„Mach es jetzt, und nicht erst mit 50“. Nach dieser Ansage ihres Vaters hat Änne Stange Ernst gemacht. Fast ein Jahr lang hatte sie die Idee schon hin und her gewälzt und war sich eigentlich sicher. Es brauchte nur noch einen kleinen Anstoß. „Nirgendwo in Pieschen konnte ich mit meinen Freundinnen mal gemütlich in einem Café schwatzen“, meinte sie. „Am Ende sind wir immer in die Neustadt gefahren“. Die Rede ist von der Zeit, als sie mit ihrem zweiten Kind zu Hause war. „Mütter in der Elternzeit haben zwar nicht viel Geld, aber Zeit, um sich regelmäßig zu treffen“, fährt die 35-Jährige fort. Und so sei die Idee Stück für Stück gewachsen. Ein kleines Café in Pieschen, mit Möbeln aus zweiter Hand, neu angestrichen in hellen Pastelltönen und am liebsten in der Oschatzer Straße oder rings um den Konkordienplatz.
Die Gerichte für die Speisekarte hat die junge Frau bereits im Kopf und auch schon ausprobiert. Gesund ernähren und schlemmen, Gemüse und Torte – das ist ihr Motto. Sie verspricht köstliche selbst gebackene Kuchen, knackige, frische Salate und natürlich richtig guten Kaffee. Die Salate werden zum Beispiel im Glas geschichtet. Das kann man mitnehmen oder den Salat auf den Teller stülpen und dann das Dressing von oben drüber laufen lassen. Das schildert sie so anschaulich, dass einem glatt das Wasser im Mund zusammenläuft. Oder gefüllte Hörnchen. In das Gebäck aus Hefeteig kommt eine Mischung aus Hack, Mangold und Schafskäse.
Nachdem die Entscheidung einmal gefallen war, marschierte Änne Stange los. Die gelernte Restaurantfachfrau und Betriebswirtin belegte einen Kurs bei der IHK, suchte sich einen Steuerberater, schrieb Businesspläne. „Den ersten hat die Betreuerin in der Luft zerrissen mit der Bemerkung, dass sie weiß, wo der her ist“, erinnert sie sich. Schwieriger war die Finanzierung. Die Idee mit dem Mikrokredit habe nicht funktioniert.
Darum hat sie auf der Plattform 99funken.de jetzt eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Mindestens 15.000 Euro will sie mit dieser beliebten und meist auch erfolgreichen Form der Finanzierung von Existenzgründungen einsammeln. Das Projekt wird beschrieben, ein kleiner Film wurde gedreht. Mehr als 1.000 Euro haben Unterstützer der Idee in den ersten drei Tagen bereits eingezahlt.
Je nach Höhe des Betrages erhalten die Unterstützer ein Dankeschön. Für 15 Euro kann man sich einmal stolz strecken und sagen, man ist dabei gewesen. Ab 19 Euro gibt es Prämien – einen Ansteck-Button mit dem Gemüsetorten-Logo, einen Stoffbeutel, die personengebundene Tasse im Café samt Namen drauf, Patenschaften für Stühle oder Tische oder für beides. Und dann, so erzählt Änne Stange, könne man sich auch auf der Speisekarte verewigen. Für einen Betrag von 777 Euro stehe das Lieblingsgericht des Spenders mit dessen Namen ein Jahr lang auf dem Menü – also zum Beispiel Holgers Zucchinirolle oder Tomaten-Zimt-Marmelade à la Emilia.
Im Frühjahr, so erinnert sie sich, hätten ihre Pläne einen kleinen Dämpfer erhalten. Das Bistro &rausch startete an der Ecke Oschatzer/Bürgerstraße. „Da sah ich meine Felle fast wegschwimmen“, meinte die Existenzgründerin. Letztlich sei aber das Konzept für ihr Café doch etwas anderes, als ein Bistro. Und die Vielfalt der Angebote sei es, die eine Gegend attraktiv mache. Sie fasste wieder Mut und verhandelte mit potentiellen Vermietern. Ein Küchenraum, Toilette, Platz für 30 bis 35 Gäste und schöne große Fenster – das ist ihr Wunschtraum.
Jetzt wird erst einmal getrommelt, damit die Kampagne bei 99 funken.de erfolgreich wird. Noch 25 Tage sind dafür Zeit.
„Mit dem Startkapital werde ich Tische, Stühle, Küche, Kaffeemaschine und weitere Ausrüstung kaufen“, zählt Änne Stange auf. Und wenn es außergewöhnlich gut laufe, käme noch eine tolle Salattheke dazu. Für die Anfangsphase richtet sie sich auf eine One-Woman-Show ein. Mittelfristig könnten ein oder zwei Stellen hinzukommen.
Und dann muss die künftige Chefin der „Gemüsetorte“ nur noch entscheiden, ob ihr Vater einen Stammplatz, einen Stuhl mit Namen oder einen extra Eintrag auf der Speisekarte bekommt. Aber erst, wenn sie ihm sagen kann: „Ich habe es gemacht.“
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