Die Erich-Kästner-Rallye lädt über 500 Dresdner Schüler zu einer literarischen Spurensuche ein. Unter der „Parole Emil!“ begeben sie sich auf eine Spurensuche in die Kindheit und Jugend des als Kinderbuchautor bekannten Schriftstellers. Organisatoren der Rallye sind Walter Henckel und Dirk Strobel vom Theaterpädagogischen Zentrum Sachsen, das seinen Sitz im Theaterhaus Rudi. Das befindet sich dort, wo von der Leipziger Straße die Rankestraße und die Fechnerstraße abzweigen. Wir haben die Rallye-Macher zum Interview getroffen.
Sie organisieren für über 500 Schüler die Erich-Kästner-Rallye. Warum eigentlich?
Walter Henckel: Erich Kästner hat wundervolle Geschichten geschrieben – für Erwachsene und Kinder. Er ist in Dresden geboren und aufgewachsen, hat hier seine Kindheit und Jugend verbracht, und ist von der Stadt geprägt worden. Viele Orte finden sich in seinen Geschichten wieder und existieren bis heute. Die Stadt aus dem Blickwinkel des Schriftstellers und seiner Figuren zu erleben – das möchten wir den Kindern ermöglichen.
Dirk Strobel: Die Lebendigkeit von Literatur soll Mittelpunkt sein. Betrachtet man die Originalschauplätze, lässt sich die Wahrnehmung von Stadtarchitektur ja völlig verändern. Literatur ist ja niemals eine starre Buchstabensammlung im Regal, sondern immer von Menschen in einem bestimmten Kontext entstanden. Sie ist Spiegel und nicht selten Prognose. Erich Kästner hat schon Anfang der 30er Jahre über Taschentelefone geschrieben.
Lebendige Literatur – wie wollen Sie die Kinder dafür begeistern?
Walter Henckel: An 30 Stationen in der Altstadt und der Dresdner Neustadt können die Schüler Szenen aus Kästners Geschichten und aus seinem Leben erfahren. Nehmen wir den Bahnhof Dresden-Neustadt: Hier startet Emil Tischbein aus „Emil und die Detektive“ seine Fahrt nach Berlin, hier beginnt auch die Rallye.
Dirk Strobel: In der Bahnhofshalle werden die Kinder zudem direkt in das Schlaraffenland entführt – eine Phantasiewelt aus Kästners Kinderroman „Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee“. Sie glauben gar nicht, wie spannend das für Kinder und auch Erwachsene ist. Da steht ein Stahlrohrbett mitten in der Bahnhofshalle, darin die dicke Romanfigur Seidelbast, der sich vor Gewicht und Bequemlichkeit kaum noch bewegen möchte, drumherum die Kinder und dazwischen die Eingebungen zum Überfluss, die auch heute noch aktuell sind.
Walter Henckel: Nicht zu vergessen: Auch bei uns gibt es einen Emil, dem aber nicht das Geld für die Oma, sondern die Klassenkasse von zwei Ganoven gestohlen wird. Die Suche der jungen Detektive ist ein Kernstück der Rallye.
Die Kinder müssen also ein Rätsel lösen?
Walter Henckel: Ja, wie jedes Jahr bekommen sie an den einzelnen Stationen Hinweise, die sich im Laufe der Zeit immer stärker verdichten. Das Finale erleben die Schüler schließlich in der Altstadt. Dort wird der Dieb durch die gesammelten Hinweise eingekreist. Die Polizei verhaftet die Ganoven und 400 Ballons steigen in den Himmel.
Die richtige Polizei?
Dirk Strobel: Ja, die richtige Polizei. Wir haben das Glück, dass uns nicht nur die Polizei, sondern auch etwa 40 ehrenamtliche Helfer, 24 Schauspieler und viele Institutionen aus Dresden unterstützen. Zum elften Mal begeben sich die Drittklässler der Landeshauptstadt in diesem Jahr auf die Spurensuche. Die Erich Kästner Rallye wird von der Stadt Dresden, der Ostsächsischen Sparkasse, der Werbegemeinschaft des Bahnhofs Dresden-Neustadt, der Markthalle Neustadt und dem Sophienkeller gefördert. Weitere Sponsoren sind angefragt.
