richtung Jugendstil mit mediterranen Einflüssen, mit Schnörkeln und fraulich“ –, das Zelt hinterm Haus wird noch angehübscht, neben dem Gebäude soll eine kleine, überdachte Raucherlounge entstehen. Achja, und die beiden Wohnungen in den Obergeschossen will Petrenz auch noch renovieren und vermieten, denn sie hat das gesamte Haus gepachtet. „Manchmal muss ich mich bremsen, aber da hilft mir mein Team schon“, lacht Petrenz. Sagt’s und schleppt noch flink ein paar Kisten mit Waren ins Lager.
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War diese Woche erstmals im Jess-Pub. Die Atmosphäre war wirklich nett und das Personal hat sich echt Mühe gegeben und Sonderwünsche erfüllt. Der einzige Kritikpunkt ist der Preis vom Fassbier! Der halbe Liter kostet 3,90€! Da ist mir die Kinnladde runter gefallen! Eine Kneipe zum „wir gehen am Abend mal schnell ein Bierchen trinken“ ist das für mich leider nicht.