Wenn Kurt Löwe im Sterben liegt, bebt das Theater ein wenig. Dieses markante Haus, welches zwischen Ranke- und Fechnerstraße thront, dort, wo die Leipziger Straße einen Knick in Richtung Trauchau macht, war einst Ausflugslokal, später bot es vor allem Wohnraum. Jetzt ist die Dachwohnung eine Bühne mit 30 Plätzen, der einstige Ballsaal fasst 115 Zuschauer.
Und vor oder nach den Vorstellungen kann in der einstigen Gaststätte, die noch immer eine ist, nur viel moderner als früher, gespeist werden. Wenn also Kurt Löwe im Sterben liegt, wird dieses Gebäude zum Krankenhaus und die Bühne zum Krankenzimmer, dort, wo sich Frau und Kinder am Bett versammeln. Die Familienbande, welche das Konstrukt nur mühsam zusammenhalten, werden gezogen, entwirrt und verknotet, dass es eine Freude ist. „Löwen“ heißt das Schauspiel von Nick Silver, welches das Allraunen Theater derzeit im Theaterhaus Rudi präsentiert.
„Es ist die kleinste Theatergruppe“, sagt Rudi-Chefin Katrin Gawel. „Der Kern besteht aus vielleicht fünf Leuten.“ Aber das, was sie machen, sei groß, „experimentell und künstlerisch tiefgründig, teilweise absurd und meistens philosophisch unterlegt“. Das Alraunen Theater bringe jedes Jahr ein neues Stück heraus, „immer etwas ganz Besonderes“.
Geprobt wird vor allem abends
Eigentlich ist ja jedes Stück etwas Besonderes – so wie jede Theatergruppe auch. Fünf von ihnen haben im Rudi ihr Zuhause. Neben dem Allraunen-Theater sind es die Gruppe Spielbrett, das Eclectic Theatre, das H.O. Theater und die Senioren, die ihrer Truppe die Bezeichnung „Ohne Verfallsdatum“ gegeben haben. Es sei jeden Monat aufs Neue eine logistische Herausforderung, alle Proben-Termine, Veranstaltungen und Auftritte unter einen Hut zu bekommen und letztlich zu einem Spielplan zusammenzufügen, sagt Katrin Gawel.
„Geprobt wird ja vor allem abends“, erklärt sie und macht darauf aufmerksam, dass alle Schauspieler Amateure sind. „Die meisten arbeiten tagsüber und haben erst am Abend Zeit für ihr Hobby: das Theater.“ Nur gut, dass man drei Räume im Haus bespielen könne: das Theater unterm Dach, den großen Saal und den Theaterkeller. Da lassen sich sogar mal zwei Premieren an ein und demselben Tag feiern, so wie beispielsweise am 28. Oktober, wenn im Saal „Das Katzenhaus“ gezeigt wird und unterm Dach „Dahl Royall“. Diese beiden Aufführungen sind übrigens Stücke von anderen Theatergruppen, sozusagen aushäusigen Amateuren.
Herrlich derbes Volkstheater
Die größte „Hausgruppe“ des Rudi machen die zwei Dutzend Leute von „Spielbrett“ aus. „Herrlich derbes Volkstheater“, umschreibt es Katrin Gawel. „Mit ihrem Leiter Ulrich Schwarz bringen sie auch aller drei Jahre ein anderes Shakespeare-Stück auf die Bühne. Derzeit sind sie allerdings mit der Komödie „Ein dickes Ding“ im Rudi zu erleben. Darin wird eine Geschichte aus dem alten Griechenland ins Heute geholt. Das Thema: Frieden schaffen ohne Waffen. Bei Aristophanes, dem alten Griechen, und seiner „Lysistrata“ klappt es mit einer Sex-Sperre. Und hier? Eine weitere Vorstellung der „Spielbretter“ nennt sich „Offene Zweierbeziehung“ und das aktuelle Familienstück „Schneewittchen und die Zwerge“.
Ebenfalls für Familien ist „The Snow Queen“ , also die Schneekönigin, des Eclectic Theatres. „Sie spielen in englischer Sprache, aber mit deutschen Übertiteln“, erklärt die Rudi-Leiterin. Auch das Seniorentheater „Ohne Verfallsdatum“ biete Familienstücke an.
Das H.O. Theater feiert dieses Jahr ein rundes Jubiläum. „Dieses Theater hat Rudi Donath vor 40 Jahren gegründet, seit 12 Jahren ist es hier im Haus“, erzählt Katrin Gawel und verweist auf zwei Inszenierungen. „Eine Woche voller Samstage“ ist die Geschichte von Sams, der von Paul Maar geschaffenen Figur mit den roten Haaren und blauen Wunschpunkten. Wenn viele Eltern mit ihren Kindern in die Vorstellung kämen, würde die Idee der Theatermacher aufgehen. Das Zwei-Personen-Stück „Pflichtmandat“ ist eine sehr sehenswerte witzig-ironische Geschichte, intelligente Unterhaltung und zwei tolle Rollen für die Schauspieler.
Gitarrenunterricht und Ferienkurse
Das Theaterhaus Rudi ist deutschlandweit einzigartig. „Wie schön, dass sich Dresden diesen Luxus eines Amateurtheaters leistet“, freut sich darum Katrin Gawel über den kommunalen Träger des Theaterhauses Rudi. Wenn man sich die Kartenpreise ansieht – zwischen 3,50 und 8 Euro – weiß man, dass das Ganze ein ziemliches Zuschussgeschäft sein muss. Von den Einnahmen gehen außerdem nur 30 Prozent zurück in die Stadtkasse, die anderen 70 Prozent bleiben bei den Theatergruppen, die sie für Bühnenbilder, Plakate und anderes nutzen. Mit der Kinder- und der Jugendtheaterschule gibt das Rudi aber auch eine Art Dienstleistung an die Kommune zurück. Das gilt auch für Gesangskurse, Gitarrenunterricht oder Ferienkurse.
>> das ganze Programm des Theaterhauses Rudi
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