Wer darf an der Rallye teilnehmen?
Walter Henckel: Teilnehmen dürfen Kinder der dritten Klassen. Die Plätze sind sehr beliebt und immer schnell ausgebucht. Weil auch von anderen Städten viele Anfragen kommen, mussten wir die Vergabe regeln. Es gilt: Dresdner Schulen haben Vorrang und pro Schule dürfen zwei Klassen kommen.
Dirk Strobel: Die Teilnahmegebühr pro Schüler beträgt fünf Euro. Die Erich-Kästner-Rallye beginnt am vorletzten Tag vor den Sommerferien, am 23. Juni 2016 um 8.45 Uhr. Aus den Klassen werden Gruppen von zwölf bis 14 Schülern gebildet, jede Gruppe benötigt zwei Betreuende der jeweiligen Schule.
Wie sind Sie eigentlich auf die Idee mit der Rallye gekommen?
Walter Henckel: Das ist schon lange her. Ursprünglich ist diese literarisch-theatrale Abenteuerreise anlässlich der 800-Jahr-Feier Dresdens entstanden. Kindern und Erwachsenen scheint es wohl gefallen zu haben.
Haben Sie nicht irgendwann genug von Erich Kästner?
Walter Henckel: Das wird wahrscheinlich noch eine Weile dauern. Der Schriftsteller Erich Kästner, sein Werk und sein Leben halten immer Überraschungen parat. Wissen Sie, dass sich Kästner einmal als Kind bei einem Sturz mit dem Einkaufsbeutel im Treppenhaus die Zunge abgebissen hat? Weil er Musterknabe war, ist er trotzdem am nächsten Tag in die Schule gegangen. Zur Rallye können die Kinder beim Einkaufsbeutel-Wettlauf in Kästners ehemaligem Wohnhaus in der Königsbrücker Straße 48 testen, wie schwierig es ist, Beutel die Treppe hochzuhieven.
Dirk Strobel: Oder sie erfahren, wo und wie er geturnt hat. Erich Kästner wurde ja im Alter von fünf Jahren im Turnverein aufgenommen. Interessanterweise ist an der Stelle, wo Kästners Turnhalle einmal stand, jetzt die neue Sporthalle an der Alaunstraße eröffnet worden. Die Architektin betreut übrigens die Station an der neuen Halle selbst, Kästner begeistert anscheinend bis heute – Kinder und Erwachsene.
Vielen Dank für das Gespräch.
WAS: Erich-Kästner-Rallye
WANN: 23. Juni 2016, 8.45 Uhr bis etwa 14.00 Uhr
WIEVIEL: 5 Euro pro Teilnehmer, 2 Betreuer pro Gruppe frei
KONTAKT: rallye(at)erich-kaestner-museum(dot)de, Telefon: 0351 8045086
Alle Infos auf der >> Homepage des Erich-Kästner-Museums
Das könnte Sie auch interessieren …
Fußgänger bei Unfall verletzt
Am Donnerstag ist am Vormittag gegen 9.30 Uhr ein 86-jähriger Mann bei einem Unfall auf der Großenhainer Straße >>>
Zu Informations-Rundgängen, Stockbrot und Café in der Weihnachtsbäckerei laden die Bilinguale Integrationskindertagesstätte und >>>
Mit freundlicher Unterstützung des Dresdner Kinokalenders präsentieren wir die Kinotipps der Woche für den Stadtbezirk Pieschen. >>>
Am Montag, dem 2. Dezember 2024, lädt die Kontaktstelle für Nachbarschaftshilfe Dresden-Nord um 17 Uhr zu einer Infoveranstaltung im Stadtbezirksamt >>>
Auf der Trachenberger Straße 29, gegenüber vom Betriebshof Trachenberge, vermutet kein typischer Pieschener eine Anlaufstelle für Geschmackskunstwerke >>>